Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
hatte. Dann rannte sie die Treppen hinunter und hastete über die Straße.
    Das Regierungsgebäude – Kapitol genannt – war ein weißer Palast, der an einen Hochzeitskuchen erinnerte. Er lag in einer wunderschönen, von riesigen Palmen gesäumten Parkanlage. Eiligen Schritts durchmaß Judy eine Marmorhalle und blieb vor einem großen Eingang stehen, auf dem das Wort GOVERNOR, ›Gouverneur‹, eingemeißelt war. Dort atmete sie ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen, und sah wieder auf die Uhr. Punkt halb zwölf. Sie hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft. Das FBI behielt seinen Nimbus von Kompetenz und Pünktlichkeit.
    Sie öffnete die Doppeltüren und betrat ein imposantes Vorzimmer. Es wurde von einer Sekretärin beherrscht, die hinter einem riesigen Schreibtisch saß. Auf der einen Seite befand sich eine Stuhlreihe, wo zu Judys Überraschung Brian Kincaid saß. Er trug einen piekfeinen dunkelgrauen Anzug. Sein weißes Haar war perfekt frisiert. Er wirkte kühl und gelassen und nicht im geringsten wie jemand, der auf den letzten Drücker herbeigehetzt war. Judy wurde sich plötzlich der Tatsache bewußt, daß sie schwitzte.
    Als Kincaid ihren Blick erwiderte, wirkte er sekundenlang überrascht, hatte sich aber gleich wieder im Griff.
    »Äh … hallo, Brian«, sagte Judy.
    »Tag«, sagte er und wandte den Blick ab.
    Mit keinem Wort bedankte er sich für die Benachrichtigung, daß das Treffen schon um halb begann.
    »Seit wann sind Sie hier?« fragte Judy.»Seit ein paar Minuten.« ;
    Der richtige Zeitpunkt für die Besprechung war ihm also bekannt gewesen. Trotzdem hatte er ihr den späteren Termin genannt. Der hat mich doch nicht absichtlich falsch informiert? Der Gedanke kam ihr beinahe kindisch vor.
    Für ein abschließendes Urteil fehlte ihr die Zeit. Ein junger Schwarzer betrat durch eine Seitentür den Raum und wandte sich an Brian. »Agent Kincaid?«
    Kincaid erhob sich. »Der bin ich, ja.«
    »Dann müssen Sie Agentin Maddox sein. Mr. Honeymoon erwartet Sie.«
    Der junge Mann ging voran, durch den Korridor und um eine Ecke herum. Im Gehen sagte er: »Wir nennen das hier das Hufeisen, weil die Büros der Regierung drei Seiten eines Rechtecks bilden.«
    Ungefähr in der Mitte der zweiten Seite kamen sie durch ein weiteres Vorzimmer, diesmal freilich mit zwei Sekretärinnen besetzt. Auf einer Ledercouch saß ein junger Mann mit einem Aktenordner in der Hand. Judy vermutete, daß hier die eigentliche Gouverneurskanzlei lag. Ein paar Schritte weiter wurden sie in Honeymoons Büro geführt.
    Der Kabinettssekretär war ein großer Mann mit kurzgeschnittenem, graumeliertem Haar. Er hatte das Jackett seines grauen Nadelstreifenanzugs ausgezogen, so daß man die schwarzen Hosenträger sah. Die Ärmel des weißen Hemds waren aufgerollt, doch die Seidenkrawatte saß stramm gebunden zwischen den Ecken des hohen Kragens, der mit einer Nadel geschlossen war. Honeymoon nahm seine goldumrandete Halbbrille ab und erhob sich. Seine dunklen Züge wirkten wie gemeißelt, und in seinem Ausdruck lag eine Warnung: Mit mir ist nicht zu spaßen … Er hätte auch als höherer Polizeibeamter durchgehen können, allerdings war er dafür zu gut gekleidet.
    Sein höfliches Benehmen paßte nicht ganz zu seiner Erscheinung, die eher einschüchternd wirkte. Er schüttelte Judy und Brian die Hand und sagte: »Ich bin Ihnen dankbar, daß Sie den weiten Weg von San Francisco hierher auf sich genommen haben.«
    »Keine Ursache«, sagte Kincaid.
    Sie setzten sich.
    Honeymoon kam sofort zur Sache: »Wie beurteilen Sie die Lage?«
    »Sie haben mich gebeten, die Person mitzubringen, die unmittelbar an der Front steht. Judy wird Sie informieren.«
    »Wir haben diese Leute bisher leider noch nicht gefaßt«, sagte Judy und verfluchte sich insgeheim, weil sie mit einer Entschuldigung begonnen hatte. Immer positiv bleiben! »Wir sind uns ziemlich sicher, daß sie mit der Bewegung Grünes Kalifornien nichts zu tun haben – das war nur ein schwacher Versuch, uns auf die falsche Fährte zu lenken. Wo sie stecken, wissen wir noch nicht. Dennoch kann ich Ihnen schon einige wichtige Erkenntnisse über sie vorlegen.«
    »Bitte tun Sie das«, sagte Honeymoon.
    »Erstens: Die sprachliche Analyse der Drohung hat ergeben, daß wir es nicht mit einem Einzeltäter, sondern mit einer Gruppe zu tun haben,«
    »Genauer gesagt: mit mindestens zwei Personen«, präzisierte Kincaid.
    Judy warf ihm einen bösen Blick zu, aber er vermied es, sie

Weitere Kostenlose Bücher