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Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann

Titel: Die Kinder von Estorea 02 - Der magische Bann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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nichts war gebrochen. Allerdings hatte er sich einige böse Prellungen eingehandelt, die Ossacer sich später ansehen musste. Vorausgesetzt natürlich, das Schiff ging nicht unter. Es war stockfinster, die Kerze war schon längst umgefallen und erloschen. Er schüttelte den Kopf und öffnete seinen Geist für die Energien in ihrer Umgebung. Wie eine Kaskade eiskalten Wassers, die alles andere fortriss, stürmten sie auf ihn ein.
    Gorians und Ossacers Energiefelder konnte er mit verblüffender Klarheit wahrnehmen. Beide saßen aufrecht, klammerten sich an die Seiten ihrer Kojen und ließen die Kraft des Sturms auf sich wirken. Da draußen, außerhalb ihrer winzigen Kajüte, tobte ein mächtiger Sturm, der sich im Süden entwickelt und das Schiff rasch eingeholt hatte, wie es Arducius’ Vorhersage entsprach. Vor seinem inneren Auge nahm er das Unwetter als grelles gelbweißes Licht wahr, das sich um sich selbst drehte und äußerst starke Energiefinger ausstreckte, die sich jedoch im nächsten Moment schon wieder auflösten.
    Arducius hatte den aufziehenden Sturm wie eine ständig schwerer werdende Last auf den Schultern wahrgenommen. Auch die anderen hatten es gespürt, wenn auch nicht so deutlich oder so früh wie er. Es war nicht klar, ob Patonia tatsächlich dichter an der Küste fuhr, aber es kam ihm nicht so vor. Wenn er mit seinem Geist hinausgriff, konnte er nirgends den stetigen Rhythmus des Landes wahrnehmen, aber das konnte auch daran liegen, dass der Sturm alles andere überdeckte.
    »Das ist unglaublich«, keuchte Gorian.
    »Mir wird davon übel«, klagte Ossacer.
    »Was für eine Überraschung«, spottete Gorian. Er war nach einer kurzen Phase der Reue, nachdem er den Matrosen geblendet hatte, längst wieder der Alte. Auch Arducius hatte geweint, als Gorian in seinen Gebeten Vater Kessian um Verzeihung angefleht hatte.
    »Haltet den Mund, ihr beiden, ich muss mich konzentrieren.«
    »Was ist denn los?«, fragte Ossacer.
    »Er wird stärker. Könnt ihr nicht sehen, wie er die Energie hoch oben aus dem Himmel holt?« Arducius konnte es jedenfalls erkennen. Wie Wasser, das durch einen Abfluss strömte. »Oh nein.«
    »Wohin willst du?«, fragte Ossacer.
    Arducius schob sich an der Wand hoch, als eine weitere Welle sie von hinten auf der Backbordseite traf. Ihre verstreuten Sachen rutschten auf dem Boden umher, und irgendjemand stieß sich den Kopf an einem Balken. Gorian grunzte.
    »Ein stärkerer Wind kommt auf, viel stärker. Ich muss Patonia warnen. Wir müssen in den Sturm hineinfahren.«
    »Du darfst nicht raus«, sagte Ossacer.
    »Sollen sie mich doch verprügeln, ich will nicht untergehen. Bleibt hier.«
    In diesem Augenblick flog die Tür auf. Patonia stand da, neben ihr ein Matrose, der eine Laterne hielt. Beide waren vom Kopf bis zu den Füßen durchnässt. Sie packte Arducius am Kragen seines Nachthemds.
    »Komm mit.«
    »Vorsicht«, protestierte er.
    Sie zerrte ihn hoch, bis sie ihm in die Augen sehen konnte. »Los jetzt, Hexenjunge. Es ist Zeit, mir zu beweisen, dass du in dieser Welt zu etwas nütze bist.«
    Patonia zerrte ihn eilig durch das stampfende Schiff, vorbei an den Ruderern, die verzweifelt versuchten, den Kurs zu halten. Es war ein wildes Durcheinander von brüllenden, grunzenden Männern, knarrenden Spanten und dem Donnern der Wellen, die über das Schiff hereinbrachen. Wasser spritzte aufs Deck und schwappte auf dem Boden hin und her. Niemand machte sich die Mühe, es abzuschöpfen. Arducius spürte die gemeinsamen Anstrengungen der Seeleute wie ein körperliches Wesen in seinem Geist. Eine Mauer der Entschlossenheit, die sich aus den Energiegestalten der angestrengt arbeitenden Männer gebildet hatte.
    Im Heck stolperte er die steile Stiege hinauf, als das Schiff in ein Wellental fiel. Hände zogen ihn durch die Luke nach oben in den Sturm hinaus. Die Welt war schwarz und in heftiger Bewegung. Unter ihnen rollten die Wogen und warfen sich immer wieder gegen das winzige Schiff, das verloren durch die Dunkelheit irrte. Die Wellen hatten Schaumkronen, und die Wolken hingen so niedrig, dass man sie beinahe greifen konnte.
    Er hielt sich an der Reling fest und suchte auf dem nassen, schlüpfrigen Deck einen sicheren Stand, um nach vorn zu blicken. Dort war niemand. Das Segel war gerefft und klapperte zusammengerollt am Mast. Drei Männer versuchten, das Ruder gerade zu halten und das Schiff vor dem Sturm laufen zu lassen, während der Regen sie von der Seite peitschte. Ein

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