Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
Vom Netzwerk:
gestützt und sah aufmerksam zu. Wie es ihm gebührte, wurde er auf den Balkon der Advokatin geführt, um seinen Preis in Empfang zu nehmen – das Goldene Laub der Konkordanz, zusätzlich mit eingraviertem Pfeil und Bogen geschmückt. Herine klatschte die Hand auf Tulines Bein und bedeutete ihr, sich ordentlich hinzusetzen, als der Mann staubig und entzückt durch die Vorhänge trat. Mit einer tiefen Verbeugung nahm er den Preis entgegen.
    »Eine höchst beeindruckende Vorführung«, lobte Herine.
    »Danke, meine Advokatin«, sprudelte es aus ihm hervor. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal hier vor Euch stehen würde. Es gibt so viele, die noch besser sind.«
    »Die meisten davon sind in Tsard«, murmelte Tuline.
    Herine schoss einen bösen Blick auf ihre Tochter ab. Das würde ein Nachspiel haben. »Bitte achte nicht auf meine unwissende Tochter.« Sie lächelte. »General Gesteris könnte aber sicherlich einen so geschickten Mann wie dich an seiner Seite brauchen.«
    Der Sieger errötete. »Er braucht mich doch nicht, um den Sieg für die Konkordanz zu erringen«, sagte er. »Aber wenn er mich ruft, dann will ich sicherlich folgen.«
    Herine küsste ihn auf die Stirn, und die Jubelrufe setzten wieder ein. »Du bist eine Zierde der Konkordanz, Bürger. Genieße den Augenblick deines Ruhmes.«
     
    Nunan stand bei seinen Hastati und stärkte ihnen den Rücken, obwohl sie es mit der Angst bekamen und ihr Selbstvertrauen dahinschwand. Neben ihm wartete ein zitternder, höchstens achtzehn Jahre alter Bursche auf den Befehl, sich in den Kampf zu stürzen. Den ganzen Tag hatte er herumgestanden und zugesehen, wie seine Kameraden hart kämpften, verletzt oder getötet wurden oder sich zurückzogen, um sich auszuruhen. Bald war auch er an der Reihe, an die Front zu gehen, und seine Furcht stand ihm unter dem Helm deutlich ins Gesicht geschrieben. Er kauerte förmlich hinter seinem Schild.
    Jetzt hagelte es wieder Steine, dass der Boden bebte. Hinter ihm wurden Männer zu Brei zerquetscht. Der Gestank von Erbrochenem und Urin mischte sich in den Geruch von Schweiß, Leder und Blut.
    Nunan entging nicht, dass der Bursche sich sehr beherrschen musste, um nicht einfach wegzurennen.
    »Kennst du mich, Bürger?«, sagte er. Er hatte sich einen Schild von den Triarii geliehen und vor sich aufgestellt, um vor den willkürlich abgeschossenen Pfeilen geschützt zu sein.
    »Ja, Meister Nunan.«
    »Dann bleibe neben mir. Wir werden Seite an Seite kämpfen. Nur Mut, die Kavallerie wird die Onager zerstören, und dann werden wir siegen.«
    »Ja, Herr.«
    Auf dem Schlachtfeld herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. Nunan hatte vergessen, wie das war, und spürte die Anspannung auch in seinen Muskeln, während er wartete. Drei Reihen weiter, vorn an der Front, stießen die konkordantischen Soldaten ihre Schilde nach vorn und schufen sich etwas Platz, um mit dem Gladius nachzusetzen. Die Tsardonier mit ihren längeren Säbeln und den ovalen Schilden blockten ab und konterten. Es hatte noch nicht viele Tote gegeben, aber der Boden war schon voller Blut, das sich mit dem Schlamm mischte. Die Todesschreie der Kämpfer, die unvermittelt ertönten, versetzten ihm wie immer einen Stich ins Herz.
    »Schildwall!«
    Der Befehl wurde durch die Reihen weitergegeben. Die Schilde kamen hoch und deckten die Kämpfer von oben. Über ihnen pfiffen Steine hinweg. Nunan hielt den Atem an. Neben ihm betete der Bursche mit zusammengebissenen Zähnen. Die Steine schlugen ein. Gleich rechts von ihm lag ein Kreis der Zerstörung im hellen Tageslicht. Nunan schwankte nach dem nahen Einschlag, Männer und Frauen kreischten. Schlamm spritzte hoch in die Luft und zu den Seiten. Er wandte unwillkürlich den Kopf ab, als die feuchten Brocken seinen Helm trafen.
    Dann blickte er wieder zum Burschen, der sein Schwert fallen gelassen hatte und seine Hände anstarrte. Sie waren wie sein Gesicht mit Blut bedeckt, und seine Augen verrieten, dass er jeden Augenblick die Fassung verlieren konnte.
    »Verlasse das Schlachtfeld«, befahl Nunan ihm. »Geh mit meinem Segen.«
    Doch der Junge stand nur da, während der Manipel sich um ihn bewegte und die entsetzlichen Schreie der Zerquetschten das Krachen von Stahl auf Stahl übertönte.
    »Vorstoßen«, befahl Nunan. »Seid stark und haltet die Ordnung.«
    Die Zenturionen nahmen seinen Ruf auf, aber auf dem Schlachtfeld ertönten immer mehr Schreie. Sie klangen panisch und ängstlich, und zum ersten Mal in seiner ganzen

Weitere Kostenlose Bücher