Die Kinder Paxias
Lachen, dass sie an Besuche von Wesen der Dunkelheit aus dem Reich der Nacht seit vielen Jahren gewohnt waren. Damit verstanden sie auch den Umgang mit Lichtempfindlichkeit.
Durch Iains Erzählungen war die Erkenntnis über den Umgang dieses Volkes mit anderen Reichen Paxias für Saya natürlich nichts Unbekanntes. Aber die aus Liannas Worten interpretierbare Intensität des gepflegten Kontaktes, traf sie dann doch unvorhergesehen. Herrscher Drako und seine Vorfahren hatten fürwahr einen erstrebenswerten Weg für ihr Reich gewählt.
Dieses Himmelsvolk pflegte ein respektvolles Miteinander mit anderen Kindern Paxias und profitierte somit von einem Erfahrungsaustausch und einer Wissensvermittlung, die all ihr Bücherwissen niemals ersetzen würde. Ein lehrreicher Lebenspfad, der ihr durch ihre Herkunft verwehrt wurde und ihr in Ewigkeit verschlossen bleiben würde. Einzig diese Mission erlaubte ihr einen Ausbruch aus der gläsernen Festung des Sternenreiches, die ihr jeden Moment ihres unendlichen Lebens die Welt Paxia vor Augen hielt, wie ein unerreichter, unerforschter Traum.
Es war nur eine kurze Zeitspanne, verglichen mit der Endlosigkeit ihrer Existenz, die ihr an diesem Ort zu wandeln verblieb. Saya durfte sich keinen ungenutzten Moment erlauben.
Ihr finsterer Blick streifte den Verband an ihrem Unterschenkel, der sie zum Stillstand zwang. Stillstand in einer anderen Welt zwar, bei einem interessanten Volk, aber ein unverändertes Ausharren an einem Ort, der weder auf Paxia selbst war, noch sich in ferner Reichweite von ihr befand – eine Zwischenwelt eben.
Auch wenn es für sie im Augenblick viel zu lernen und erleben gab, alles in ihr drängte fort zu ihrem Ziel und der schier endlosen Forschungen und Erfahrungen, die ihrer harrten. Sie konnte nicht ahnen, ob ihr jemals wieder diese Möglichkeit gegeben würde und fühlte erneut wilde Entschlossenheit einem Sturm gleich in sich aufbrausen, ihre auferlegte und auch ihre persönliche Mission endlich aufzunehmen und zum Erfolg zu zwingen.
Das Ende ihres Aufenthaltes war nah.
Der Kampf ihrer wechselhaft düsteren und erhebenden Gedanken, spiegelte sich ausdrucksstark genug in ihrer Miene wider, um Liannas Aufmerksamkeit zu erregen, die sie jedoch völlig falsch auslegte.
„Ihr seid Ehrengast dieses Festes, Gelehrte Saya, Ihr braucht nicht hier oben verweilen. Drako oder eines meiner Kinder wird sich stets bei mir aufhalten, um auf ausreichende Schonung meiner Gesundheit zu achten.
Geht und mischt Euch unter die Feiernden.“
„Was?“, entsetzt schrak Saya aus ihrem versunkenen Brüten auf. Unbehaglich fiel ihr Blick auf die Menge ungeordnet verteilter Anwesender, die den Ebenensaal mit Lachen, lautem Stimmengewirr und rhythmischen Bewegungen in einer ohrenbetäubenden Geräuschkulisse beherrschten.
Ein einzelnes Wesen wie sie, war kaum in der Lage von ihrer erhöhten Position einen strategischen Überblick zu behalten.
Wie sollte das inmitten dieses lärmenden Haufens sein?
Saya war realistisch genug zu erkennen, dass ihr einfacher Holzstab keinesfalls eine wirkungsvolle Waffe bei einer direkten Auseinandersetzung sein würde.
„Ich werde Priya bitten, Euch hinunterzubegleiten. Sie wird ohnehin in wenigen Augenblicken von Drako abgelöst werden und sieht schon eine ganze Weile sehnsüchtig auf das Jungvolk.“
Saya, die heftig abwehren wollte, wurde in ihrer Absicht von dem herzlichen Lachen der ältesten Herrschertochter unterbrochen, die, auf der anderen Seite neben ihrer Mutter stehend, alles mit angehört hatte.
„Aber Mama, ich bin gerne bei dir, das weißt du doch.“
Erleichtert schickte Saya sich an, sich wieder bequem in ihrem Sessel zurückzulehnen, da machte ihr Lianna mit einer abwehrenden Geste alle Hoffnung zunichte.
„Mag sein, aber du hast genug deines Abends für mich geopfert.
Geh und amüsiere dich. Vielleicht stellst du Saya ein paar deiner netten Freundinnen vor.“
Von gleicher Natürlichkeit und Liebenswürdigkeit ihrer Mutter, war Priya ein frisches, gesundes Geschöpf, frei jeder Ziererei und doch so mädchenhaft wie je ein weibliches Wesen sein konnte. In den wenigen Stunden, die Saya in ihrer Anwesenheit verbracht hatte, schien sie ihr ebenso schätzenswert wie die liebliche Lianna.
Nun verfluchte sie eben diese Eigenschaften, die Priya dazu bewogen ihr zutraulich den Arm unterzuschieben. Sie führte die Gelehrte den gläsernen Stufen zu, die den Übergang in den freien Bereich des Ebenensaals bildeten. Dabei
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