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Die Kinder von Erin (German Edition)

Die Kinder von Erin (German Edition)

Titel: Die Kinder von Erin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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kam.
    Denn in diesem Augenblick schlug der Wagen auf. Die eine Hälfte des Gespanns, die linke Seite, die mit der Kuh, pflügte sich tief in das Erdreich. Doch der Stier, der sich im letzten Augenblick noch aufgebäumt hatte, kam frei. Er riss sich los aus dem Geschirr, das ihn fesselte, und mit einem Wink seines mächtigen Kopfes schleuderte er den Adler, der mit Klauen und Schnabel nach ihm hackte, hoch in die Luft und schwang sich zu ihm empor.
    Und verwandelte sich.
    Zwei Adler kämpften miteinander. Der eine war schwarz, der andere rot. Jeder suchte die Kehle des anderen. Federn flogen. Blut spritzte. Der rote Adler gewann die Oberhand. Sein Gegner suchte sein Heil in der Flucht.
    Und verwandelte sich.
    Ein mächtiger Hirsch stand am Himmel. Er war schwarz wie die Nacht. Seine Augen glühten wie Kohlen. Doch auch sein Gegner hatte sein Federkleid abgestreift. Ein roter Hirsch stand dem schwarzen gegenüber. Geweihe krachten gegeneinander. Nebel stieg aus geweiteten Nüstern, flimmernd wie Sternenstaub. Einen Augenblick lang sah es so aus, als würde der schwarze Hirsch die Oberhand gewinnen. Dann drängte der rote nach und zwang seinen Gegner nieder. Der wich zurück.
    Und verwandelte sich.
    Silbrig tauchte der Lachs in die Flut. Aufblinkend schnellte er wieder empor. Doch sein Gegner war jünger, stärker, gewitzter. Als der silberne Lachs aus dem Wasser schoss, um nach seinem Widersacher Ausschau zu halten, traf ihn die krallenbewehrte Pranke eines mächtigen roten Bären. Wie eine Kugel, die von einem Hurling-Schläger getroffen wird, wurde der große Fisch zur Seite geschleudert, einen Schauer von Blutstropfen hinter sich her ziehend.
    Und verwandelte sich.
    Verwandelte sich in einen schimmernden Regen, eine Kaskade von Wassertropfen, die im letzten Licht des Tages aufblitzten und prasselnd in die schäumenden Fluten des Flusses fielen …
    Die Pranken des großen Bären durchpflügten das Wasser. Doch da war nichts, das er hätte treffen können. Sein Gegner hatte sich ihm entzogen, war verschwunden auf die einzige Weise, die ihm noch offen gestanden hatte. Er war zu einem Teil des Landes geworden, wie er es immer gewesen war.
    Der Bär richtete sich auf. Höher und höher ragte er empor. Seine Augen waren wie Sterne und blinkten noch im Verlöschen, während sein mächtiger Leib mit dem Abendhimmel verschmolz.
    Hagen stand wie erstarrt. Von dem, was um ihn vorging – ob es nun Illusion war, was die anderen sahen, oder Wirklichkeit –, hatte er gar nichts mitbekommen. Jetzt, da die Kampfeswut ihn verlassen hatte, war er so blind und taub wie seinerzeit an der Esse des Schmiedes. Er spürte seinen Körper nicht mehr. Doch eines sah und hörte er genau, mit einer unnatürlichen Klarheit, die kein menschliches Auge und Ohr je erfüllte.
    Gunhild kam auf ihn zu.
    Sie war aus den Trümmern des Wagens herausgeschleudert worden, als dieser die Erde berührte. Wie durch ein Wunder war sie nahezu unverletzt. Sie hinkte nur ein wenig, als sie auf ihn zu kam, mit langsamen, schleppenden Schritten, und dort, wo sie hintrat, rauchte die Erde.
    Hagen versuchte zu blinzeln, um das Bild zu vertreiben, aber es gelang ihm nicht.
    »Du hast meinen Bruder getötet.«
    Die Worte kamen nicht von einer menschlichen Stimme; sie schienen aus der Erde selbst zu dringen.
    »Gunhild, ich … ich habe es nicht gewollt. Ich habe nicht anders gekonnt.«
    »Ich bin nicht Gunhild.«
    Und jetzt sah er, zu seinem Schrecken, dass ihre Füße nicht auf dem Boden gingen, sondern dass sie mit jedem ihrer Schritte die Erde durchpflügte, mit einer Leichtigkeit, als schreite sie durchs Wasser. Und der Rauch, der von ihren Schritten aufstieg, war das Zeichen eines Brandes, der die Erde selbst befiel wie ein Gift oder ein sengendes Feuer.
    »Wer bist du?«
    »Ich bin die schwarze Schwester des Mondes. Wenn der Mond verlöscht und die Sonne verdunkelt, dann ist meine Stunde gekommen. Ich bin die Mórrigan, die Große Königin. Man nennt mich die Krähe der Schlacht. Wenn die Krieger am Abend die Gefallenen bergen, dann bin ich mitten unter ihnen. Wer trauert mehr um die Toten denn ich? Mein ist die Rache …«
    Hagens Gedanken rasten. Irgendwie musste es ihm gelingen, Gunhild – oder wer immer diese Frau war, die da vor ihm stand – zu überzeugen, dass dies alles ein Irrtum war, dass man sie alle in eine ausweglose Situation hineinmanövriert hatte. Doch die Schuld, die auf ihm lastete, lähmte ihn. Und es hätte auch keinen Zweck gehabt. Die

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