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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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sollen.
    Um die Kuh aus ihrem Stall zu holen, musste sie einen Teil der Umfriedung einreißen, die den Auslauf des Tieres begrenzte. Zum Glück war es nur eine Mauer aus lose aufgeschichteten Steinen, kaum hüfthoch. Dennoch war Gunhild schon wieder in Schweiß gebadet, ehe sie damit fertig war.
    Als sie die Kuh zu dem Stier führte, schnaubte dieser und wurde unruhig, als Gunhild sie neben ihm ins Joch spannte.
    Jetzt hätte sie losfahren können. Aber es gab noch etwas zu tun.
    Ihr war etwas mulmig zumute, als sie noch einmal ihre Schritte ins Innere zurück lenkte. Aber sie hatte das Gefühl, dass es wichtig wäre, den Kessel mitzunehmen. Sie wusste selbst nicht, warum. Sie erinnerte sich nur noch bruchstückhaft an das, was vor ihrem Schlaf geschehen war. Satzfetzen trieben durch ihren Kopf, wie Echos von etwas, das sie gehört hatte.
    »… die vier heiligen Schätze zusammen … dann wäre das Land wieder geheilt …«
    »… nur ein Traum …«
    »… die Zeit wird knapp …«
    Was sollte sie sagen, wenn ihr Eriu begegnete? Die anderen waren nicht mehr hier, das war ihr inzwischen klar geworden. Aber Ériu, die Mutter des Landes, mit ihrer Zauberkraft …
    Schlafe!, hämmerte es hinter Gunhilds Stirn.
    Vorsichtig lugte sie um die Ecke des Eingangs in die Wohnhalle. Der Kessel war fort. Es war überhaupt niemand mehr da. Oder?
    In einem der steinernen Kastenbetten an der Wand, auf einem Lager von Stroh und Fellen, lag eine Gestalt. Halb verhüllt von den Decken und doch zu erkennen an dem braunen, schon etwas ergrauten Haar und der Bronze, die am Hals und von den Ohrgehängen blinkte. Eriu regte sich, hob den Kopf. Im nächsten Augenblick würde sie die Augen aufmachen und Gunhild sehen.
    »Schlafe!« sagte Gunhild. Die Macht war stark in ihr in dieser Morgenstunde. »Schlafe, einen Tag und eine Nacht! Dann darfst du von mir aus wieder erwachen …«
    Die Gestalt auf dem Lager sank zurück, und ihre langsamen, regelmäßigen Atemzüge verrieten, dass sie tief und fest schlief.
    Erleichtert und doch irgendwie leicht enttäuscht ging Gunhild den gewundenen Weg zurück ins Freie. Die Caillech musste den Kessel mitgenommen haben, nach Mumu, in den Süden. Oder Brigid, nach … nach …
    Crom Dhu.
    Der Name war wie ein dunkler Fluch, eine fremde Erinnerung, die sie nicht abschütteln konnte.
    Gunhild schwang sich auf die Plattform des Wagens. Mit der einen Hand packte sie den Wagenrand, um sich festzuhalten, mit der anderen die Zügel. Sie hatte keine Peitsche, um die Tiere anzutreiben. Sie brauchte das nicht.
    »Los geht’s«, sagte sie.
    Der rote Stier und die braune Kuh legten sich ins Geschirr. Der Wagen fuhr an.
    Als die Kälte langsam seine Beine hoch kroch, schlug Hagen die Augen auf.
    Er lag bis zur Hüfte im Wasser. Kein Wunder, dass ihm kalt war. Es war schon hell. Er versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, aber ihm war, als sei er durch die Mangel gedreht und wieder ausgespuckt worden. Er wusste nur, dass er hier nicht liegen bleiben durfte, vor allem wenn die Flut kam.
    Mühsam versuchte er sich hochzustemmen. In seinem Mund, seinen Augen, seinen Haaren, überall war Sand. Seine Hand stieß auf etwas Längliches, auf dem er gelegen hatte.
    Der Speer! Plötzlich fiel ihm alles wieder ein. Die Fahrt zum gläsernen Turm. Der Abstieg in die Tiefe. Der Kampf. Und das Auge …
    Neben ihm stöhnte jemand.
    Hagen wandte den Blick. Und erstarrte.
    »Laeg?«
    Stöhnend rollte sich Laegaire Buadach neben ihm auf die Seite. Er hatte die Augen noch geschlossen. Aber er lebte.
    Dann sah Hagen auch die anderen: Conall und Follaman, Cormac und ein Stück weiter den kleinen Erc Mac Felimid. Sie lagen seltsam verkrümmt, so wie sie in der Halle unter dem Meer zusammengebrochen waren, auf dem Strand. Doch sie atmeten.
    Hagen konnte die Tränen nicht zurückhalten, die ihm heiß in die Augen schossen. Er hatte fest geglaubt, seine Freunde wären tot, zerschmettert von der Magie des bösen Auges, ertrunken in den Fluten des Meeres. Und er wäre dafür verantwortlich gewesen. Er konnte sein Glück nicht fassen, das ihn von der Last dieser Schuld verschont hatte.
    Doch es war keine Zeit, lange zu überlegen. Wenn sie hier liegen blieben, dann holte sie vielleicht nicht der böse Blick, dafür umso sicherer eine Lungenentzündung.
    Er stemmte sich hoch. Seine Glieder waren schwer wie Blei. Auf allen vieren kroch er zu Laeg hinüber und versuchte, ihn hochzuziehen. Der Junge schlug die Augen auf. Sein Blick war

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