Die Kinder von Alpha Centauri
meine
eigene Haut zu retten.«
Sterm blieb ungerührt, als habe er eine solche Antwort erwartet.
»Ich habe nichts davon gesagt, daß Sie sich physisch retten wollen. Ich
habe schon betont, daß wir beide Realisten sind. Sie brauchen sich also nicht
verpflichtet zu fühlen, so zu tun, als hätten Sie mich mißverstanden.« Er
verstummte, als wolle er ihr Recht auf eine Antwort berücksichtigen, erweckte
aber den Eindruck, als glaube er nicht, daß sie es wahrnehmen wolle. Sie hob
das Glas an die Lippen und stellte fest, daß ihre Hand ein wenig zitterte.
Sterm sprach weiter. »Der Traum ist zerronnen, nicht wahr, Celia? Ich weiß es,
Sie wissen es, und etwas in Howard weiß es zuinnerst
auch, während der Rest in Wahnsinn verfällt. Sie haben erwartet, an einer
Welt beteiligt zu sein, aber statt dessen haben Sie nur die Aussicht, eine
Zelle mit einem Wahnsinnigen zu teilen. Die Welt draußen ist noch da, aber Sie
können sie nicht so akzeptieren, wie sie ist, und Howard wird sie nun nie mehr
ändern können.« Sterm hob die Hand. »Und die Zukunft erwartet Sie.« Er machte
wieder eine Pause und bemerkte, daß Celia den Blick senkte. Er nickte. »Ja, ich
könnte Wellesley überreden, den Ausweisungsbefehl aufzuheben, oder dafür zu
sorgen, daß Borftein die Garnison in Phönix verstärkt und SD-Leute um Ihr Haus
zusammenzieht, damit Sie nie um Ihre Sicherheit fürchten müssen. Aber ist es
das, was Sie von mir wollen?«
Celia blickte auf das Glas in ihrer Hand und biß sich nervös auf die
Unterlippe.
»Ich weiß es nicht«, war alles, was sie flüstern konnte. Sterm beobachtete
sie ausdruckslos. Am Ende schüttelte sie den Kopf. »Nein.«
Sterm ließ ein paar Sekunden verstreichen.
»Weil Sie Aufseher in dem Gefängnis wären, in das Howard diese Welt
verwandelt. Sie sind hier, weil Sie wissen, daß ich die Welt nehmen würde, die er für sich vorgesehen hatte, weil ich die Stärke darstelle,
die er nicht hat, und Sie mit mir überleben könnten.« Celia hob wieder den
Kopf, aber Sterms Augen hatten einen sonderbaren Glanz bekommen und blickten in
die Feme. »Chiron hat Narren gemacht aus den Schwachen, die sich einredeten, es
würde nach ihren zivilisierten Regeln mitspielen, und jetzt, da die Schwachen
gestürzt sind, ist der Weg frei für diejenigen, die begreifen, daß nichts hier
die Regeln der Erde durchsetzt. Es sind die Starken, die überleben werden, und
das Überleben weiß nichts von Skrupeln.«
Celias Augen weiteten sich, als sie vieles begriff.
»Sie ...« Ihre Stimme klang erstickt. »Sie wußten, daß es so kommen würde
... Howard, Phönix ... alles. Sie haben sie von Anfang an gelenkt, sogar
Wellesley. Sie wußten, was nach der Landung geschehen würde, aber Sie haben es
gebilligt.«
Sterm sah sie an und lächelte ohne Humor.
»Von Lenken kann man wohl kaum sprechen. Ich habe nur zugelassen, daß
sie auf den Wegen weitergingen, die sie schon gewählt hatten, wie auch Sie
gewählt haben.«
»Aber Sie haben gesehen, wohin die Wege führten.«
»Sie hätten nie auf mich gehört, wenn ich es ihnen gesagt hätte. Es war
notwendig, nachzuweisen, daß jede Alternative zur Gewalt sinnlos war. Jetzt
werden sie es verstehen, so, wie Sie es begriffen haben.«
»Wie - wie könnten Sie das rechtfertigen?«
»Vor wem muß ich etwas rechtfertigen? Diese Regeln gehören zur Erde. Ich
mache meine eigenen.«
»Vor dem Kongreß. Vor den Menschen.«
Sterm schnaubte verächtlich durch die Nase.
»Ich brauche beide nicht. Dieselben Kräfte, die Chiron unterwerfen,
werden auch die Menschen unterwerfen.« Sein Blick glitt kurz über Celias
wohlgeformten Körper. »Und sie werden sich beugen, weil sie wie Sie den
Instinkt haben, zu überleben.«
Celia starrte in Augen, die für den Bruchteil einer Sekunde die ruhige,
berechnende Unbarmherzigkeit spiegelten, die dahinter- lag, ohne Vorstellung
oder Entschuldigung oder irgendeine Andeutung, daß sie nötig seien. Ein kalter
Schauer glitt über ihren Rücken. Aber sie spürte auch, wie die Falltür in ihrem
Inneren zu beben begann, als sei dahinter ein Zwang eingesperrt, dem sie sich
immer noch nicht stellen wollte. Sterms Blick forderte sie heraus, zu
bestreiten, was er gesagt hatte. Sie konnte nicht einmal das.
Howard hatte zu besitzen versucht, und sie hatte sich geweigert, ein
Besitztum zu werden. Sterm wollte Chiron nicht besitzen, sondern beherrschen.
Ein Kompromiß war nicht möglich; er befasste sich nur mit bedingungsloser
Kapitulation, und sie
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