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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Fianna.
    Der Wächter an der Furt erwartete ihn mit einer so unerschütterlichen Ruhe, dass Goll innehielt, als er ihn erreichte.
    Einen Moment zögerte er. Denn jetzt sah er, was hinter der metallenen Maske verborgen lag. Dunkle Augen, halb verhüllt vom Schatten; Augen, in denen Klugheit lag, Härte und Entschlossenheit. Und in diesen Augen flackerte ein wildes, unstetes Feuer; eine Flamme, in die keiner blicken konnte, ohne in ihren sengenden Bann zu geraten.
    »Wer bist du?«, fragte er.
    »Man nennt mich den Hund von Ulad.« Die Stimme kam dumpf, wie aus dem Grab, mit dem harten Akzent des Nordens.
    Goll Mac Morna lachte. Sein Lachen klang unnatürlich laut. »Ein Hund? Dann mach Platz, Hund, wenn dein Herr es befiehlt!«
    »Ich habe nur einen Herrn: den König. Er hat mir befohlen, sein Land zu verteidigen. Du kannst hier nicht vorbei.«
    »Das werden wir sehen«, knurrte Goll und ging zum Angriff vor.
    Hagen sah ihn kommen. Seltsamerweise spürte er überhaupt keine Furcht. Er hatte so lange gewartet, stundenlang, in der eisigen Flut. Er hatte genug Zeit gehabt, sich auszumalen, wie es sein würde, wenn wirklich ein Gegner vor ihm stand. Einer, der ihn töten wollte.
    Aber nun war er ganz ruhig. Er stand da, als sähe er dies alles wie durch einen Filter. Es war nicht der rote Nebel der Wut, der vor seinen Augen waberte, auch wenn er einen Anflug davon in seinen Schläfen pochen spürte. Nein, er sah die Dinge mit vollem Bewusstsein und doch so, als ging ihn das alles gar nichts an.
    War es so, wenn man davor stand zu sterben?
    Der Kampf war kurz und hart. Keine technischen Finessen, kein langes Gefecht. Hagen riss den Schild hoch, um den Hieb des Angreifers abzufangen. Holz splitterte heraus. Die Wucht des Schlages ging durch seinen ganzen Arm. Gleichzeitig stieß er mit dem Speer zu. Die Speerklinge blitzte auf und drang durch den metallverstärkten Lederpanzer wie durch dünnes Tuch, zerschnitt Muskeln, Knochen und Sehnen und traf mitten ins Herz. Mit einem erstaunten Blick brach der Gegner in die Knie, ehe er vornüber kippte. Er fiel mit dem Gesicht in den Fluss, und ein dünner roter Faden Blut trieb von der Wunde in seiner Seite mit dem klaren Wasser stromabwärts.
    Ein Aufschrei von den Hügeln jenseits des Flusses. Menschen kamen herbeigelaufen, andere Krieger. Einige von ihnen trugen Schilde und Helme, dazu Schwerter und Speere. Andere fuchtelten mit improvisierten Waffen herum, die eher Mistgabeln und Schaufeln glichen als Kriegsgerät. Eine seltsam zusammengewürfelte Schar, meist ärmlich gekleidet. Viele von ihnen waren kaum älter als er.
    »Lasst mich durch!« Eine helle, befehlsgewohnte Stimme. Sie kam ihm seltsam bekannt vor, obwohl sie mit dem weichen Akzent des Südens sprach. Der Sprecher kam zum Uferrand herab. Er trug ein feinmaschiges Kettenhemd über einem weißen Untergewand. Sein Schild war mit Leder überzogen und mit Metall verstärkt, sein Schwert eine prachtvolle, alte Schmiedearbeit. Doch was vor allem ins Auge fiel, war der Helm, den er trug – ein Spangenhelm, gekrönt von der vergoldeten Figur eines Ebers.
    »Woher hast du diesen Helm?«
    Der andere schien die Frage gar nicht gehört zu haben. Er trat noch einen Schritt näher heran. »Wer bist du?«
    Diese Stimme …
    »Ich habe es ihm schon gesagt.« Er wies auf den Toten, der im Fluss lag. »Man nennt mich Cúchullin.«
    Der Fremde runzelte die Stirn.
    Dieses Gesicht! Er kannte dieses Gesicht …
    »Nein, ich will deinen richtigen Namen wissen.«
    Meinen Namen? Mein Name ist C ú chullin. Ich bin hier, um die Furt zu bewachen und nichts sonst …
    Der Fremde nahm seinen Helm ab. Blondes, lockiges Haar wellte heraus.
    »Hagen?«
    Nein, ich glaube es nicht. Nein, es ist nicht wahr, es kann nicht wahr sein.
    »Siggi! Mein Gott, Siggi, wie kommst du denn hierher?«
    Dann hatte auch Hagen seinen Helm heruntergerissen und sie beide lagen sich in den Armen.
    Die Fahrt mit dem Wagen war etwas völlig anderes, als Gunhild sich je in ihren kühnsten Träumen ausgemalt hatte.
    Im ersten Augenblick, als der rote Stier und die braune Kuh anzogen, glaubte sie, der Ruck würde sie zu Boden schleudern. Sie krallte sich an die Brüstung des Wagens, dass ihr die Hände wehtaten. Der Wagen rumpelte. Steinbrocken flogen. Schlammiges Wasser spritzte auf, als sie durch einen der Tümpel fuhren, die sich im Kalkgestein gebildet hatten.
    »Auf dem Weg bleiben!«, schrie sie. »Bleibt auf dem Weg!«
    Als ob die Tiere sie hören könnten – nun

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