Die Kindes des Todes - Inspektor Rebus 14
Port Edgar. Wir sollten uns mal mit Miss Teri unterhalten.« Es herrschte Stille, und Siobhan dachte schon, die Verbindung sei unterbrochen, aber dann fragte er: »Hat sich unser Freund wieder gemeldet?« Damit war der Briefschreiber gemeint; wegen Hogan sollte es möglichst unverfänglich klingen.
»Heute Morgen war eine weitere Nachricht in der Post.« »Ja?« »Ganz ähnlich wie die erste.« »Haben Sie sie nach Howdenhall geschickt?« »Das fand ich zwecklos.« »Gut. Ich würde gerne einen Blick drauf werfen. Wie lange brauchen Sie bis zur Schule?« »Circa eine Viertelstunde.« »Ich wette fünf Pfund, dass wir eher da sind.« »Abgemacht«, sagte Siobhan und drückte etwas stärker aufs Gaspedal. Es dauerte ein paar Sekunden, bis ihr einfiel, dass sie gar nicht wusste, von wo aus Rebus angerufen hatte... Wie befürchtet, wartete Rebus bereits auf dem Parkplatz der Port Edgar School auf sie, gegen Hogans Passat gelehnt, einen Fuß über dem anderen, die Arme verschränkt. »Sie haben gemogelt«, sagte sie beim Aussteigen. »Abgemacht ist abgemacht. Ich kriege fünf Pfund von Ihnen.« »Kommt nicht in Frage.« »Sie haben die Wette freiwillig angenommen, Siobhan. Eine Dame bleibt nie etwas schuldig.« Sie schüttelte den Kopf und griff in ihre Tasche. »Hier ist übrigens der Brief«, sagte sie, als sie den Umschlag hervorholte. Rebus streckte die Hand danach aus. »Kostet Sie fünf Pfund, wenn Sie ihn lesen wollen.« Rebus sah sie an. »Ich soll dafür bezahlen, dass Sie in den Genuss meiner Expertenmeinung kommen?« Er ließ die Hand ausgestreckt, doch der Umschlag blieb kurz außerhalb seiner Reichweite. »Okay, einverstanden«, sagte er, als seine Neugier die Oberhand gewann.
Auf der Fahrt zu den Cotters las er die Nachricht mehrmals durch. »Fünf Pfund zum Fenster rausgeschmissen«, meinte er schließlich. »Wer ist Cody?«
»Ich glaube, es bedeutet Come On, DieYoung. Der Wahlspruch einer Jugend-Gang aus den USA.« »Woher wissen Sie das?« »Ein Mogwai-Album heißt so. Ich habe es Ihnen mal geliehen.« »Vielleicht ist es einfach ein Name. Buffalo Bill hieß zum Beispiel so.« »Und die Verbindung wäre...« »Keine Ahnung.« Rebus faltete den Zettel wieder zusammen, studierte den Knick im Papier, spähte in den Umschlag.
»Prima Sherlock-Holmes-Nummer«, sagte Siobhan.
»Was sollte ich denn Ihrer Meinung nach tun?« »Sie könnten sich geschlagen geben.« Sie hielt ihm die Hand hin. Rebus schob die Nachricht in den Umschlag und gab ihn ihr.
»Make my day... Dirty Harry?« »Das vermute ich auch«, meinte Siobhan.
»Dirty Harry ist Polizist...« Sie starrte ihn an. »Sie glauben, jemand aus St. Leonard's steckt dahinter?« »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, dass Ihnen dieser Gedanke noch nicht gekommen ist?« »Nein«, gab sie schließlich zu.
»Aber es müsste jemand sein, der von Ihrer Verbindung zu Fairstone weiß.« »Ja.« »Bleiben also nur Gill Templer und ich übrig.« Er legte eine kurze Pause ein. »Und ich nehme nicht an, dass Sie Gill in letzter Zeit irgendwelche CDs geliehen haben.« Siobhan zuckte die Achseln, den Blick geradeaus auf die Straße gerichtet. Sie schwieg eine Weile, und Rebus ebenso, bis er eine Adresse in seinem Notizbuch überprüfte, sich vorbeugte und zu ihr sagte: »Wir sind da.«
Long Rib House war ein schmales, weiß getünchtes Gebäude, das aussah, als wäre es ursprünglich eine Scheune gewesen. Es war einstöckig, allerdings deuteten eine Reihe von Fenstern in dem roten Ziegeldach darauf hin, dass der Dachboden ausgebaut worden war. Ein hölzernes Tor versperrte den Weg, war aber nicht abgeschlossen. Siobhan öffnete es, stieg wieder in den Wagen und fuhr die kurze, mit Kies bedeckte Auffahrt hinauf. Als sie das Tor wieder geschlossen hatte, war die Haustür aufgegangen, und im Türrahmen stand ein Mann. Rebus, der bereits ausgestiegen war, stellte sich vor. »Sie müssen Mr. Cotter sein«, sagte er dann.
»William Cotter«, bestätigte Miss Teris Vater. Er war Anfang vierzig, klein und stämmig, mit modisch wirkendem, rasiertem Schädel. Er gab Siobhan die Hand, als sie ihm ihre hinhielt, schien jedoch nicht verstimmt zu sein, dass Rebus seine behandschuhten Hände weiterhin herabhängen ließ. »Kommen Sie rein«, sagte er. Sie betraten einen langen, mit Teppich ausgelegten Flur, dekoriert mit Gemälden und einer Standuhr. Links und rechts gingen Zimmer ab, die Türen waren jedoch allesamt geschlossen. Cotter führte sie ans Ende des Flurs, von wo
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