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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Mann sein. Zwar waren die meisten eher schlecht als recht bewaffnet. Einige hatten sich mit den Waffen und Rüstungen der besiegten Nordleute ausstaffiert, die jedoch höchstens für die Hälfte von ihnen etwas hergegeben hatten. Und kaum einer war so prächtig gekleidet wie Siggi mit seiner weißen Tunika, einem hüftlangen Harnisch aus feinem Kettengeflecht, dem Eberhelm auf dem Kopf und dem Zauberschwert an seiner Seite. Die anderen trugen einfache Kittel, dazu entweder die alten Bronzewaffen aus dem Schatz des Dorfältesten, Holzfälleräxte oder selbst zurechtgebastelte Piken und Speere. Statt Schwerter zu Pflugscharen hatte man hier landwirtschaftliches Gerät zu Waffen umgeschmiedet. Doch alle hatten den unbeugsamen Willen, das erlittene Unrecht ein für alle Mal zu rächen.
    Die Pferde der Krieger hatte man zurückgelassen. Zum einen hatte es keinen Zweck, wenn einige Wenige des Trupps beritten waren, aber stets auf die anderen warten mussten, die langsamer vorankamen. Zum anderen waren die auf Kampf und Krieg abgerichteten Tiere zum Tragen von Lasten kaum zu verwenden, ehe man nicht ihren feurigen Willen durch Zwang gebrochen oder durch liebevolle Zuwendung besänftigt hatte.
    Der Heerzug wand sich über die Hochebene, zwischen den Hügeln entlang, vorbei an Steinmauern und Hecken. Mal folgte er einem gewundenen Flussbett, mal einem kaum noch erkennbaren Pfad. Vor langer Zeit mussten hier Menschen gewohnt haben oder andere ihrer Art. Doch jetzt erzählten nicht einmal die Steine mehr ihre Geschichte.
    Einmal stießen sie auf einen Weg, der sich ein paar Meilen weit schnurgerade nach Norden erstreckte, wie mit dem Lineal gezogen, und dann mitten auf einer Hügelkuppe endete, als habe er plötzlich vergessen, wohin er führen solle.
    Von der Hügelkuppe aus sah Dermot als Erster den Fluss. Als sie die nächste Anhöhe erreichten, erkannten die anderen es auch: ein glitzerndes Band, das in der nebligen Gräue aufblinkte, umhüllt von Dunstschwaden wie ein siedender Kessel.
    »Wie kommen wir da drüber?«, fragte Oscar.
    »Es soll da irgendwo eine Furt geben«, meinte Oisín. Er grinste. »Mit Flussübergängen habe ich so meine Erfahrung.«
    Siggi grinste auch. Er hatte ihre erste Begegnung auf der Brücke noch nicht vergessen.
    »Dort«, sagte Amergin und wies erneut mit dem Finger. »Man nennt sie die Furt der Wäscherin«, fügte er hinzu.
    Irgendwie erinnerte das Siggi an etwas, das er einmal gehört oder gesehen hatte, aber er konnte sich nicht erinnern. Er blickte in die Richtung, in die der Druide gewiesen hatte. Zwischen den Bäumen, die das Ufer des Flusses säumten, war dort eine Lücke zu erkennen, und in der Lücke schäumte es hell, wie von Felsen im Wasser. Und an dieser Stelle stand jemand.
    »Kannst du da was erkennen?«, fragte er Dermot.
    »Wo?« Der Späher der Fianna war irritiert. »Was meinst du?«
    »Da, zwischen den Bäumen. Da steht einer. Er scheint auf uns zu warten.«
    Dermot kniff die Augen zusammen. »Ich bin mir nicht sicher«, meinte er dann. »Schauen wir es uns näher an.«
    Als sie aus der nächsten Talsenke heraus waren und wieder ein freies Blickfeld hatten, sah er es auch und die anderen ebenso. Da, in der Lücke zwischen den Bäumen, wo die Furt war, stand ein Mann. Er stand da wie ein Wachtposten, unbeweglich. Er trug einen roten Kittel, mit Gold gesäumt, und Schild und Speer. Ein Mantel aus kariertem Tuch umgab seine Schultern; Gold blinkte von Helm und Spangen und Halsreif. Sein Gesicht war hinter der Maske eines altertümlichen, gehörnten Helmes verborgen, sodass die Augen in tiefen Höhlen zu liegen schienen, wie bei einem Totenschädel.
    »Der will uns doch wohl nicht aufhalten«, meinte Oisín laut, und Goll Mac Morna fügte hinzu: »Einer gegen vierzig. Der kann einem jetzt schon Leid tun.«
    Doch Dermot sagte: »Er hat eine gute Position. Da kann immer nur einer hinüber. Wir werden ihn uns der Reihe nach vornehmen müssen, und wenn er gut ist …« Er ließ den Rest des Satzes unausgesprochen, aber jeder konnte sich denken, wie er weiterging.
    … wenn er gut ist, dann wird er einige von uns mit sich nehmen, ehe wir ihn töten.
    »Vielleicht ist das gar nicht notwendig«, sagte Siggi. »Lasst mich mit ihm reden.«
    Doch Goll Mac Morna war schon vorausgelaufen. Er brannte darauf, das Unheil zu rächen, das die Männer des Nordens über seine Familie gebracht hatten. Und er war nicht nur einer der schnellsten Läufer, sondern auch einer der besten Kämpfer der

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