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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Die Wände waren mit Zeichnungen von Kinderhand geschmückt, die Star zeigten, wie sie sich um kranke Jungen und Mädchen kümmerte. Es war eine primitive Behausung, ohne elektrischen Strom und fließendes Wasser, doch sie besaß eine freundliche Aura.
    Judy ging zur Tür, schaute hinaus und verschaffte Star auf diese Weise ein bißchen Zeit, ihre Fassung wiederzugewinnen. Im fahlen Licht des frühen Morgens wirkte die Ansiedlung wunderschön. Die letzten Streifen dünnen Nebels verschwanden aus den Baumkronen an den steilen Hügelhängen, und der Fluß funkelte und glitzerte in der Gabelung des Tales. An den unteren Hängen sah man säuberlich angepflanzte Reihen von Weinstöcken; die sprießenden Schößlinge der Reben waren an hölzernen Spalieren festgebunden. Für einen Augenblick wurde Judy von innerem Frieden erfüllt – ein Gefühl, daß an diesem Ort die Dinge genau so waren, wie sie sein sollten, und daß der Rest der Welt schmutzig und verderbt war. Sie schüttelte sich, um sich von dieser gespenstischen Empfindung zu befreien.Michael erschien. Er hatte erneut darauf bestanden, Judy zu begleiten, da er sich um Dusty kümmern wollte; Judy hatte Stuart Cleever erklärt, daß Michael unmittelbar an den Nachforschungen vor Ort beteiligt werden sollte, da sein Fachwissen unverzichtbar für die Ermittlungsarbeit sei. Michael führte Dusty an der Hand. »Wie geht es ihm?« fragte Judy.
    »Er fühlt sich prächtig«, sagte Michael.
    »Hast du Melanie gefunden?«
    »Sie ist nicht hier. Dusty sagt, daß ein großes Mädchen namens Flower sich um ihn kümmert.«
    »Hast du eine Ahnung, wohin Melanie gegangen sein könnte?«
    »Nein.« Mit einem Kopfnicken wies Michael auf Star. »Was hat sie gesagt?«
    »Bis jetzt noch nichts.« Judy ging wieder in die Blockhütte und setzte sich auf die Bettkante. »Erzählen Sie mir von Ricky Granger«, sagte sie.
    »Er hat Gutes wie Schlechtes in sich«, erwiderte Star, als ihre Tränen allmählich versiegten. »Früher war er ein Schläger, ein Verbrecher. Ich weiß, daß er sogar Menschen getötet hat. Aber die ganze Zeit, die wir zusammen waren, fünfundzwanzig Jahre lang, hat er keinem was angetan … bis jetzt. Bis jemand auf die Idee kam, diesen beschissenen Staudamm zu bauen.«
    »Ich will nur eins«, sagte Judy sanft. »Ich will Ricky Granger finden, bevor er noch mehr Menschen Leid zufügt.«
    Star nickte. »Ich weiß.«
    »Schauen Sie mich an«, sagte Judy, und Star gehorchte. »Wohin ist Granger verschwunden?«
    »Wenn ich‘s wüßte, würd‘ ich‘s Ihnen sagen«, antwortete Star. »Aber ich weiß es nicht.«
Kapitel 21
    Priest und Melanie fuhren mit dem Lieferwagen der Kommune nach San Francisco. Der zerbeulte Cadillac war Priest zu verdächtig, und nach Melanies orangefarbenem Subaru hielten möglicherweise die Cops Ausschau.
    Sämtlicher Verkehr strömte in die Gegenrichtung, so daß die beiden nahezu ungehindert vorankamen. Kurz nach fünf Uhr früh am Sonntagmorgen erreichten sie die Stadt. Nur wenige Menschen waren auf den Straßen: ein Teenagerpärchen, das in inniger Umarmung an einer Bushaltestelle stand; zwei zittrige Junkies, die bei einem Dealer in langem Mantel Koks kauften; ein hilfloser Betrunkener, der im Zickzack über die Straße taumelte. Die Hafengegend jedoch war menschenleer. Das heruntergekommene Industrieviertel sah im frühen Morgenlicht bedrückend trist und gespenstisch aus. Priest schloß das Tor auf, nachdem er und Melanie zum Lagerhaus der Perpetua Diaries gelangt waren. Der Angestellte der Maklerfirma hatte Wort gehalten: Das Gebäude war wieder ans Stromnetz angeschlossen, und im Waschraum lief das Wasser.
    Melanie fuhr den Lieferwagen in die Lagerhalle, und Priest überprüfte den seismischen Vibrator. Er ließ den Motor an; dann hob und senkte er die stählerne Bodenplatte. Alles funktionierte. Auf der Couch in dem kleinen Büro legten sie sich zum Schlafen nieder, kuschelten sich aneinander. Doch Priest blieb wach, überdachte immer wieder seine Lage. Wie er es auch betrachtete -nachzugeben war der einzig vernünftige Schritt, den Gouverneur Robson tun konnte. Priest malte sich aus, wie er in der John-Truth- Show auftrat und erklärte, was für ein dummer Hund Robson doch war.
    Nur ein Wort von ihm, und er hätte das Erdbeben verhindern können!
    Doch nach einer Stunde ging Priest die Sinnlosigkeitseiner Träumereien auf. Auf dem Rücken liegend, vollführte er jene Entspannungsübungen, die er bei der Meditation benutzte. Sein

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