Die Kinder Von Eden : Roman
so bleibt, wie Gott es geschaffen hat.«
Melanie schloß erleichtert die Augen und sagte: »Amen.«
Priest nahm ihre Hand und führte sie zwischen den Bäumen hindurch zurück zum Wagen.
Als sie über die schmale Straße das Tal hinauf fuhren, fragte Priest: »Wirst du Dusty heute aus San Francisco abholen?«
»Ja. Nach dem Frühstück fahre ich los.«
Über das Stottern und Rattern des gewaltigen alten V-8-Motors hinweg hörte Priest plötzlich ein seltsames Geräusch. Er blickte aus dem Seitenfenster und sah einen Hubschrauber.
»Scheiße!« fluchte er und trat aufs Bremspedal.
Melanie wurde im Sitz nach vorn gerissen. »Was ist?« fragte sie mit verängstigter Stimme.
Priest hielt den Wagen an und sprang hinaus. Der Helikopter verschwand in nördlicher Richtung.
Auch Melanie stieg aus. »Was ist denn los?«
»Was hat der Hubschrauber hier verloren?« »Oh, mein Gott.« Melanies Stimme bebte. »Glaubst du, die suchen uns?«
Das Geräusch wurde schwächer, schwoll dann wieder an. Plötzlich erschien der Helikopter erneut über den Bäumen, diesmal in niedriger Flughöhe.
»Ich glaube, es ist das FBI«, sagte Priest. »Verdammt!«
Nach der ereignislosen Pressekonferenz am gestrigen Tag hatte er sich für ein paar weitere Tage in Sicherheit gewähnt. Kincaid und Hayes hatten nicht den Eindruck erweckt, als stünden sie kurz davor, ihn aufzuspüren. Nun aber waren sie hier, im Tal.
»Was sollen wir tun?« fragte Melanie.
»Immer mit der Ruhe. Die sind nicht wegen uns gekommen.«
»Woher willst du das denn wissen?«
»Weil ich dafür gesorgt hab‘.«
Melanie brach in Tränen aus. »Warum sprichst du immer in Rätseln, Priest?«
»Tut mir leid.« Er erinnerte sich, daß er Melanie brauchte, um zu tun, was getan werden mußte. Also mußte er ihr erklären, was Sache war. Er überlegte kurz; dann begann er: »Die Typen können deshalb nicht wegen uns gekommen sein, weil sie gar nichts von uns wissen. Die Kommune steht in keiner Akte der Regierung, die mit unserem Land zu tun hat – Star hat es gepachtet. Und weil wir nie die Aufmerksamkeit der Cops erregt haben, sind wir in keiner Polizeiakte vermerkt, auch in keiner Akte des FBI. Und es ist nie ein Zeitungsartikel über uns erschienen, nie wurde ein Fernsehbericht über uns gezeigt. Wir sind nicht beim Finanzamt gemeldet.Und unser Weingut steht auf keiner Landkarte.« »Weshalb ist das FBI dann hier?«
»Ich nehme an, die sind wegen der Los Alamos gekommen.«
Diese Hirnamputierten dürften bei jeder Polizei- und Justizbehörde in den Vereinigten Staaten aktenkundig sein. Mein lieber Schwan, die stehen mit Schnellfeuergewehren vor ihrem Tor, nur damit auch jeder genau weiß, daß eine Horde gefährlicher Irrer dort haust.«
»Woher willst du wissen, daß das FBI hinter denen her ist?«
»Weil ich dafür gesorgt hab‘. Als Star bei der John-Truth-Show angerufen hat, hab‘ ich sie den Wahlspruch der Los Alamos sagen lassen: ›Wir erkennen die Staatsgewalt der US-Regierung nicht! an.‹ Ich hab‘ ‚ne falsche Fährte gelegt.«
»Dann sind wir also in Sicherheit?«
»Nee, nicht ganz. Wenn die Arschlöcher vom FBI bei den Los Alamos ‚ne Niete gezogen haben, werden sie ‚nen Blick auf den Rest des Tales werfen. Sie werden vom Hubschrauber aus das Weingut sehen und uns ‚nen Besuch abstatten. Also sollten wir lieber nach Hause fahren und die anderen vorwarnen.«
Rasch stiegen sie in den Wagen. Kaum saß Melanie im Sitz, trat Priest das Gaspedal durch. Doch der Barracuda war fünfundzwanzig Jahre alt und nicht dafür geschaffen, mit hoher Geschwindigkeit über kurvenreiche Straßen im Hügelland zu jagen. Priest fluchte über den kurzatmigen Vergaser und die weiche, schaukelnde Radaufhängung.
Während er sich bemühte, auf der gewundenen Straße die Geschwindigkeit zu halten, fragte er sich besorgt, wer beim FBI diese Razzia angeordnet hatte. Er hatte nicht damit gerechnet, daß Kincaid oder Hayes den erforderlichen intuitiven Schluß zogen. Nein, es mußte noch jemand anders dahinterstecken. Aber wer, fragte sich Priest. Wer?
Ein schwarzer Wagen tauchte hinter ihnen auf, in rasendem Tempo und mit aufgeblendetem Fernlicht, obwohl inzwischen der Tag angebrochen war. Beide Fahrzeuge näherten sich einer Kurve, doch der Fahrer des schwarzen Wagens hupte und scherte zum Überholen aus. Als das Auto am Barracuda vorüberschoß, sah Priest für einen kurzen Moment den Fahrer und dessen Begleiter. Es waren zwei stämmige junge Männer, leger
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