Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
und verteilte das Benzin im gesamten Innenraum des Wagens, auch auf der Sitzbank mit ihrem Plastikbezug. Mit dem Rest des Benzins goß er eineSpur über den Boden zum rückwärtigen Ende des Pickups; die letzten Tropfen verspritzte er neben dem Tankdeckel. Er warf die Flasche in die Fahrerkabine und trat ein paar Schritte zurück.
    Da entdeckte er Marios Houston-Astros-Mütze, die auf dem Boden lag. Er hob sie auf und warf sie zu der Leiche in den Wagen.
    Jetzt zog er eine Streichholzschachtel aus der Hosentasche, steckte eines der Hölzchen an und setzte damit die ganze Schachtel in Brand. Er warf sie in die Kabine des Pickups und brachte sich in Sicherheit. Eine Stichflamme zischte auf, begleitet von einer schwarzen Rauchwolke. In Sekundenschnelle brannte es im Inneren des Pickups wie in einem Schmelzofen, und unmittelbar darauf fraßen sich Flammen über den Boden bis zum Tank, aus dem noch immer Benzin durch den Plastikschlauch sickerte. Die folgende Explosion zerriß den Tank und erschütterte das ganze Fahrzeug. Die Hinterreifen fingen Feuer, und auch am ölverschmierten Fahrgestell flackerten schon Flammen auf.
    Die Luft war erfüllt vom Geruch nach verbranntem Fleisch. Der Gestank war so abstoßend, daß Priest mehrmals trocken schlucken mußte und noch weiter zurücktrat.
    Nach einigen Sekunden verlor das Inferno an Intensität. Reifen, Sitze und Marios Leiche brannten langsam weiter.
    Minutenlang behielt Priest die Flammen im Auge, bevor er sich wieder näher an den Wagen heranwagte. Dabei versuchte er, so flach wie möglich zu atmen, damit er den Gestank nicht in die Nase bekam. Die Leiche und die Fahrzeugsitze waren zu einer ekelhaften schwarzen Masse aus Asche und geschmolzenem Plastik verbacken. Sobald sie abgekühlt war, würde der Wagen wie ein x-beliebiges Autowrack aussehen, das übermütige Jugendliche in Brand gesteckt hatten.
    Priest war klar, daß er nicht alle Spuren von Mario beseitigen konnte. Ein flüchtiger Blick in den Wagen verriet nichts, doch sollten jemals die Bullen den Pickup untersuchen, würden sie sicher Marios Gürtelschnalle, seine Zahnfüllungen und möglicherweise
    auch ein paar verkohlte Knochen entdecken. Er hatte alles getan, was er konnte, um die Spuren seines Verbrechens zu beseitigen, doch war ihm durchaus bewußt, daß ihn Mario eines Tages heimsuchen und ihm noch schlaflose Nächte bereiten konnte.
    Jetzt aber mußte er den seismischen Vibrator stehlen.
    Er kehrte der brennenden Leiche den Rücken und machte sich auf den Weg.
    Zur Kommune im Silver River Valley gehörte eine siebenköpfige Gruppe, die sich »die Reisesser« nannte. Sie bildeten den harten Kern, der damals den fürchtbaren Winter 1972/73 überstanden hatte. Ein Schneesturm hatte sie damals von der Außenwelt abgeschnitten, so daß sie sich geschlagene drei Wochen lang ausschließlich von geschältem, in Schneewasser gekochtem Reis ernähren mußten. Am Abend des Tages, an dem der Brief kam, gingen die Reisesser erst sehr spät zu Bett. Sie hatten noch lange im Küchenhaus gesessen, Wein getrunken und Marihuana geraucht.
    Song, 1972 eine fünfzehnjährige Ausreißerin, spielte auf der Akustikgitarre einen Bluesriff. Jeden Winter bauten einige Mitglieder der Kommune Gitarren. Diejenigen, die ihnen am besten gefielen, behielten sie; den Rest brachte Paul Beale zu einem Laden in San Francisco, wo sie für teures Geld verkauft wurden. Star sang in ihrem vertrauten, rauchigen Kontraalt mit und erfand einen Text dazu. Ain‘tgonna ride that no-good train … Keine Stimme war so sexy wie ihre – das war immer schon so gewesen.
    Auch Melanie saß bei ihnen, obwohl sie nicht zu den Reisessern gehörte. Priest wollte sie nicht hinauswerfen, und die anderen stellten Priests Entscheidungen nicht in Frage. Melanie weinte leise vor sich hin. Große Tränen kullerten ihre Wangen herab, wobei sie immer wieder aufs neue sagte: »Ich habe euch doch gerade erst gefunden …«
    »Wir haben noch nicht aufgegeben«, erklärte Priest. »Es muß doch ‚ne Möglichkeit geben, den verdammten Gouverneur von Kalifornien dazu zu bringen, daß er seine Meinung ändert.«Oaktree, der Zimmermann, ein muskulöser Schwarzer, der ebenso alt war wie Priest, meinte nachdenklich: »Wißt ihr, es ist gar nicht so schwer, eine Atombombe zu basteln.« Er war Soldat im Marine Corps gewesen und desertiert, nachdem er bei einer Übung einen Offizier getötet hatte. Seither lebte er in der Kommune. »Mit ein bißchen Plutonium würde ich nur

Weitere Kostenlose Bücher