Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
parken und dann hochgehen«, schlug Siobhan vor, als sie sich der Cockburn Street näherten.
»Ich würde lieber oben parken und runtergehen«, konterte Rebus. Sie hatten Glück: Direkt vor ihnen wurde eine Parklücke frei, daher konnten sie sogar in der Cockburn Street parken, nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der eine Gruppe Goths herumlungerte. »Bingo«, sagte Rebus, als er Miss Teri erblickte, die sich lebhaft mit zweien ihrer Freunde unterhielt. »Sie müssen als Erster aussteigen«, sagte Siobhan zu ihm. Rebus erkannte das Problem: Am Kantstein standen einige volle Müllsäcke und blockierten die Fahrertür. Er stieg aus und hielt die Tür auf, damit Siobhan herüberrutschen und den Wagen verlassen konnte. Plötzlich ertönten rasche Schritte auf dem Bürgersteig, und einer der Müllsäcke wurde weggerissen. Rebus blickte auf und sah fünf Jugendliche am Wagen vorbeilaufen, bekleidet mit Kapuzen-Sweatshirts und Baseballmützen. Einer von ihnen schleuderte den Müllsack in die Gruppe der Goths hinein. Der Sack zerplatze, und der Inhalt flog in alle Richtungen. Lautes Rufen und Schreie. Es hagelte Fußtritte und Faustschläge. Ein Goth flog kopfüber die Steinstufen hinunter. Ein anderer wich auf die Straße zurück und wurde von einem vorbeifahrenden Taxi gestreift. Passanten stießen Warnrufe aus, Ladenbesitzer kamen an ihre Tür. Jemand schrie, man solle die Polizei holen. Die Schlägerei zerfiel in einzelne Kämpfe entlang der Straße, die Goths wurden gewürgt oder gegen Schaufenster geschleudert. Nur fünf Angreifer und ein Dutzend Goths, aber die fünf waren kräftig und brutal. Siobhan rannte los, um sich einen von ihnen zu schnappen. Rebus sah, wie Miss Teri in einen Laden floh und die Tür hinter sich zuknallte. Es war eine Glastür, und ihr Verfolger sah sich nach einem Gegenstand um, den er durch die Scheibe werfen konnte. Rebus holte tief Luft und brüllte: »Rab Fisher! He, Rab! Hier bin ich!« Der Verfolger hielt inne und schaute in Rebus' Richtung. Rebus winkte mit einer behandschuhten Hand. »Du erinnerst dich doch an mich, Rab?« Fisher verzog den Mund zu einem höhnischen Lächeln. Ein anderer aus seiner Gang hatte Rebus ebenfalls erkannt. »Bullen!«, schrie er, und die übrigen Lost Boys reagierten sofort. Sie versammelten sich schwer atmend in der Mitte der Straße.
»Na, habt ihr jetzt Lust auf den Ausflug nach Saughton, Jungs?«, fragte Rebus mit lauter Stimme und machte einen Schritt auf sie zu. Vier von ihnen drehten sich um und trabten die Straße hinunter. Rab Fisher blieb noch einen Moment stehen, dann versetzte er der Tür einen trotzigen Tritt und sprintete seinen Freunden hinterher. Siobhan half einigen der Goths auf die Beine, erkundigte sich, ob jemand verletzt war. Es waren weder Messer noch Wurfgeschosse benutzt worden. Verletzt worden war vor allem der Stolz der Angegriffenen. Rebus ging zu der Glastür. Bei Miss Teri stand inzwischen eine Frau in einem weißen Kittel, wie ihn Ärzte und Apotheker tragen. Rebus sah eine Reihe von Kabinen, aus denen Licht drang. Ein Sonnenstudio, und dem Aussehen nach hatte es gerade erst eröffnet. Die Frau strich mit einer Hand über Teris Haar, während Teri versuchte, sich von ihr loszumachen. Rebus öffnete die Tür.
»Weißt du noch, wer ich bin, Teri?«, fragte er. Sie musterte ihn, dann nickte sie. »Der Polizist, den ich unten im Ort getroffen habe.« »Sie müssen Teris Mutter sein. Ich bin DI Rebus.« »Charlotte Cotter«, sagte die Frau und gab ihm die Hand. Sie war Ende dreißig und hatte eine gewellte Mähne aschblonden Haars. Ihr Gesicht war leicht gebräunt und schimmerte beinahe. Sie und ihre Tochter ähnelten einander äußerlich kaum. Wenn einem jemand gesagt hätte, dass die beiden miteinander verwandt waren, hätte man wahrscheinlich angenommen, sie wären eine Generation: zwar nicht Schwestern, aber womöglich Cousinen. Die Mutter war etwa fünf Zentimeter kleiner, schlanker und wirkte körperlich fitter. Rebus ahnte, wer am meisten Gebrauch von dem Pool machte. »Was hatte das zu bedeuten?«, fragte er Teri.
Sie zuckte die Achseln. »Nichts.« »Habt ihr oft solchen Ärger?« »Ständig haben sie Ärger«, antwortete ihre Mutter statt ihrer und bekam als Dank einen wütenden Blick zugeworfen. »Manchmal werden sie beschimpft, manchmal passiert mehr.« »Du hast doch keine Ahnung«, verkündete ihre Tochter. »Ich habe Augen im Kopf.« »Hast du darum diesen Laden hier aufgemacht? Um mich zu beobachten?«
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