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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Morgensonne fielen durchs Hüttenfenster. Er selbst saß am Tisch, nippte an einer Tasse Kaffee und beobachtete die junge Frau. Er freute sich am Anblick ihrer feinen weißen Haut, der perfekten Kurve ihres Pos, ihres langen, roten Haars, zerzaust und breit gefächert. Jeden Augenblick würde ihr der Kaffeeduft in die Nase steigen; sie würde sich umdrehen und die Augen öffnen, und dann würde er, Priest, wieder zu ihr ins Bett steigen und sie lieben. Doch fürs erste schwelgte er noch in Vorfreude und malte sich aus, wie er sie berühren und erregen wollte. Er genoß den kostbaren Augenblick wie ein Glas guten Weins.
    Die Vision verblaßte. Er war wieder in einem billigen Motel in Texas und sah Star vor sich, ihr neunundvierzigjähriges Gesicht. »Du bläst doch nicht Trübsal wegen Melanie, oder?« fragte er sie.
    »Die Ehe ist die größte Treulosigkeit«, sagte sie und zitierte damit ein weiteres der Fünf Paradoxe.
    Priest nickte. Treue hatten sie nie voneinander verlangt. In der Anfangszeit war es Star gewesen, die für den Gedanken, sich auf einen einzigen Liebhaber zu beschränken, nur Verachtung übrig hatte. Später, nach ihrem dreißigsten Geburtstag, wurde sie allmählich ruhiger. Priest hatte ihre Toleranz auf die Probe gestellt, indem er reihenweise anderen Mädchen vor ihren Augen den Hof gemacht hatte. Beide glaubten sie nach wie vor an die freie Liebe -Tatsache war aber, daß seit einigen Jahren weder er noch sie sich entsprechend verhalten hatten.
    Melanie war für Star demnach eine Art Schock gewesen, aber das war ganz gut so. Ihre Beziehung zu Priest war ohnehin zu gefestigt. Priest mochte es nicht, wenn jemand vorhersagen konnte, was er vorhatte. Ja, er liebte Star, doch die schlecht verhohlene Sorge in ihren Augen erzeugte in ihm das angenehme Gefühl, das Heft in der Hand zu haben.
    Star spielte mit ihrem Kaffeebecher aus Styropor. »Ich frage mich nur, was Flower davon hält«, sagte sie. Flower war ihre gemeinsame Tochter und mit dreizehn das älteste Kind in der Kommune.
    »Sie ist nicht in einer Kernfamilie aufgewachsen«, erwiderte Priest. »Wir haben sie nicht zur Sklavin bürgerlicher Konventionen erzogen. Das ist doch Sinn und Zweck einer Kommune.«
    »Ja, schon«, stimmte Star ihm zu, aber es reichte ihr nicht. »Ich möchte nur nicht, daß sie dich verliert, das ist alles.«
    Er streichelte ihre Hand. »Keine Angst, das wird nicht passieren.«
    Sie drückte seine Finger. »Danke.«
    »Wir müssen gehen«, sagte er und stand auf.
    Ihre Habseligkeiten steckten in drei Einkaufsbeuteln aus Plastik. Priest trug sie hinaus zu ihrem Honda. Star folgte ihm.
    Die Rechnung hatten sie bereits am Vorabend beglichen. Jetzt war das Büro geschlossen, und niemand beobachtete sie, als Star sich ans Steuer setzte und sie im fahlen Morgenlicht davonfuhren.
    Shiloh bestand aus einer Straße und einer Querstraße. Dort, wo sich die beiden kreuzten, standen die einzigen Verkehrsampeln. An einem Samstagmorgen um diese Zeit waren noch kaum andere Fahrzeuge unterwegs. Star fuhr unbekümmert bei Rot über die Ampel, und wenig später hatten sie die Stadt auch schon hinter sich gelassen. Kurz vor sechs erreichten sie die Müllkippe.
    Sie wurde von keinem Hinweisschild angekündigt, von keinem Zaun oder Tor begrenzt. Es gab lediglich einen Zufahrtsweg, erkennbar an den von Lastwagenreifen niedergewalzten Sträuchern. Star folgte dem
    Pfad über einen flachen Hügel. Die Kippe lag in einer Senke, die von der Straße aus nicht einsehbar war. Neben einem schwelenden Müllhaufen brachte Star den Wagen zum Stehen. Von Mario und dem seismischen Vibrator war weit und breit nichts zu sehen.Priest spürte, daß Star noch immer beunruhigt war. Ich muß sie aufbauen, dachte er besorgt. Sie darf nicht abgelenkt sein – ausgerechnet heute! Wenn etwas schiefgeht, muß sie voll bei der Sache sein, voll konzentriert …
    »Flower wird mich nicht verlieren«, sagte er.
    »Das ist gut«, erwiderte sie zaghaft.
    »Wir bleiben zusammen, wir drei. Weißt du, warum?«
    »Sag‘s mir.«
    »Weil wir uns lieben.«
    Er sah, wie Erleichterung die nervöse Spannung aus ihrem Gesicht vertrieb. Sie kämpfte mit den Tränen. »Danke«, sagte sie.
    Seine Sicherheit kehrte zurück. Er hatte Star gegeben, was sie brauchte. Von jetzt an war sie wieder okay. Er küßte sie. »Mario wird jeden Augenblick hier sein. Fahr jetzt los. Sieh zu, daß du vorankommst.«
    »Soll ich nicht warten, bis er da ist?«
    »Er soll dich nicht zu deutlich sehen.

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