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Die Kinder von Avalon (German Edition)

Die Kinder von Avalon (German Edition)

Titel: Die Kinder von Avalon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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das Rad stand still.

    Arthurs Hand fasst das Schwert am Heft und hebt es auf. Eine unbeschreibliche Stille ist über die Welt gekommen. Mordreds Augen brennen in der Düsternis, schwarz wie die Augen des Schattens, wie Arawns Augen brannten. Merlin ist auf dem Boden zusammengesunken; er liegt da wie tot. Nur das fast unmerkliche Heben und Senken seiner Brust zeigt, dass noch ein Funke von Leben in ihm ist. Selbst das schuppige Winden Dylans, die eiserne Kraft Govannons, das ewige Drängen Gilvaethwys, all dies ist zum Erliegen gekommen. Denn dies ist die Stunde, in der die Macht der Kinder Dôns ein Ende findet und das Schwert des Hauses Llŷr den Höhepunkt seines Ruhms erreicht, von dem die Menschen noch in mehr als tausend Jahren singen werden.
    Dann brandete es von draußen herein wie eine mächtige Flut, und eine Stimme erscholl gleich dem Brausen des Meeres: »Das Schiff steht bereit. Die Zeit wartet nicht. Kommt, steigt ein.«
    Manawyddan, der Herr des Meeres war gekommen, sie heimzuholen.
    »Und von all denen, die mit Arthur zogen bei seiner größten Tat«, sprach der weise Mâth mab Mathonwy, »kehrte außer Sieben keiner zurück von Caer Siddi.«
    Die Feuer in der Halle des Riesen waren herabgebrannt. Merlin, der Alte, kniete immer noch auf dem glatten spiegelnden Granitboden wie ein Priester, der ins Gebet versunken war.
    Gunhild öffnete den Mund und stöhnte.
    Mit zwei, drei Schritten war Hagen bei ihr. Sie hatte die Augen geöffnet, doch ihre Augäpfel waren verdreht, sodass man das Weiße sah.
    »Lass sie los!«, schrie Siggi.
    Vorsichtig, unendlich vorsichtig, wie um zu vermeiden, ein kleines Tier zu zertreten, löste Mâth seine Füße aus Gunhilds Schoß. Es war wie der Drache, der seinen Fuß auf den Boden setzte, als läge eine übermenschliche Kraft darin, die nur durch den Willen gebändigt wurde, aber jeden Augenblick hervorbrechen konnte, um alles in ihrem Weg zu vernichten.
    Gunhilds Blick klärte sich, und sie sah erst Siggi an und dann Hagen.
    »Wo bin ich?«, fragte sie. Dann fiel ihr mit einem Schlag wieder ein, was geschehen war und in welcher Lage sie sich befand. Sie versuchte sich aufzurichten und stöhnte erneut. »Mein Kopf tut mir weh.«
    Hagen hatte sich zu ihr gekniet und half ihr auf. Das Licht des Kristalls auf ihrer Brust flackerte, aber es gewann mit jedem Lidschlag an Stärke und Kraft. Der Blick, den Hagen zu Mâth emporwarf, war finster und anklagend, aber in Gunhilds Augen war nichts als Staunen zu lesen.
    »Ist das alles wahr?«
    »Frage ihn«, drang die Stimme des Gottes von seinem Thron herab zu ihr. »Er weiß es nun. Er weiß nun alles, was war, manches, was ist, und ein wenig von dem, was sein wird.«
    Alle wandten sich dem Alten zu. Der kniete immer noch regungslos, doch in seinem linken Auge zuckte es. Dem Auge, das immer ins Innere sah, wie Gunhild sich entsann. Dem Auge des Geistes.
    »Ich erinnere mich jetzt«, sagte er leise, wie zu sich selbst. »Ich erinnere mich, wie sie mich trugen, über den Strand zur Höhle am Meer. Morgause war da, denn dies war die Stunde ihrer Rache. Doch es war zugleich eine bittere Stunde für sie, denn ich schlief. Seit der Gral aus der Welt entschwunden war, schlief ich einen totengleichen Schlaf, und dennoch sah und hörte und fühlte ich alles, was um mich geschah.
    Sie legten mich in einen steinernen Sarg in der Kammer unter dem Fels und schoben den schweren Deckel darüber. Dort lag ich, allein mit mir und meinen Gedanken. Und dort sollte ich schlafen, bis der Vorhang zwischen den Welten zerriss und der Gral erneut in die Welt kam. Aber wie und auf welchen Wegen dies geschah, werde ich wohl nie ergründen.«
    Hagen und Siggi sahen sich an. In ihrem Blick lag ein gegenseitiges Verstehen, das ganz ohne Worte auskam. Wenn sie ihm jemals von dem Grünen Mann erzählen würden, dann nicht hier, nicht jetzt. Und vielleicht nie.
    Es war Merlin, der ihrer Entscheidung zuvorkam. »Und was ist mit Caer Siddi?«, fragte er. »Was ist mit dem Haus des Grals?«
    Mâth mab Mathonwy erhob sich von seinem Thron.
    »Kommt«, sagte er. »Ich werde es euch zeigen.«



11.
Die kreisende Stadt
    Der Weg führte durch einen Gang, der sich zwischen den Basaltsäulen aufgetan hatte. Mit jedem Schritt, den sie taten, ragte der schwarze Fels höher empor, wurde nasser und glitschiger. Wasserdunst hing in der Dämmerung. Wind pfiff zwischen den Pfeilern. Und das Donnern, das die Luft und den Boden erfüllte, über den sie gingen, dröhnte mit jedem

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