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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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nicht weniger beeindruckend. Die ganze Insel Kester fiel von Süden nach Norden ab, bis sie in einer Reihe hoher Felsnadeln endete, die man die Lanzen des Ocetarus nannte. Ocetarus war der atreskanische Gott des Meeres. Die Gezeitenströmungen zwischen den Felstürmen machten auch die Zufahrt von Norden her gefährlich, und so hatten die Ingenieure der Konkordanz es vorgezogen, die Häfen an den Flanken der Insel zu bauen.
    Arducius starrte den Fels an, sein Blick wanderte über die rissige, vernarbte Wand, in der unzählige Seevögel nisteten. Gegen ihren Fuß donnerten die Wellen und brachen sich nahe an der untersten einer großen Zahl von Festungsanlagen. In verschiedener Höhe waren sie auf Vorsprüngen gebaut oder in die nackte Wand eingesetzt worden. Fast schien es, als rieselten sie, ein wenig heller als der Fels, an den sie sich klammerten, langsam herunter wie die schweren Blüten einer Weide. Im Zwielicht funkelten Lichter, und die Metallteile der Onager und Bailisten schimmerten. Es mussten Hunderte von Geschützen sein, die dort in der löchrigen Wand verteilt waren.
    Er hatte gelesen, dass sich dahinter ein Gewirr von Kasematten erstreckte, die Waffenkammern, Werkstätten und Unterkünfte für Tausende von Kämpfern miteinander verbanden. Alle führten schließlich zum höchsten Punkt der Insel, deren natürliche Gras- und Baumlandschaft einer von Menschen erschaffenen Hochebene hatte weichen müssen. Dort oben befand sich der große Palast, die Stadt und die Festung der Ocetanas, der Marine der Konkordanz.
    Selbst aus diesem Winkel und aus dieser Entfernung, mehr als fünfzehnhundert Fuß tiefer, waren die Gebäude beeindruckend.
    Wachtürme umringten die Hochebene, die die ganze Breite der Insel einnahm. Wehrgänge, auf denen mit Leinwand abgedeckte Geschütze standen, verbanden die Türme miteinander. Dahinter waren gerade noch die obersten Stockwerke des Palasts zu erkennen, auf dem die Flagge der Konkordanz und das Banner der Ocetanas flatterten. Letzteres hing ein wenig tiefer als das Hoheitszeichen der Konkordanz und zeigte ein Schiff in Seitenansicht unter der Sonne auf einem wogenden Meer.
    Alle Steine waren von einem blendenden Weiß, alle Dachziegel flammend rot. Die Türme an den Ecken des Plateaus beherrschten weithin das Meer. In Anlehnung an die klassische gesternische Architektur waren sie in der Mitte vorgewölbt.
    Eines Tages, so beschloss Arducius, würde er diesen Ort besuchen. Er wollte auf den langen, gewundenen Wegen zur Hochebene hinaufsteigen oder mit den Aufzügen fahren, die sogar stark genug waren, um schwere Gebäudeteile zu heben. Er würde durch die Stadttore schreiten und die weiten Felder sehen, die es der Insel erlaubten, sich selbst zu versorgen. Er würde sich die Pumpen anschauen, die das Wasser aus tiefen unterirdischen Flüssen förderten oder das Regenwasser verteilten, das in Auffangbecken gespeichert und zur Bewässerung und für die Springbrunnen benutzt wurde. Die diamantene Stadt. Der Ort, den kein Feind jemals einnehmen konnte, selbst wenn die ganze Konkordanz stürzte.
    Jemand fasste ihn am Arm. Kovan.
    »Schau nur, Ardu, schau.«
    Das Schiff umrundete eine Mauer aus Fels und Zement, die im Süden einen der vier großen Häfen der Insel Kester begrenzte. Dort lagen Schiffe vor Anker oder an Liegeplätzen. Hinter den mächtigen Seetoren, die gewaltige Höhlen schützten, waren gerade eben die Masten weiterer Schiffe zu erkennen. Überall waren Schiffe. Triremen, Galeeren, Fregatten und Spornkorsaren. Zum ersten Mal seit Vater Kessians Tod musste er lächeln. Er hätte nie gedacht, einmal einen Spornkorsaren zu sehen, von einem Dutzend ganz zu schweigen.
    Sie waren die Schiffe der Ocenii, der Eliteeinheit der Marine. Sie sahen böse aus. Bunt bemalt, besonders der Rammsporn, und niedrig im Wasser liegend. Sie dienten nur einem einzigen Zweck: sich kraftvoll und schnell in den Feind zu bohren, damit die besten Kämpfer der Konkordanz auf das Deck des feindlichen Schiffs springen konnten. Die Krieger waren mit Schwert und Kompositbogen bewaffnet, setzten gelegentlich auch brennendes Pech ein und genossen einen unvergleichlichen Ruf.
    »Hast du sie jemals gesehen?«, fragte Arducius. »Ich meine die Ocenii.«
    Kovan nickte. »Einmal nur. Mein Vater hat mich hierher mitgenommen, damit ich ihnen bei den Übungen zusehen konnte. So schnell hast du noch niemanden übers Wasser fahren sehen. Wenn sie zuschlagen, dann schneiden sie die Riemen durch, mit denen sie vor

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