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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Trotz des eher bedrückenden Szenarios, das er ausmalte, mußte Judy sich eingestehen, daß sie ihm gerne zuhörte, und dies nicht nur, weil er gut aussah. »Und so verhält es sich bei den meisten Erdbeben?« fragte sie.
    »Ja, ich glaube schon, auch wenn der eine oder andere Seismologe in diesem Punkt nicht mit mir übereinstimmt. Es gibt natürliche Schwingungen, die von Zeit zu Zeit die Erdkruste durchziehen. Die meisten Erdbeben werden wahrscheinlich dadurch ausgelöst, daß diese Schwingungen irgendwo zur richtigen Zeit auf die richtige Stelle treffen.«
    Wie soll ich das alles bloß diesem Mr. Honeymoon erklären‘! Der verlangt doch bestimmt ein simples Ja oder Nein.
    »Inwiefern kommen diese Voraussetzungen unseren Terroristen entgegen?« fragte sie.
    »Sie brauchen ein Lineal und müssen wissen, an welcher Stelle sie zuzuschlagen haben.«
    »Und was wäre das konkrete Gegenstück zum Lineal? Tatsächlich eine Atombombe?«
    »Nein, so stark braucht der Auslöser gar nicht zu sein. Sie müssen eine Schockwelle durch die Erdkruste schicken, das ist alles. Wenn sie genau wissen, an welchen Stellen die Verwerfung verwundbar ist, kommen sie unter Umständen schon mit einer präzise plazierten Ladung Dynamit aus.«
    »An Dynamit kommt jeder heran, der es ernsthaft darauf anlegt.«
    »Die Sprengung müßte allerdings unterirdisch erfolgen. Für Terroristen läge die Hauptschwierigkeit vermutlich in der Bohrung eines geeigneten Schachts.«
    Judy fragte sich, ob der Arbeiter, den Simon Sparrow hinter der Drohung vermutete, vielleicht Bohrungsspezialist war. Solche Leute brauchten bestimmt eine behördliche Lizenz. Man könnte beim zuständigen Amt anfragen und sich eine Liste der betreffenden Personen geben lassen. Allzu viele davon konnte es in Kalifornien wohl kaum geben.
    »Sie würden entsprechende Fachkenntnisse und Bohrgeräte brauchen«, fuhr Quercus fort. »Und einen Vorwand, damit sie eine Bohrgenehmigung bekommen.«
    Solche Probleme waren lösbar. »Ist das wirklich so einfach?« fragte Judy.
    »Hören Sie: Ich sage nicht, daß es klappen muß. Ich sage nur, es kann klappen. Genaueres kann man erst sagen, wenn sie es probiert haben. Ich kann Ihnen lediglich erklären, wie solche Dinge ablaufen. Die Bewertung des Risikos ist Ihre Sache.«
    Judy nickte. Mit ähnlichen Worten hatte sie gestern abend Bo ihr Vorhaben erklärt. Quercus mochte sich bisweilen wie ein Arschloch benehmen – aber ohne solche Zeitgenossen kam man, wie Bo es formulieren würde, hin und wieder einfach nicht aus.
    »Entscheidend ist also, daß man weiß, wo so eine Sprengung durchgeführt werden muß?« fragte sie. »Ja.«
    »Und wer verfügt über diese Informationen?« ;
    »Universitäten, das Geologische Landesamt, ich selber … Wir tauschen unsere Informationen untereinander aus.«
    »Und jeder kommt da ran?«
    »Das sind keine Geheimsachen. Aber man braucht gewisse Fachkenntnisse, um die Daten richtig zu interpretieren.«
    »Einer von den Terroristen müßte also Seismologe sein?«
    »Ja. Vielleicht ein Student.«
    Judy mußte an die etwa dreißigjährige Frau denken, die Simons Theorie zufolge den Drohbrief getippt hatte. Möglich, daß sie studierte Geologin war. Wie viele Geologiestudenten gab es in Kalifornien? Wie lange würde es dauern, bis man sie alle ausfindig gemacht und verhört hatte?
    Quercus fuhr fort: »Es kommt noch ein anderer Faktor hinzu, die sogenannten Erdgezeiten. Die Anziehungskraft des Mondes sorgt für die Gezeiten der Meere und Ozeane. Auch die festen Bestandteile der Erde sind diesen Kräften unterworfen. Zweimal täglich, wenn die Störung in der Erdkruste unter der besonderen Belastung durch die Gezeiten steht, öffnet sich ein › seismisches Fenster‹ – und das ist der Zeitraum, zu dem Erdbeben am ehesten entstehen oder eben auch ausgelöst werden können. Dies ist
    übrigens mein Spezialgebiet. Ich bin der einzige, der die seismischen Fenster der kalifornischen Verwerfungen in umfangreichen Meßreihen berechnet hat.«
    »Kann jemand diese Daten von Ihnen bekommen haben?«
    »Nun, ich verkaufe sie. Das ist mein Beruf.« Er lächelte schuldbewußt. »Aber Sie sehen ja selbst – reich werde ich bei diesem Geschäft nicht. Ich habe einen einzigen Vertrag mit einer großen Versicherungsgesellschaft, und davon kann ich gerade mal die Miete zahlen. Meine Theorien über seismische Fenster stempeln mich zu einer Art Außenseiter, und das Amerika der Konzerne kann Einzelgänger nicht ausstehen.«
    Die ein

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