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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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behüte uns, die wir deine Diener sind«, murmelte er. »Wir bitten dich um Gnade.«
    »Er hat sich von uns abgewandt«, zischte Kari. »Vergeude nicht deine Zeit mit Gebeten, sondern kümmere dich lieber darum, deine Familie zu retten.«
    Jesson zuckte beschämt zusammen. Er ging zu ihnen hinüber, allmählich klärten sich seine Gedanken. Draußen verklangen die Hufschläge, allerdings hörte er aus nördlicher Richtung immer noch Menschen rennen, außerdem ängstliche und erschrockene Rufe, das Krachen dünner Balken.
    »Wir sind hier am richtigen Ort«, sagte er, indem er sich vor sie hockte und seinem Sohn übers Haar strich. »Wenn sie vorbeikommen, können sie uns nicht sehen. Falls sie ein Feuer legen, können wir nach hinten oder nach vorne entkommen, oder wir fliehen, wenn nötig, durchs Lager und das Wohnzimmer. Unsere Wertsachen haben wir bei uns. Gott wird über uns wachen.« Als er die letzten Worte aussprach, sah er Kari fest an. Sie musste ihm glauben.
    »Dann können wir im Augenblick nichts weiter tun als warten?«
    »Ich bin kein Kämpfer«, erwiderte Han. »Wir gehören hierher.«
    Im benachbarten Geschäft ertöte ein lautes Poltern. Durch die Wand drangen fremde Stimmen herüber, dann ein Schleifen, als würde Holz über Stein geschleppt. Unverkennbar auch das Knacken von Flammen.
    »Wir werden hier drinnen verbrennen«, sagte Kari verzweifelt. »Warum sind wir nicht gleich beim ersten Angriff weggelaufen?«
    Er konnte ihren Blick nicht erwidern, sondern richtete sich nur auf und wich zurück. »Wir müssen verteidigen, was uns gehört.«
    »Womit denn? Wir sind nicht hinausgegangen, weil du zu große Angst hattest, dich zu bewegen. Jetzt sitzen wir in der Falle. Wird dein Gott uns vor den Flammen und den Klingen retten?«
    Die Läden wurden aufgebrochen, die Holzsplitter regneten in den Laden. Vom Rauch und den Flammen auf der anderen Straßenseite umringt, blickte ein Reiter herein. Zufrieden nickte er, rief etwas und sprang durch das Loch herein. Zwei weitere Reiter zertrümmerten die breite Vordertür. Kari kreischte und presste Hanson an sich. Han stellte sich vor sie. Mehr konnte er nicht tun.
    Mit erhobenen Händen wollte er die Angreifer aufhalten.
    »Lasst sie in Frieden«, sagte er mit bebender Stimme.
    Sie hielten nicht einmal inne. Die mit leichten Rüstungen und Reitmäntel bekleideten Angreifer näherten sich, einer versetzte ihm mit der Rückhand einen Schlag vor den Kopf, dass er gegen einen anderen Mann taumelte. Der Geruch von Schweiß und gefettetem Leder stieg ihm in die Nase. Er wehrte sich, aber die anderen waren zu stark. Einer drückte ihm die Schwertspitze in die Seite, und er fügte sich.
    Ein Reiter beugte sich hinunter und brüllte die kreischende Kari an. Er wiederholte die Worte, und als sie sich nicht rührte, riss er den Jungen aus ihren Armen und übergab ihn einem anderen Mann.
    »Schon gut«, quetschte Han heraus. »Bleib ruhig.« Tränen rannen ihm über die Wangen. »Bitte tu uns nichts«, sagte er. »Bitte.«
    Der Reiter drückte ihm die Schwertspitze etwas fester in die Seite. Sein Kamerad versetzte der kreischenden Kari eine Ohrfeige, um sie zum Schweigen zu bringen. Dann fasste er mit einer behandschuhten Hand ihr Kinn und drehte mit anerkennendem Grunzen ihr Gesicht hin und her.
    »Lass sie los.« Wieder begann Han, sich zu wehren. »Lass sie sofort los, du tsardonischer Bastard.«
    Die Schwertspitze bohrte sich in seine Haut und drang ein Stückchen ein. Die Schmerzen waren außerordentlich. Heißes Blut lief an seiner Seite herab.
    Der Reiter packte Karis Kleid am Halsausschnitt, und es sah danach aus, als wollte er es zerreißen, aber dann richtete er sich auf, zog sie hoch und stieß sie vor sich her.
    »Han, hilf mir!«, kreischte sie. »Hilf uns!«
    Doch mit der Schwertspitze in der Seite konnte Han sich nicht wehren. Hilflos musste er zusehen, wie sein Sohn und seine Frau aus dem Geschäft auf die Straße gescheucht wurden. Abrupt zog der andere Mann das Schwert zurück. Han drehte sich um, doch der Tsardonier versetzte ihm einen festen Stoß. Wütend starrte er zum harten Gesicht hoch, ballte die Hände zu Fäusten und griff an, während er nach seiner Frau und seinem Kind rief.
    Der Reiter lachte nur und schlug Han den Schwertgriff auf die Schläfe.
    Von Gullford bis nach Haroq, der Hauptstadt von Atreska, war es ein voller Tagesritt. In allen Einzelheiten hatte er seine Leute Atreskas Bücher überprüfen lassen, bevor er die Steuern für das

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