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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Wir wissen nicht, was noch auf uns zukommt. Ich möchte nicht, daß er dich identifizieren kann.«
    »Okay.«
    Priest stieg aus.
    »He!« rief Star ihm nach. »Vergiß Marios Frühstück nicht!« Sie reichte ihm eine Papiertüte.
    »Dank dir!« Er nahm die Tüte und warf die Wagentür zu.
    Star wendete in einem weiten Kreis und fuhr so schnell davon, daß die Reifen eine Wolke texanischen Wüstenstaubs aufwirbelten.
    Priest sah sich um. Es verblüffte ihn, daß ein Nest wie Shiloh so viel Müll produzieren konnte. Sein Blick schweifte über verbogene Fahrräder, fast neuwertige Kinderwagen, fleckige Sofas, altmodische Kühlschränke und mindestens zehn Einkaufswagen aus Supermärkten. Und überall Verpackungsmüll: Kartons von Stereoanlagen, federleichte Polysterolverpackungen, die wie abstrakte Skulpturen aussahen, Papiersäcke und Plastikbehälter aller Art, die vormals Substanzen enthalten hatten, welche Priest niemals benutzte: Klarspüler, Feuchtigkeitscreme, Haarpflegemittel, Weichspüler, Toner für Fax- und Kopiergeräte. Ein Märchenschloß aus rosa Plastik fiel ihm auf, wahrscheinlich ein Kinderspielzeug, und er staunte über die verschwenderische Opulenz der ausgefeilten Konstruktion.
    Im Silver River Valley gab es nie viel Abfall. Sie benutzten weder Kinderwagen noch Kühlschränke und kauften nur sehr selten verpackte Waren. Die Kinder schufen sich mit Hilfe der Phantasie ihre Märchenschlösser selbst – in Bäumen, Fässern oder Holzstapeln.
    Noch dunstverschleiert schob sich die rote Sonnenscheibe über den Hügelkamm und warf Priests langen Schatten über ein rostiges Bettgestell. Er mußte an die Sonnenaufgänge über den Schneegipfeln der Sierra Nevada denken, und unvermittelt überkam ihn schmerzvolle Sehnsucht nach der kühlen, reinen Luft der Berge.
    Bald, bald…
    Zu seinen Füßen schimmerte etwas auf: Ein funkelnder Metallgegenstand steckte, zur Hälfte vergraben, im Boden. Aus reiner Langeweile scharrte Priest mit der Stiefelspitze die trockene Erde beiseite, bückte sich und hob den Gegenstand auf. Es war eine schwere Stillson-Rohrzange. Sie sah funkelnagelneu aus. Ihre Größe schien zur Ausrüstung des seismischen Vibrators zu passen. Vielleicht kann Mario das Ding brauchen, dachte Priest, ehe ihm einfiel, daß der Laster mit Sicherheit über einen Werkzeugkasten verfügte, in dem für jede einzelne Schraube und Mutter der richtige Schlüssel lag. Was sollte Mario da noch mit einer Rohrzange von der Müllkippe anfangen? Wegwerfgesellschaft!
    Priest ließ das Werkzeug wieder fallen.
    Er hörte Fahrgeräusche, aber sie klangen nicht nach einem großen Lkw. Er blickte auf. Sekunden später kam ein brauner Pickup über die Kuppe und holperte über den unebenen Pfad. Es war ein Dodge Ram mit einer gesprungenen Windschutzscheibe – Marios Privatwagen. Was hatte das zu bedeuten? Priest
    schwante Übles. Mario hätte am Steuer des Lastwagens erscheinen, sein eigenerWagen von einem Kollegen nach Norden gefahren werden sollen. Oder hatte Mario beschlossen, den Wagen an Ort und Stelle zu verhökern und sich in Clovis einen neuen zu kaufen? Irgend etwas war schiefgelaufen. »Scheiße!« sagte Priest. »Scheiße!«
    Als Mario anhielt und ausstieg, unterdrückte er seine Wut und Frustration jedoch, reichte ihm die Tüte und sagte: »Ich hab‘ dir Frühstück mitgebracht. Was ist denn los?«
    Mario ließ die Tüte ungeöffnet und schüttelte traurig den Kopf. »Ich kann‘s nicht, Mann. Ich kann‘s einfach nicht.«
    Scheiße.
    »Ich finde dein Angebot echt toll, Ricky«, fuhr Mario fort. »Aber ich kann es trotzdem nicht annehmen.«
    Was ist denn bloß in den gefahren?
    Priest biß die Zähne zusammen und erwiderte in einem Tön, als ginge ihn die Sache gar nichts an: »Warum hast du es dir anders überlegt, Kumpel? Was ist passiert?«
    »Als du gestern abend weg bist, aus der Bar, mein‘ ich, Mann, da hat Lenny mir eine lange Rede gehalten –wie teuer der Laster ist und daß ich ja keinen mitnehmen soll, auch keinen Anhalter, und daß er mir total vertraut und so.«
    Das kann ich mir vorstellen! Lenny, sturzbesoffen und rührselig… Hat dich wahrscheinlich fast zum Flennen gebracht, Mario, du hirnverbrannter Trottel.
    »Du weißt doch, wie‘s ist, Ricky. Kein schlechter Job – harte Maloche und lange Arbeitszeit, aber die Kohle stimmt. Ich will den Job nicht verlieren.«
    »Schon gut, Kumpel«, sagte Priest mit gezwungener Lässigkeit, »solange du mich wenigstens bis San Antonio mitnimmst.«

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