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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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verschleiert.
    »Wo sind wir?«
    Hagen blickte sich um. Er sah den Cairn des alten Königs, die erkaltete Feuerstelle. Die drei stehenden Steine, die ins Meer führten, waren halb vom Morgennebel verschluckt. Sein Blick ging hinauf aufs Meer, aber da war nichts zu sehen außer weißem Dunst, der die Grenzen von Wolken und Wasser verwischte.
    »Dort, wo wir hergekommen sind«, sagte er. »Komm, wir müssen hier weg. Wir erfrieren sonst.«
    Es war in der Tat eisig kalt. Über Nacht schien der Winter hereingebrochen zu sein. Das hohe, harte Strandgras war weiß gerändert vom Reif. Ihre Kleider waren steif vor Frost.
    Mit Laegs Hilfe gelang es Hagen, die anderen so weit zu sich zu bringen, dass sie sich bis zur Feuerstelle schleppten. Nur den kleinen Erc mussten sie tragen; er wachte nicht einmal auf.
    »Wir brauchen ein Feuer«, sagte Hagen. Seine Zähne klapperten so laut, dass man es meilenweit hören musste. »Hat jemand irgendwas, womit man Feuer machen kann.«
    Laeg hatte einen Feuerstein in seinem Beutel, aber dann stellten sie fest, dass keiner mehr ein Messer besaß, das man hätte dagegen schlagen können. Ihre gesamten Waffen waren verschwunden, auf der Insel unter dem Meer zurückgeblieben. Bis auf Hagens Speer, den er mit eiserner Faust umklammert hatte.
    »Versuchen wir es damit«, sagte er. Doch das seltsame Metall des Speers wollte keine Funken schlagen. »Verdammt noch mal!«, fluchte Hagen und stieß den Speer mit Gewalt in die erkaltete Asche. Eine Flamme züngelte auf.
    Sie hockten gemeinsam um das knisternde Feuer, als sie eine Stimme rufen hörten: »Cúchullin?«
    Hagen sprang auf und schwenkte die Arme. »Hier!«, schrie er. »Hierher!«
    Es waren Laegs Brüder, gefolgt von Fiachra und Cuscrid mit den beiden Ponys, die nun vorsichtig vom Klippenweg zu ihnen herabstiegen. Sie hatten ein Stück oberhalb des Strandes kampiert, um dem scharfen Salzwind zu entgehen. Sie waren gerade dabei gewesen, sich für den Rückweg nach Teltin fertig zu machen, als sie den Rauchfaden des Feuers am Strand gesehen hatten.
    Als sie sich alle gewärmt und etwas gegessen und getrunken hatten, meinte Follaman, der älteste Sohn des Königs, schließlich: »Was jetzt?«
    Hagen blickte auf. Ihm war immer noch kalt, aber es war nicht mehr so schlimm wie vorher. Nur fühlte er sich mit einen Mal entsetzlich müde.
    »Wir müssen den König warnen«, sagte er. »Ein Feind zieht gegen ihn, jetzt wo alle Krieger im Süden sind.«
    »Ein Feind?« Fiachra, Follamans jüngerer Bruder, klang ungläubig. »Wer sollte das sein?«
    »Ich weiß es nicht«, erklärte Hagen. »Aber der Herr der Insel hat es mir gesagt, und ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln.«
    »M-m-manannán Mac Lir?«, staunte Cuscrid.
    »Eben der«, sagte Hagen mit einer Stimme, die jede weitere Gegenrede im Keim erstickte. Er richtete sich auf, schwer auf seinen Speer gestützt. »Wir haben nur zwei Pferde«, meinte er dann. »Einer von euch muss Connla oder die anderen Trupps erreichen. Und ich werde zurückreiten, um den König zu warnen – oder den Feind so lange aufzuhalten, wie ich kann.«
    »Sollte nicht besser einer von uns zurückreiten?«, fragte Laeg vorsichtig. »Wir kennen den Weg.«
    »Den kenne ich auch«, sagte Hagen. »Ich bin ihn schon einmal gegangen.« Nur dass er damals einen Führer gehabt hatte. Er hätte viel darum gegeben, wenn der graue Hund jetzt an seiner Seite gewesen wäre. Aber wie die Dinge standen, musste er ohne ihn auskommen. »Und ich habe einen Eid geschworen«, fügte er hinzu. »Ihr nicht.«
    Darauf gab es nicht mehr viel zu sagen. Conall Cearnach wurde dazu bestimmt, nach den anderen Kriegern zu suchen, weil sie ihm am ehesten glauben würden. Die anderen sollten unter Follamans Führung Hagen vorsichtig in Richtung Norden folgen.
    Sie rüsteten die beiden Ponys mit dem Notwendigsten aus – viel an Proviant würden sie nicht brauchen – und verteilten die verbliebenen Waffen. Hagen behielt seinen Speer, nahm aber auch einen großen runden Schild, den er sich auf den Rücken schnallte, und den gehörnten Helm mit der Halbmaske, die bis über die Nase herunterreichte und Stirn und Schläfen schützte.
    Dann schwang er sich auf den Rücken des Ponys. Wenn er früher einmal gefürchtet hatte, sich wegen seiner mangelnden Reitkünste zu blamieren, so dachte er jetzt gar nicht mehr an dergleichen. Das Tier hatte ohnedies keinen Sattel, nur eine Felldecke, die mit einem Bauchgurt festgeschnallt war, und keine Steigbügel.

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