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Die Kinder vom Teufelsmoor

Die Kinder vom Teufelsmoor

Titel: Die Kinder vom Teufelsmoor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Mensch!« »Eben!« rief Bodo grinsend und setzte sich wieder hin. Hannes wartete noch eine Weile, nahm dann ein Stück Torf vom Herd, das an einem Ende leise schwelte, blies es an, bis es hellrot glühte, und begann.
    »Dieses Stück Torf hier«, sagte er, »könnte mehr erzählen als ich, wenn es Mund und Stimme hätte, denn es ist länger auf der Welt als ich, viel länger. Es war vor tausend Jahren schon da und vor zweitausend, und selbst, als die Menschen ihre Werkzeuge noch aus Stein machten, vor über dreitausend Jahren, lebte es schon und wuchs im unheimlich schwarzen Wasser des Moores heran.« »Es lebte?« fragte Walter. »So wie wir?«
    »So wie eine Pflanze«, sagte Hannes. »Sieh mal, wenn ich es auseinanderzupfe, kannst du noch die einzelnen Pflanzenteile erkennen.« »O ja«, rief Walter, »wie Gras! Guck mal, Rena!« Rena guckte, und Hannes fuhr fort.
    »Damals«, sagte er, »in der Steinzeit, war das Moor sehr gefährlich. Es war ja nicht trockengelegt so wie heute. Wenn sich ein Steinzeitmensch ins Moor verirrte und versank, war er unrettbar verloren. Man kann nämlich nicht schwimmen zwischen den vielen hunderttausend Pflanzen, man wird festgehalten und in die Tiefe gezogen.« Hannes machte eine Pause, sog an seiner Pfeife und sah die Kinder an, die mit großen Augen dasaßen und ihr junges Wissen vom Moor mit dem verglichen, was er ihnen erzählte.
    »Niemals werden wir erfahren«, fuhr er fort, »wie viele Menschen im Moor versunken sind, ob sie schrien oder stumm mit dem Tode rangen, niemals! Einige allerdings tauchten wieder auf, und die erzählten uns etwas aus der Zeit, die dreitausend Jahre zurückliegt.« »Die wurden wieder lebendig?« fragte Rena erschrocken. »Oder waren die gar nicht richtig tot?«
    »Doch, sie waren tot und blieben es auch«, erklärte Hannes. »Und erzählt haben sie nicht mit ihrer Stimme, sondern mit dem Zeug, das sie anhatten.«
    »Mit dem Zeug?« wunderte sich Walter. Und Bodo sagte: »Da war wohl ein kleines Tonbandgerät eingestrickt, was?« Hannes sah ihn an.
    »Nein, mein Lieber, so leicht haben sie es uns nicht gemacht. Wir mußten schon ein wenig kombinieren, um zu verstehen, was die Kleidung der Moorleichen uns mitteilen wollte. Ein gewebter Rock zum Beispiel sagte uns: He, Leute, hört mal zu! Wir aus der Steinzeit, wir konnten schon weben! Seht doch, ist das nicht ein toller Rock? Und dieser Umhang hier, der ist sogar bunt! Ja, was meint ihr wohl, färben konnten wir auch schon! Auf diese Art hat das Zeug der Moorleichen zu uns gesprochen, und wir haben alles verstanden und wissen nun viel mehr über die Steinzeitmenschen, als wenn es die Moorleichen nicht gegeben hätte.«
    »Sind die denn gar nicht im Wasser verfault?« fragte Rolf. »Wenn einer ertrinkt, dann verwest er doch, und sein Zeug, das löst sich einfach so auf und vergammelt!« Hannes schüttelte den Kopf.
    »Im Moor verfault nichts«, sagte er, »weil es da keinen Sauerstoff gibt, keine Luft, versteht ihr? Zum Verfaulen ist nämlich Luft nötig. Das Moor wächst um den Toten herum, schließt ihn ein und erhält ihn so frisch, als sei er noch am Leben und schlafe nur. Obwohl er doch schon dreitausend Jahre tot ist! Nur braun wird er, wie Leder.« Bodo zeigte sich jetzt auch interessiert.
    »Ist ja irgendwie klasse«, sagte er. »Du springst ins Moor, wenn du tot bist, machst dreitausend Jahre lang ein gemütliches Schläfchen und kommst im Jahre fünftausend malkurz an die Oberfläche, damit deine Klamotten den Leuten bißchen was vorquatschen. Echt klasse ist das!«
    »Eines ist mir nicht klar«, sagte Ingelore. »Wieso kommen denn die Moorleichen später wieder raus?«
    »Sie kommen nicht raus«, sagte Hannes, »sie werden beim Torfgraben gefunden.«
    »Ganz mit Torf drumherum, was?« fragte Walter. »Ja, natürlich!« Eine Weile schwiegen sie.
    »Hm«, sagte Rena schließlich, »das ist aber keine richtige Geschichte, die du da erzählst, das ist Schule, weil das was zum Lernen ist!«
    »Die Geschichte kommt jetzt«, sagte Hannes lächelnd, »und ich versichere dir, daß es eine richtige ist. Was lernen kannst du aber vielleicht trotzdem dabei.« Er strich sich den Bart. »Wie soll ich anfangen? Hm, am besten wohl so. Paßt auf! Vor ziemlich genau sechzig Jahren wäre ein kleiner Junge, der etwa so alt war wie euer Willy da und mit seinen Eltern gar nicht weit von hier wohnte, beinah in seinem Kinderbett lebendig verbrannt. Ein Blitz hatte das Haus getroffen und entzündet. Innerhalb

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