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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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strahlend vor Kraft, im Zaum gehalten durch die Lebenslinien der Aufgestiegenen. Langsam, ganz langsam griff Arducius mit seinem Geist hinaus und ahmte die Bewegung mit der rechten Hand nach. Zusammen konnten sie die nötige Kontrolle ausüben. Als Arducius den Kreis seiner eigenen Lebensenergie öffnete und sich mit dem Ozean verband, keuchte er unwillkürlich.
    Eine unglaubliche Gewalt war es. Er musste sie nicht einmal verstärken und würde schon seine ganze Kraft brauchen, nur um sie im Zaum zu halten. Sofort stieg das Wasser am Schiff empor. Es schwappte um seine Knie, seinen Körper hinauf und schoss über das Heck wieder nach draußen, um den Kreis zu schließen.
    »Ruhig, Mirron. Spürst du, wie es dich mitreißen will?«
    »Ja.«
    So fühlte es sich an. Als wären sie ein Teil der Wellen und der Dünung des Meeres. Arducius wusste, was er nun zu tun hatte. Als die nächste Welle kam, ließ er sie laufen, bis sie beinahe die Festungen des Hafens erreichte. Dann hielt er das Wasser fest und ließ die nächste Welle auflaufen. Der Wellenberg wuchs.
    Jedes Mal verlor er ein wenig seiner Energie und seiner Lebenskraft, denn es war anstrengend, das Meer still zu halten. Weiter und weiter baute er die Wellen auf. Das Schiff schwamm zur wachsenden Wand aus Wasser, die direkt aus dem Meer emporwuchs. Er hörte, wie der Kapitän einen Befehl rief und die Ruder eintauchten, um zum Fuß der riesigen Welle auf Abstand zu gehen.
    »Es ist genug, Arducius, es reicht«, sagte Mirron.
    »Warte noch«, sagte er. »Paul wollte, dass sie sich fürchten, und das können wir ihm geben.«
    Welle auf Welle speiste die turmhohe Barriere, die unablässig weiterwuchs. Zwanzig Fuß, vierzig, sechzig. Er wollte einen Berg erschaffen. Einen lebenden, mächtigen Berg, der in der Morgensonne schimmerte. Der Umriss schwankte. Wind peitschte die Krone und riss feine Gischt heraus. Er hörte auch ein dumpfes Dröhnen, wenn das Wasser sich in der Mauer um sich selbst drehte.
    Dann schauderte er und konnte den Berg nicht weiter aufbauen. Er bewunderte, was er geschaffen hatte. Hundert Fuß hoch, vielleicht noch höher, und sechzig Fuß mächtig stand die Welle vor der Hafeneinfahrt. Wie die Hand eines Riesen erhob sie sich aus dem Meer, und die flatternde Krone waren die Finger, die der Wind zu immer neuen Formen peitschte. Sie reichte von einer Festung bis zur anderen und war wundervoll.
    »Da müsst ihr erst einmal durchkommen«, murmelte er.
    Allerdings fragte er sich, ob er wirklich genug Zeit herausschinden konnte, damit die Ocetanas Estorr erreichen konnten.
     
    In einem Winkel des Palasts von Estorr klammerte sich Hesther an Arvan Vasselis, während die übrigen Autoritäten zur Barriere vor den Hafenfestungen hinunterblickten. Auf den Molen hatte sich eine Menschenmenge gesammelt. Natürlich war auch der Orden stark vertreten, um die Erscheinung als Strafe des Allwissenden zu schmähen. In einem Augenblick hatten sie die riesige tsardonische Flotte anrücken sehen, und im nächsten hatte sich das Wasser aufgetürmt und war schneller emporgestiegen, als ein Mann laufen konnte. Die Menge war in Panik geraten, einige rannten weg oder knieten nieder, um zu beten. Andere standen nur da und gafften die Wand aus Wasser an, die den Hafen zerstören konnte. Viele gaben böse, zornige und ängstliche Laute von sich.
    Hesther weinte und wusste nicht, ob es Glück, Erleichterung oder Furcht war.
    »Sie sind da draußen«, quetschte sie heraus. »Guter Gott, Arvan, unsere Kinder sind da draußen.«
     
    Die Schlacht lief nicht gut für sie. Schon vertrieb die Morgendämmerung die Schatten, und so unausweichlich wie der Sonnenaufgang schien der Sieg der Tsardonier. Die Leviumkrieger hatten so viele feindliche Geschütze ausgeschaltet, wie es ihnen nur möglich gewesen war. Elise Kastenas hatte die Steppenkavallerie vernichtet. Aber jetzt waren die Leviumkrieger irgendwo hinter den Feinden abgeschnitten, und Elises Pferde waren viel zu erschöpft, um noch einen Schritt zu tun.
    Die Tsardonier hatten das Torhaus eingenommen, die Katapulte darüber waren von den Bedienmannschaften selbst zerstört worden. Inzwischen wurde schon mitten auf dem Gelände gekämpft. Die hintere Wand war auf fünfzig Schritt Länge niedergerissen. Gesteris saß in der Falle. Davarov und Cartoganev hatten es nicht geschafft, bis in die Einfriedung vorzudringen. Selbst die Wurfmaschinen feuerten nur noch vereinzelt, denn ihnen ging die Munition aus, und sie hatten in der

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