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Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich

Titel: Die Kinder von Estorea 01 - Das verlorene Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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und dennoch dem Baum unverhältnismäßig viel Energie entzogen. So viel hatte sie verschwendet, weil sie nicht fähig gewesen war, die Kräfte in sich zu bündeln. Es musste einen besseren Weg geben.
    Mirron seufzte und nickte, um die anderen zu beruhigen. Sofort wich die Sorge in ihren Gesichtern der Neugierde, etwas zu erfahren.
    »Also«, sagte sie. Ihre Stimme war vom Rauch noch etwas heiser. »Es ist also möglich.«
    »Aber gewiss«, bestätigte Vater Kessian.
    Lautes Lachen ertönte im eingefriedeten Garten.

 
12

     
    847. Zyklus Gottes, 10. Tag des Dusasauf
    14. Jahr des wahren Aufstiegs
     
    E storr. Hauptstadt der Estoreanischen Konkordanz. Prächtig erstrahlten die weißen und roten Bauten der Stadt in der ersten Morgensonne. Näherte man sich ihr nach einer Reise über das Tirronische Meer, dann nahm sie während der letzten Stunden der Fahrt den ganzen Horizont ein. Es war ein Anblick, der das Herz erfreute und jeden Einwohner mit Stolz erfüllte.
    Paul Jhered stand, den Mantel um sich geschlungen und als Schutz vor der Kälte die Kapuze über den Kopf gezogen, im Bug der Falkenpfeil. Über ihm blähte sich das Hauptsegel im starken Wind und trieb sie auf den letzten Meilen kräftig an. Im Herzen des Segels prangte stolz das Wappen der Einnehmer.
    Die Außenmauern des großen, mit Zement und Stein befestigten Hafens ragten eine halbe Meile weit ins Meer hinaus. Wie Krebsscheren mit jeweils einer Festung an der Spitze umarmten sie den geschützten Bereich. Auf den Flachdächern der Befestigungen standen Triboken, und auf drei Terrassen bis hinunter zum Meer und zum Hafen konnten Bailisten Steine verschießen. Jeder Feind würde mit einem vernichtenden Feuer eingedeckt, und zugleich diente die Anlage als Warnung davor, mit Schmuggelgut oder Flüchtlingen unerlaubt den Hafen zu verlassen. In den Molen des Hafens waren Liegeplätze mit tiefem Wasser ausgespart, in denen auch die größten Handelsschiffe und Kriegsschiffe anlegen konnten. In den flacheren Bereichen und am Ufer, wo das Wasser still war wie ein Mühlteich, drängten sich Fischerboote.
    Hinter dem Hafen breitete sich die mächtige, von eigenen Mauern geschützte Stadt nach Norden und Süden an der Küste aus und erklomm die Hänge eines Hügels ‚Dessen Gipfel war schon vor Jahrhunderten eingeebnet worden, um Platz für den ersten Palast der Konkordanz zu schaffen. Jhered hatte oft gesagt, jeder Bürger sollte einmal die Gelegenheit bekommen, die Stadt vom Meer aus zu sehen. In der ganzen Konkordanz gab es keinen vergleichbaren Anblick, wie gerade er aus reicher eigener Erfahrung bezeugen konnte.
    Estorr erstreckte sich vor ihm wie eine Landkarte. Er konnte die breiten, von Bäumen gesäumten und mit Flaggen geschmückten Prachtstraßen erkennen, die sich wie die Speichen eines Wagenrades zu den Hügeln und hinauf zum Palast erstreckten. Dazwischen drängten sich Häuser und Geschäfte in einem Gewirr schmaler Straßen und Gassen. Zement und Stein waren weiß gekalkt und mit vielen Farben geschmückt, was den Häusern eine individuelle Persönlichkeit verlieh und zuweilen auch der Werbung für die Geschäfte diente.
    Je höher eine Wohngegend lag, desto größer der Wohlstand. Hier und dort lockerten Parkanlagen das Häusermeer auf, hinter sorgsam modellierten Gärten und Vorhängen aus hohen, zu Formen geschnittenen immergrünen Pflanzen erhoben sich Villen. Im Süden ragte die Hauptarena fünf Stockwerke hoch in den Himmel. Die von dort aus zum Palast führende Prachtstraße war breit und auf voller Länge mit Flaggen geschmückt. Neben der Arena war der wunderschöne, ehrwürdige Garten der Advokatur angelegt. Auf kannelierten Säulen an den Wegen oder um Springbrunnen angeordnet standen dort die Statuen früherer Advokaten.
    Im Zentrum der Stadt herrschte auf dem ringsum von Säulengängen umgebenen zentralen Forum reges Leben. Es war der größte offene Platz in Estorr. Im Norden schloss sich ein Amphitheater an, im Süden ein Oratorium, in der Mitte drängten sich die Menschen. Hier pulsierte das städtische Leben so intensiv wie nirgends sonst.
    Wenn das Forum das Herz der Stadt war, dann stellten die drei Aquädukte seine Schlagadern dar. Die erstaunlichen Bauwerke beförderten auf Doppelbögen das Wasser zu den Brunnen und Leitungen, den Teichen und kleinen Seen der Stadt und beherrschten das höhere Gelände jenseits der Metropole. Wie immer aber wanderte Jhereds Blick unweigerlich zum Palast, der auf alles herabblickte, was er

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