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Die Kinderhexe

Die Kinderhexe

Titel: Die Kinderhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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musste mit ansehen, wie ihre geliebte Amme aus ihrem Leben verschwand. Tränen traten ihr in die Augen. Hätte sie doch nur geschwiegen.

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    7
    Mechthild, des Schusters Eheweib, standen vor Schreck die Haare zu Berge. Was wollten diese Kinder von ihr?
    «Wir bezeugen, dass Babette keine Hexe ist», antwortete Kathi mit brennendem Herzen, aber mit traurigen Augen. Nicht anders schauten Barbara und Otto drein, die hinter ihr standen. Sie hatten die Bitte in den letzten Tagen Dutzende Male gestellt, seitdem sie sich überlegt hatten, wie Babette am besten zu helfen sei. Aber niemand wollte bislang für die alte Amme sprechen – selbst Mechthild nicht, die durch Babettes Hände auf die Welt gekommen, von ihr beschützt und genährt worden war. Einer angeklagten Hexe wollte niemand beistehen. Das hätte die Hexenjäger nur auf einen selbst aufmerksam gemacht.
    «Tut mir leid», antwortete Mechthild. «Ich kann euch nicht helfen.» Sie mied den Blick der Kinder. «Babette … ist verloren. Der Herr sei ihrer Seele gnädig.» Sie bekreuzigte sich und schielte zur Seite, ob einer der Nachbarn sie beobachtete. «Und jetzt geht, bevor noch jemand sieht, wie ich mit euch spreche. Los, verschwindet.» Dann schloss sie eilends die Tür.
    Die Kinder ließen die Köpfe hängen und entfernten sich in die anbrechende Nacht. Das Abendgebet hatten sie bereits hinter sich. Nun wartete nur noch das Bett auf sie.
    «Hat wirklich keine einzige Seele Erbarmen mit Babette?», seufzte Kathi. «Dabei verdanken sie ihr alles. Wenn sie nicht gewesen wäre, hätten sie nie etwas anderes erlebt als Arbeit und Prügel.»
    Otto legte den Arm um sie, und Barbara suchte nach der einfachsten Erklärung. «Sie haben Angst.»
    «Wie wir alle», ergänzte Otto.
    Kathi wollte das nicht gelten lassen. Sie befreite sich aus der Umarmung. «Will wirklich niemand Babette zu Hilfe kommen? In dieser Stadt muss es doch wenigstens einen Menschen geben, der den Mut dazu hat.»
    Otto glaubte nicht daran. «Die Erwachsenen werden kein Risiko eingehen. Jeder weiß, was passieren kann. Es ist einfach zu gefährlich.» Er schüttelte den Kopf. «Und auf uns Kinder werden sie nicht hören.»
    Kathi blieb stehen. Für einen Moment war es ihr, als habe sie soeben den rettenden Gedanken gehört.
Auf die Kinder hören.
So wie die Erwachsenen auf das Jesuskind gehört haben. Aber keiner von ihnen war ein Christus. Niemand würde das Knie vor ihnen beugen. Das Einzige, was sie erwarten konnten, waren Prügel.
    «Was sollen wir jetzt tun?», fragte Barbara.
    Otto zuckte die Schultern, und Kathi blickte sich ratlos um. Es war spät, ihre Mutter erwartete sie.
    Aus der Wachstube an der Mainbrücke erklangen Befehle an die Stadtknechte. Torschluss. Die Stadt ging schlafen.
    Zu zweit strömten die Stadtknechte mit Fackel und Spieß in alle Richtungen aus, um diejenigen der Stadt zu verweisen, die kein Bürgerrecht besaßen. Dazu gehörten die Juden, ebenso die Bettler und anderes heimatloses Volk. Die Stadtknechte nahmen ihren Auftrag ernst. Sie leuchteten mit ihren Fackeln in jede dunkle Gasse und scheuchten mit den Spießen alle auf, die gehofft hatten, die Nacht hinter sicheren Stadtmauern verbringen zu können. Draußen vor den Toren herrschte Willkür, und wer sich nicht zu Wehr setzen konnte, verlor auch noch das letzte Hab und Gut, wenn nicht gleich das Leben.
    Gemessen an den vielen Schatten, die sich an den Häusern brachen, hatte diese Verfolgungsjagd zahlreiche Beteiligte. Darunter gab es auch welche, die auffällig schnell und wendig waren – aufgescheuchtem Rattenvieh gleich. Sobald Licht auf sie fiel, tauchten sie behände ins Dunkel ab, sodass die Stadtknechte sie nicht sehen, geschweige denn erwischen konnten.
    Kathi zeigte auf einen dieser kleinen Schatten. «Wer sind die?»
    Otto wollte nichts davon wissen. «Es ist besser für uns, wenn wir uns von denen fernhalten.»
    «Warum?», wollte Barbara wissen.
    «Das sind Kinder, die nichts und niemanden mehr haben. Sie sind wie Ungeziefer, ernähren sich von Abfällen und stellen achtlosen Bürgern nach. Ganze Horden halten sich in der Stadt versteckt. Nicht für ein Abendessen beim Bischof möchte ich mit denen zu tun haben. Die sind schlimmer und gefährlicher als Wölfe.»
    Unvermittelt tauchte aus der Schustergasse ein Stadtknecht auf. Er hielt die Fackel hoch, damit Licht auf die drei Kreaturen in der Domstraße fiel. «Heda! Wer seid ihr, und was macht ihr um diese Uhrzeit auf den

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