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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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geisteskrank sind, nicht anfreunden. Nach meiner Überzeugung sind sie völlig klar im Kopf, meinen es ernst und wissen genau, was sie wollen. Und dies wiederum bedeutet, daß sie gefährlich sind.«
    »Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
    Er stand auf. »Wie dem auch sei, ich bin müde. Kommen Sie mit auf ein Bier?«
    »Nein, Simon, nicht heute abend. Trotzdem danke. Und vielen Dank auch für den Bericht. Sie sind einsame Spitze.«
    »Na, und ob! Ciao.«
    Judy legte die Füße auf die Schreibtischplatte und musterte ihre Schuhe. Inzwischen war sie davon überzeugt, daß Simon versuchthatte, sie zum Bleiben zu bewegen. Kincaid mochte den Fall für, Blödsinn halten, doch nach Simons Ansicht handelte es sich bei diesen Kindern von Eden um eine echte Gefahr.
    Die Gruppe mußte aufgespürt und ausgeschaltet werden.
    Wenn mir das gelingt, ist meine FBI-Karriere womöglich doch noch nicht im Eimer. Aus einem Fall, den man mir aus reiner Bosheit und in bewußt beleidigender Absicht aufs Auge gedrückt hat, könnte ich einen triumphalen Erfolg machen. Dann wäre ich die geniale Ermittlerin, und Kincaid stünde da wie ein Idiot
    Diese Vorstellung hatte durchaus etwas Verführerisches.
    Judy nahm die Füße vom Schreibtisch und wandte ihren Blick der Mattscheibe zu. Da sie seit einiger Zeit nichts mehr geschrieben hatte, sah sie den Bildschirmschoner vor sich – eine Fotografie, die sie selber im Alter von sieben Jahren zeigte, mit Zahnlücken und einer Plastikspange, die verhindern sollte, daß ihr die Haare in die Stirn fielen. Sie saß auf den Knien ihres Vaters. Er war damals noch Streifenpolizist und trug die entsprechende Uniform der Stadtpolizei von San Francisco. Die kleine Judy hatte ihm seine Mütze abgenommen und versucht, sie sich selbst aufzusetzen. Das Bild hatte ihre Mutter aufgenommen.
    Judy versetzte sich in die Rolle einer Strafverteidigerin bei der Kanzlei Brooks Fielding. Sie fuhr einen Porsche und war unterwegs zum Gericht, um Leute wie die Fung-Brüder zu verteidigen.
    Sie berührte die Leertaste, der Bildschirmschoner verschwand, und an seiner Stelle erschienen die Worte, die sie vor Simons Besuch bereits geschrieben hatte: »Lieber Brian, hiermit bestätige ich meine Kündigung.« Ihre Finger schwebten über der Tastatur. Nach langem Zögern sagte sie laut: »Ach, verdammt!«, löschte den Satz und schrieb: »Lieber Brian, ich möchte mich für meine Unbeherrschtheit entschuldigen …«
Kapitel 3
    Dienstagmorgen. Über der Interstate 80 ging die Sonne auf. Priests 1971 er Plymouth Barracuda rollte auf San Francisco zu; er fuhr nur fünfundfünfzig Meilen in der Stunde, doch das eingebaute Angeberdröhnen sorgte dafür, daß es wie neunzig klang.
    Er hatte den Wagen einst auf dem Höhepunkt seiner geschäftlichen Karriere neu gekauft. Dann, als er mit seinem Getränkegroßhandel am Ende war und seine Verhaftung wegen Steuerhinterziehung unmittelbar bevorzustehen schien, hatte er das Weite gesucht. Er nahm nichts mit als die Kleider, die er am Leibe trug – einen marineblauen Geschäftsanzug mit breiten Aufschlägen und ausgestellten Hosenbeinen –, sowie seinen Wagen. Beides befand sich noch immer in seinem Besitz.
    Während der Hippie-Zeit galt nur ein Wagen als cool: der VW-Käfer. Priest, so hatte Star immer wieder behauptet, sehe am Steuer seines knallgelben Barracuda aus wie ein Zuhälter. Also verpaßten sie dem Wagen einen szenegerechten neuen Anstrich: aufs Dach kamen Planeten, auf den Kofferraum Blumen und auf die Motorhaube eine indische Göttin, deren acht Arme bis über die Kotflügel hinausreichten, und all dies in den Farben Lila, Rosa und Türkis. Die waren in den fünfundzwanzig vergangenen Jahren zu einem fleckigen Braun verblaßt, doch wenn man genau hinsah, konnte man die Figuren noch erkennen. Und heutzutage galt der Wagen als Sammlerstück.
    Sie waren gegen drei Uhr morgens losgefahren, und Melanie hatte die ganze Zeit über geschlafen. Ihr Kopf ruhte in Priests Schoß, die sagenhaft langen Beine lagen zusammengefaltet auf dem abgewetzten schwarzen Polster. Priest spielte beim Fahren mit seinen Fingern in ihrem Haar. Melanie mochte zu der Zeit, als dieBeatles schon wieder auseinandergingen, gerade erst zur Welt kommen sein, doch sie trug ihr Haar, wie es in den sechziger Jahri Mode war: lang, glatt und in der Mitte gescheitelt.
    Auch das Kind schlief. Es lag lang ausgestreckt und mit offenem Mund auf dem Rücksitz, und neben ihm lag Spirit, Priest Schäferhund. Er verhielt sich

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