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Die Kinder Von Eden : Roman

Die Kinder Von Eden : Roman

Titel: Die Kinder Von Eden : Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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oder einen treuen Freund verraten mußte – jedesmal ließ er Honeymoon die Drecksarbeit erledigen.
    Die beiden Männer arbeiteten schon seit zwanzig Jahren zusammen. Als sie sich kennenlernten, war Mike Robson noch ein kleiner Abgeordneter im kalifornischen Parlament, und Honeymoon hatte gerade sein Jurastudium hinter sich. Honeymoon war die Rolle des Scharfmachers zugefallen, weil er schwarz war und der Gouverneur clever darauf spekuliert hatte, daß die Presse Hemmungen haben würde, über einen Schwarzen herzuziehen. Zwar waren jene liberalen Zeiten längst vorbei, doch Honeymoon war inzwischen zu einem ebenso geschickten wie skrupellosen Politprofi gereift. Niemand mochte ihn, aber viele hatten Angst vor ihm.
    Des FBIs wegen wollte Judy einen guten Eindruck bei ihm hinterlassen. Daß Politiker sich persönlich für einen Fall interessierten, geschah nicht allzu oft. Judy wußte, daß die Art und Weise, wie sie den Auftrag anpackte, ein für allemal Honeymoons Haltung zum FBI und zur Polizei im allgemeinen prägen würde. Persönliche Erfahrungen wogen immer schwerer als Berichte und Statistiken.
    Das FBI stellte sich gerne als allmächtig und unfehlbar dar. Aber Judys Ermittlungen hatten bisher so wenig handfeste Ergebnisse gebracht, daß es ihr schwerfiel, die übliche Rolle zu spielen, vor allem gegenüber einem harten Hund wie Honeymoon. Davon abgesehen entsprach es auch nicht ihrem Stil. Ihr Plan bestand schlicht und einfach darin, den Kabinettssekretär mit Kompetenz und Zuversicht zu beeindrucken.
    Judy hatte noch einen anderen Grund, sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Sie wollte, daß der Gouverneur den Kindern von Eden ein Gesprächsangebot unterbreitete. Schon die Andeutung, daß er unter Umständen zu Verhandlungen bereit wäre, mochte die Terroristen dazu veranlassen, ihr Vorhaben zumindest aufzuschieben. Und wenn sie auf den Vorschlag eingingen, ergaben sich für Judy vielleicht neue Hinweise auf ihren Aufenthaltsort. Eine andere Möglichkeit, den Erpressern das Handwerk zu legen, sah sie gegenwärtig nicht. Alle anderen Versuche hatten bisher in die Sackgasse geführt.
    Den Gouverneur zu einer entsprechenden Stellungnahme zu bewegen, würde wahrscheinlich nicht leicht sein. Schon aus Angst vor Nachahmungstätern würde er den Eindruck vermeiden wollen, er wäre dazu bereit, auf terroristische Forderungen einzugehen. Aber es mußte eine Möglichkeit geben, die Stellungnahme so zu formulieren, daß nur die Kinder von Eden die Botschaft verstanden.
    Sie trug heute nicht ihr Power-Kostüm von Armani. Ihr Instinkt sagte ihr, daß Honeymoon eher mit Leuten warm wurde, die ihm als einfache Arbeiter begegneten. Sie hatte daher einen stahlgrauen Hosenanzug angezogen und ihr Haar zu einem glatten Knoten zurückgebunden. Ihre Pistole trug sie in einem Hüftholster. Um nicht allzu streng zu wirken, hatte sie kleine Perlenohrringe angelegt, die ihren schlanken Hals betonten. Es konnte nie schaden, attraktiv auszusehen. Ob Michael Quercus mich attraktiv findet? Eigentlich ein toller Typ – schade, daß er so eine Nervensäge ist. Mutter hätte er gefallen ›lch mag Männer, die wissen, wo‘s langgeht‹, hätte sie gesagt. Er versteht sich gut anzuziehen, mit sympathischem Understatement. Wie er wohl unter seinen Klamotten aussieht – total bepelzt vielleicht, wie ein Affe? Ich mag keine haarigen Männer… Vielleicht ist seine Haut auch ganz blaß und weich – ach was, der Mann ist durchtrainiert und fit… Mensch, was sollen diese Phantasien über einen nackten Erdbebenforscher? Judy ärgerte sich über sich selbst. Das letzte, was ich jetzt brauchen kann, ist ein schlechtgelaunter Filmstar-Verschnitt …
    Um sich vorab nach den Parkmöglichkeiten zu erkundigen, ‚wählte Judy über das Autotelefon die Nummer der Gouverneurskanzlei und ließ sich Honeymoons Sekretärin geben. »Ich habe um zwölf Uhr einen Termin bei Mr. Honeymoon und wollte gerne wissen, ob ich vor dem Regierungsgebäude parken kann. Ich war noch nie in Sacramento.«
    Die Sekretärin erwies sich als junger Mann. »Einen Besucherparkplatz unmittelbar vor dem Gebäude haben wir nicht, aber gleich gegenüber ist ein Parkhaus.«
    »Wo genau?«
    »Der Eingang liegt in der Tenth Street, zwischen K- und L-Street. Das Regierungsgebäude liegt zwischen L- und M-Street, also nur ein paar Schritte weiter. Aber Ihr Termin ist nicht Punkt zwölf, sondern halb zwölf.«
    »Wie bitte?«
    »Die Besprechung, an der Sie teilnehmen sollen, beginnt um

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