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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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Leben des Baums, und seine Energie zu benutzen, um Flammen zu erschaffen, kam ihr falsch vor. Andererseits war es nur ein Experiment.
    Die Lösung war dann doch nicht so schwer zu erkennen. Wenn Mirron das Wachstum eines Baums beschleunigen wollte, musste sie lediglich ihre hellen, schnellen Energien auf die Lebenslinien in den Wurzeln des Baums richten und das schlummernde Wachstumspotenzial aus den Wurzeln nach oben treiben. Ihre Lebenskraft verstärkte dann das Wachstum. Es war anstrengend, aber wirkungsvoll. Wenn sie nun die Energie des Baumes umlenken wollte, um ein verwandtes Wesen wie eine Blume wachsen zu lassen, diente sie selbst als Kanal und Verstärker für die Energie, aber es war im Grunde der gleiche Vorgang.
    Auch um ein Feuer zu erzeugen, konnte sie die Energie umlenken, ohne ihr jedoch ein Ziel zu geben. Vielmehr musste sie das Energiemuster des Feuers in ihrem Geist erschaffen und in ihrem Körper festhalten. Also würde sie, überlegte Mirron, die sanfteren Lebenslinien des Baums zur gröberen, schnelleren Struktur des Feuers verdichten und die Energien vorübergehend in ihrem eigenen Körper einsperren. Das würde ihr nicht wehtun. Draußen in der Luft konnte sie die Flammen jedenfalls nicht erschaffen, weil die Windteufel sie sonst fortreißen würden, und dann wären sie verloren.
    Sie streckte die linke Hand aus und konnte beobachten, wie ihre rosafarbene glatte Hand von hellen Lebenslinien überlagert wurde, während die rechte Hand die Verbindung zum Orangenbaum hielt. Im Vergleich zu ihr selbst war die Energie in den Wurzeln, Ästen und Blättern unendlich. Sie zupfte an einzelnen Energiebahnen und lenkte das Dunkelgrün und Braun in ihren Körper um. Wie immer keuchte sie, als sie die relativ alte Kraft in sich spürte.
    Nun konzentrierte sie sich stärker denn je, weil sie wusste, dass Vater Kessian sie beobachtete, und benutzte die Bahnen ihres Körpers, um die Energie des Baums zu umhüllen und zusammenzudrücken. Vor ihrem inneren Auge wuchs die Energiestruktur des Feuers in ihrer Handfläche. Dunkles, pulsierendes Rot und strahlendes Gelb, das an den Rändern in den Himmel entfloh, während der größte Teil von der Basis aus in ihren Körper zurückströmte, um den Kreis zu schließen.
    Als Nächstes konnte sie sich überlegen, wohin sie das Feuer richten wollte. Willem hatte bereits etwas vorbereitet. Er legte ein Dreieck aus toten Zweigen auf eine Steinplatte, damit die graue und schwarze Signatur deutlich hervortrat. Sie streckte die Hand zum Brennstoff aus und wollte das Holz berühren, um die Energie zu übertragen.
    Doch die durch sie strömende Lebenskraft des Baums war viel zu stark. Ohne ein Ziel direkt vor sich zu haben, konnte sie die Gewalten kaum noch bändigen, nachdem sie den Zyklus aufgebrochen hatte. Der Baum pulsierte viel zu heftig, und die Energiestruktur des Feuers, die sie erschaffen hatte, suchte ein Ziel. Ihre Hand war dem toten Holz nicht nahe genug, doch in der Nähe gab es einen anderen Brennstoff.
    Kreischend sprang Mirron hoch und stolperte rückwärts. Ihre Kleider und die Haare brannten lichterloh, es knisterte, und eine Rauchwolke stieg auf. Die Flammen loderten vor ihren Augen, und der Gestank drang ihr in die Nase. Sie hörte aufgeregte Rufe in der Nähe. Das Feuer war heiß, heißer noch als die Schmiede. In seinem Zentrum war es rein und wurde erst beschmutzt, als es ihre Kleider und Haare als Brennstoff benutzte.
    Der Schreck war rasch überwunden, und dann atmete sie die Kraft ein. Das war ein Fehler. Der Rauch von ihren brennenden Kleidern ließ sie husten. Dennoch fühlte sie sich gestärkt und gereinigt. Als jemand ihr Wasser über den Kopf kippte, hatte sie sogar einen Moment lang das Gefühl, etwas verloren zu haben. Einen Augenblick stand sie da und betrachtete ihre Füße, ohne sich ihrer Nacktheit zu schämen. Die Autoritäten und die Aufgestiegenen umringten sie.
    Dann hob sie den Kopf und kratzte sich am Schädel. Ihre Haare waren verschwunden. Sie lächelte und hätte beinahe laut gelacht. Eigentlich hätte sie entsetzt sein müssen, aber sie fühlte sich unglaublich lebendig. Außerdem verstand sie, was geschehen war. Sie hätte die Energie des Baums wieder zu einem Kreis schließen und sich von ihr lösen müssen, ehe sie versuchte, die Struktur des Feuers, die sie erschaffen hatte, auf irgendein Ziel zu richten. Sie wusste nur nicht, wie sie das hätte anfangen sollen. Sie hatte lediglich eine kleine, reine Feuerstruktur erschaffen

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