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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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nicht«, sagte Hannes, »alle können dabeisein, auch die Kleinen! Wenn sie eher müde werden als wir Großen, legen sie sich einfach ins Gras und ruhen sich aus. Ich denke, daß wir gut und gern fünfzehn Kubikmeter in der Stunde schaffen können, wenn wir uns verstehen und Hand in Hand arbeiten. Dann kriegen wir bei achtstündiger Arbeitszeit ungefähr neunzig Mark am Tag. Du, Ingelore, mußt zu Hause bleiben und für uns kochen und das Nötigste einkaufen. Was meinst du, wie hungrig man wird, wenn man stundenlang draußen in der frischen Luft gearbeitet hat!«
    »Ich weiß nicht«, ließ Bodo sich hören, »das klingt ja alles ganz schön, neunzig Mark am Tag und so, aber die Sache ist bestimmt verdammt anstrengend. Du bist pausenlos in Bewegung, bückst dich, richtest dich auf, bückst dich, richtest dich auf. Ich wette, daß wir alle schon nach 'ner halben Stunde ein ganz lahmes Kreuz haben! Läßt man Kinder denn überhaupt an so 'ne Arbeit ran?«
    »Nein, eigentlich nicht«, sagte Hannes. »Das Ganze läuft daher auch unter meinem Namen. Ihr helft mir bloß.«
    »Da haben wir's!« rief Bodo. »Ich hab doch gewußt, daß ein Haken dabei ist! Du kriegst das Geld auch ausbezahlt, stimmt's?«
    »Natürlich!«
    Bodo sah Hannes mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Habe ich mir doch gleich gedacht«, sagte er. »Wer garantiert uns denn, daß du nicht damit durchbrennst, he?«
    Berti wurde bei diesen Worten rot vor Scham. Rolf aber holte aus und knallte seinem Bruder eine Backpfeife ins Gesicht, daß er von seinem Torfstapel fiel.
    »Die war längst fällig«, sagte er. »Nun verzieh dich ins Moor und friß Heidekraut! Und zum Torfumschichten kommst du nicht mit, Dreckschweine sind da nicht zugelassen!«
    Am nächsten Tag gab Hannes Ingelore sein ganzes Geld, achtunddreißig Mark, damit sie einkaufen konnte, und marschierte mit den andern Kindern zu den Abbauflächen des Torfwerkes hinüber. Bodo legte sich ins Gras und beobachtete ihren Abzug. Er hatte was Besseres vor.
    Während seine Geschwister sich für ein paar Mark krumm und lahm schufteten, wollte er im Hause Carsten-Viktors schneller und mit weniger Anstrengung zu Geld kommen. Er war überzeugt, daß er Rolf am Abend ein paar blaue Scheine oder sonst irgendwie etwas Wertvolles, das sich leicht zu Geld machen ließ, unter die Nase reiben konnte. Dem miesen Großkotz würde er schon zeigen, wie man zu was kommt.
    Er wartete, bis Ingelore mit dem Rad zum Einkaufen fortgefahren war, aß dann seelenruhig die letzte Dose Ananas leer und machte sich auf den Weg.
    Am hellen Tage kann man viel besser einbrechen, sagte er sich, weil dann keiner damit rechnet. Die Leute lassen doch sogar ihre Haustüren offen und merken es nicht mal! Abends, wenn es dunkel ist, wird alles verriegelt und verrammelt, da kommt man nirgends mehr rein. Er schien einen besonders günstigen Zeitpunkt für seinen Einbruch gewählt zu haben, denn das Haus Carsten-Viktors und seiner reichen Eltern lag verlassen in dem prächtigen Garten. Das Garagentor war geöffnet, der schwarze Mercedes nicht zu sehen. »Der süße Knabe hat wohl gerade Reitstunde, was?« flüsterte Bodo grinsend. »Hoppe, hoppe Reiter, wenn er fällt, dann schreit er, wie?« Er beobachtete das Haus einige Minuten lang und schlich dann, wie er es schon zweimal getan hatte, hinter und unter den Rhododendronbüschen entlang in den Garten.
    Auch der war verwaist. Weder in den Hollywood-Schaukeln noch auf der Terrasse konnte er Carsten-Viktor, seine Mutter oder sonst ein Mitglied der Familie erblicken. Vor zwei Fenstern waren die Rolläden heruntergelassen.
    »Wenn die nicht alle weg sind, will ich Emil heißen«, murmelte er, richtete sich auf und ging zur Terrasse hinüber. Dort beschattete er die Augen mit den Händen und schaute durch die Scheibe der Tür in das große Zimmer. Es war leer. Auf dem Tisch mit den Dackelbeinen stand ein riesiger Rosenstrauß. Wie die Krone eines Buchenbaumes stiegen die Blumen aus der Vase. Bodo schätzte, daß es über hundert sein mußten. Auch auf dem schwarzen Flügel und dem Fußboden standen üppige bunte Blumensträuße. »Sieht aus, als ob Carsten-Viktor Geburtstag hätte«, murmelte Bodo. »Was will er bloß mit soviel Blumen! Wenn ich das Geld hätte, das die Rosen da gekostet haben, würde ich vier Wochen Urlaub in der Südsee machen.«
    Er seufzte und wollte sich abwenden, um nach einem geeigneten Einstieg zu suchen. Da spürte er eine harte Hand im Nacken und eine zweite am Arm. Er

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