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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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beobachtete sie misstrauisch.
    «Ein Dutzend Stockschläge sind uns sicher», jammerte Otto. «Wenn es schlecht läuft, sogar mehr.»
    Barbara zitterte am ganzen Leib. «Wenn das meine Mutter erfährt oder, noch schlimmer, der Meister, dann brauche ich mich nicht mehr sehenzulassen. Was sollen wir nur tun?»
    Auch Kathi wusste keine Antwort darauf. Eine Flucht war zwecklos, und Leugnen machte keinen Sinn. «Ganz so schlimm wird es nicht kommen. An einem Brandtag soll der Schultheiß immer gut gelaunt sein, sagen die Leute. Er hat gut gegessen und will sich dann nur noch hinlegen.»
    So ganz glaubte sie ihren Worten selbst nicht. Die Leute redeten zuweilen gehörigen Unsinn. Sie konnte nur hoffen, dass der Schultheiß mit der Gerichtsmahlzeit zufrieden war und folglich gnädig mit ihnen umsprang.
    Die alte Babette mischte sich in das Gespräch der Kinder nicht ein. Kathi sah sie in Erinnerungen versunken. Ihre Mutter hatte ihr erzählt, dass Babette schon einmal vor dem Schultheißen gestanden war. Ein boshaftes Weib hatte sie damals angeschwärzt. Die Anklage lautete auf Kindstötung. Dabei hatte sie sich nichts zuschulden kommen lassen. Neugeborene starben, das kam vor. Der Schultheiß hatte es mit zwanzig Stockschlägen bewenden lassen. Den Makel, eine Kindsmörderin zu sein, war sie aber nicht losgeworden. Was würde heute mit ihr geschehen? Sie hatte nichts Schlimmes getan, außer selbst hergestelltes Pflaumenmus und Honig zu verkaufen.
    Als sich Schritte näherten, zuckten sie alle zusammen. Das Tor ging auf, und herein kam der missmutige Schultheiß Weigand, gefolgt von einem ebenso ungeduldigen wie neugierigen Doktor Dürr.
    Als Babette den Hexenkommissar erkannte, drückte sie fest die Hand von Kathi. «Das will nichts Gutes heißen», flüsterte sie zur Seite. «Der Hexenkommissar arbeitet in der bischöflichen Kanzlei, das Rathaus aber ist Sache des Bürgermeisters und des Stadtrats.»
    Auch Kathi war der Anblick des Hexenjägers nicht geheuer. Wo er auftauchte, war das Unheil nicht weit. Seine dunklen Augen erfassten im Vorbeigehen Babette, die den Kopf gesenkt hatte. Kathi hingegen hielt seinem Blick stand, obwohl ihr nicht wohl dabei war.
    Grit schlug das Herz bis zum Hals, als sie Dürr erkannte. Er würde ihren frechen Auftritt an jenem Abend im Stachel sicher nicht vergessen haben. In was war sie da nur hineingeraten?
    «Mitkommen!», herrschte der Schultheiß die Wartenden an und ging eilig voran. «Wenn wir die Sache schnell hinter uns bringen, kann ich bald zu meinem Gänsebraten zurückkehren.»
    «Los, ihr habt es gehört», sagte ein Stadtknecht und schob Babette und die Kinder weiter. Der verletzte Stadtknecht humpelte hinterdrein.
    Grit folgte ihnen zaghaft. Zu weit würde sie sich der alten Babette und den Kindern nicht nähern. Der Schultheiß oder, schlimmer noch, Dürr, der Hexenkommissar selbst, könnte auf dumme Gedanken kommen.
    Sobald sich Weigand auf den Richterstuhl gesetzt hatte, polterte er auch schon los. «Stadtknecht, komm näher und sag, was vorgefallen ist. Ich habe für diesen Unfug nicht den ganzen Tag Zeit.»
    Der Verletzte trat vor ihn. «Gnädiger Herr», begann er und zeigte auf den kleinen Jungen neben sich, «dieser wild gewordene Bengel hat mit einem Messer auf mich eingestochen, als ich den Korb des alten Weibs überprüfen wollte.»
    «Ich hab kein Messer», widersprach Otto.
    «Schweig», herrschte Weigand ihn an. «Du bist später dran.» Er sah wieder zum Stadtknecht. «Sprich weiter. Wieso wolltest du den Korb der Alten kontrollieren?»
    «Sie hat Geschäfte getrieben, Herr. Ich wollte sehen, womit sie handelt.»
    Weigand wandte sich an Babette. Als sie aufblickte, erkannte er ihr faltiges Gesicht mit der leeren Augenhöhle. Angewidert lehnte er sich zurück. «Womit treibst du Handel, alte Hexe? Hüte dich, mich zu belügen.»
    «Ich verkaufe Pflaumenmus, Honig und Kräuter aus meinem Garten», antwortete sie. «Es ist nichts Verbotenes darunter.»
    «Wo ist dein Korb?»
    Babette zeigte auf einen der Stadtknechte. Weigand befahl, ihm den Korb zu bringen, dann zog er seinen Dolch und stocherte darin herum. Da waren eine Handvoll Kräuter und fünf kleine Töpfchen. Nichts Außergewöhnliches, über das man sich groß hätte Gedanken machen müssen. Er seufzte. Dafür hatte er also den Mittagstisch verlassen müssen.
    «Was ist in den Töpfen?»
    «Mus und Honig», antwortete Babette.
    «Beweise es.»
    Sie nahm ein Töpfchen aus dem Korb, öffnete es und bot es

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