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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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aber immer noch unwirscher Stimme.
    Hilfe suchend sah sie sich zu Kessian um. »Was soll ich tun, Vater?«
    »Versuche, die Flammen aus der Holzkohle zu locken. Halte sie in den Händen, wenn du kannst. Lenke sie, wenn du dich stark genug fühlt. Versuche aber nichts, was du nicht kontrollieren kann.«
    »Ich glaube, ich kann überhaupt nichts kontrollieren«, erwiderte sie.
    »Du weißt schon, was ich meine.«
    Bryn hatte skeptisch die Augenbrauen hochgezogen, und die übrigen Mitglieder der Autorität, die den Vorfall im Hof nicht gesehen hatten, teilten seine Verwunderung.
    »Ich versuche es«, sagte Mirron.
    »Braves Mädchen«, erwiderte Kessian. »Lass dir Zeit.«
    Sein Herz raste, als Mirron sich zum Schmiedefeuer umwandte. Sie stand auf einem Hocker, damit sie auf das Feuer hinabblicken konnte. Bryn war dicht hinter ihr, um sie zu schützen, obwohl das nicht nötig war. Kessian konnte sie jetzt nur noch von der Seite sehen. Sie trug ein ärmelloses Kleid und hatte die Haare hinter dem Kopf zusammengebunden. Schließlich streckte sie die Arme zum Feuer aus, und aus Kessians Blickwinkel sah es aus, als würden ihre Hände im Schmiedeofen verschwinden.
    Während sie sich vorbereitete, wurde Mirrons Gesichtsausdruck ruhiger. Genna drückte Kessians Hand, die auf dem Gehstock ruhte. Hinter ihm stand Hesther, die Hände auf seine Schultern gelegt. Er schwitzte stark im Gesicht und am ganzen Körper und betete darum, dass Mirron wiederholen konnte, was sie schon einmal getan hatte.
    »Ich bin eins mit dem Feuer«, erklärte sie, »und verstehe seine Kraft. Die Holzkohle ist von ausgezeichneter Qualität, Bryn, aber der Torf ist auf der linken Seite etwas zu dick ausgelegt. Da ist eine kühle Stelle. Lass mich …« Sie bewegte sie Hände, Kessian hörte Holzkohlen knirschen. »Da. Jetzt kannst du Stahl schmieden.«
    »Danke«, sagte Bryn. Etwas verlegen lächelte er.
    »Jetzt herrscht überall die gleiche Hitze«, fuhr Mirron fort.
    Sie zog die Hände etwas zurück, und nun kam wieder Bewegung in ihr Gesicht, als sie über das nachdachte, was sie als Nächstes versuchen musste. Sie nagte an der Oberlippe und atmete tief durch. Kessian sah, wie ein Schauder durch ihren ganzen Körper lief, sie schwankte sogar ein wenig. Bryn legte ihr eine Hand auf den Rücken, um sie zu stützen.
    Endlich schloss Mirron die Augen und riss sie fast sofort wieder auf. Das Feuer glühte heißer und warf einen hellen Schein unter die Decke der Schmiede. Alle wichen unwillkürlich einen Schritt zurück, auch Kessian zuckte auf seinem Stuhl zusammen. Er beobachtete Mirrons Gesicht. Zuerst schien sie ängstlich, dann folgte etwas wie Neugierde und sogar Heiterkeit. Sie riss die Augen weit auf und entspannte sich.
    Als Nächstes zog Mirron die Hände weiter aus der Holzkohle zurück und drehte die Handflächen nach unten. Die Temperatur im Schmiedeofen stieg. Züngelnde Flammen folgten den Bewegungen ihrer Hände, legten sich darum, schienen sie sogar zu streicheln und tauchten sie in ein warmes, orangefarbenes Licht. Kessian beugte sich mit angehaltenem Atem vor. Die Wärme, die ihn jetzt durchflutete, hatte wenig mit dem Schmiedofen zu tun. Staunend beobachtete er, was das Mädchen tat, und ein rascher Blick zeigte ihm ganz unterschiedliche Emotionen bei den Mitgliedern der Autorität und reine Freude bei Gorian und Arducius.
    Die Flammen spielten über Mirrons Unterarme, als folgten sie den Bahnen ihrer Nerven oder Adern. Dabei schien das Mädchen jederzeit die Kontrolle zu behalten. Sie drehte die Handflächen zueinander, und die Flammen sprangen über die Spanne von etwa zwei Fuß hinweg. Das Flackern ließ nach, und schließlich entstand zwischen ihren Händen eine Art Röhre, die vom darunter brennenden Feuer gespeist wurde. Mirron bewegte leicht die Hände und verformte die Röhre, bis sie sich nach oben bog. Die junge Aufgestiegene leckte sich die Lippen.
    »Kannst du uns sagen, wie du dich fühlst und was du siehst?«, fragte Kessian.
    Mirron schwankte auf dem Hocker, die Flamme spuckte und erstarb. Das Mädchen sank in Bryns Arme.
    »Oh mein Kind, es tut mir leid«, sagte Kessian. »Ich habe deine Konzentration gestört.«
    Mirron sah ihn an, ein wenig entrückt zwar, aber offensichtlich sehr mit sich zufrieden.
    »Ich habe versucht, mit der Flamme zu reden, aber sie wollte nicht länger bleiben«, erklärte sie. »Es war schön.«
    »Das war es wirklich«, stimmte Kessian zu.
    »Nein«, sagte sie. »Innen drin.«
    »Was meinst

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