Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)
klingeln, steigen Mogurski und Polizeiobermeister Denis Bahro in den dritten Stock hinauf. Laut Aussage von Hank Burren bewohnt Lara Rossbach unter dem Dach eine Zweizimmerwohnung mit Blick auf die Spree.
Als sie an der Wohnungstür klingeln, bleibt es drinnen zunächst still. Sie warten einen Moment, dann drückt Mogurski erneut auf den Klingelknopf.
Diesmal ist von drinnen lautes Poltern zu vernehmen. Für Mogurski hört es sich an, als wären Putzeimer und Schrubber auf einen Steinboden gefallen.
»Frau Rossbach?«, ruft er und klopft vernehmlich gegen die Tür. »Kriminalpolizei! Bitte öffnen Sie!«
Aus der Wohnung schallt ein schriller Ausruf, weniger Fluch als hysterischer Schrei. »Ich komme gleich!«, lässt sich eine helle Frauenstimme vernehmen.
Wasser rauscht. Erneut ist Poltern und Scheppern zu hören. Dann endlich geht die Wohnungstür auf. Vor den beiden Polizisten steht eine junge Frau, die so erhitzt wirkt, als hätte sie gerade eben Leistungssport getrieben. Ihr T-Shirt ist unter den Achseln nass vor Schweiß. Ihre Wangen sind mit roten Flecken gesprenkelt. Aber weit kräftiger als der Schweißgeruch, der von ihr ausgeht, ist ein Geruch nach Putzmitteln, der Lara Rossbach wie eine Wolke umgibt.
Sascha Mogurski und Denis Bahro zeigen ihre Dienstausweise vor. »Wir müssen Sie bitten, uns zum Präsidium zu begleiten, Frau Rossbach«, sagt der Kommissar. »Wir brauchen Ihre Zeugenaussage im Mordfall Leon Feldgärtner.«
Die junge Frau macht ein Gesicht, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. »Ich kenne keinen Leon … wie hieß der noch gleich?«
»Bitte begleiten Sie uns«, wiederholt Mogurski, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Alles Weitere besprechen unsere Kollegen von der Mordkommission mit Ihnen.«
Der Putzmittelgeruch erfüllt kurz darauf auch das Polizeifahrzeug, in dem die Zeugin zur Vernehmung gebracht wird.
Dominic Wittig rümpft unwillkürlich die Nase, als Lara Rossbach in sein Dienstzimmer geführt wird. Sonderbar, sagt sich der Hauptkommissar. Kaum gerät Hank Burren unter Mordverdacht, da fällt es Lara Rossbach ein, in ihrer Wohnung gründlich Hausputz zu machen! Ob das bloßer Zufall ist?
Er beschließt, sie vorerst nicht nach dem Anlass für die drastische Reinigungsaktion zu fragen.
Stattdessen begrüßt er sie freundlich und bittet sie, Platz zu nehmen.
Lara Rossbach ist 23 Jahre alt und Auszubildende in einem Dentallabor in Wedding. Ihre Haare sind rot und türkis gefärbt; in Nase und Lippen trägt sie diverse Piercings, auf beiden Oberarmen und im Dekolleté-Bereich übergroße Tattoos.
»Hank Burren hat ausgesagt, dass er Sie am 5. Juli abends in Ihrer Wohnung aufgesucht hat«, beginnt Wittig die Zeugenvernehmung. »Trifft das Ihrer Erinnerung nach zu?«
Lara Rossbach nickt, ohne eine Sekunde lang nachzudenken. »Er ist gegen halb zehn gekommen.«
»Und daran erinnern Sie sich so genau?«, hakt der Hauptkommissar nach.
»Ich war gerade eingeschlafen«, antwortet Lara Rossbach. »Plötzlich hat es geklingelt, da bin ich hochgeschreckt und habe automatisch zum Wecker geschaut, um zu sehen, wie spät es war. Das würde doch jeder so machen, oder etwa nicht?«
Dominic Wittig zieht es vor, ihre Frage zu übergehen.
»Hat es Sie nicht gestört, dass Ihr Freund noch einen Begleiter mitgebracht hat, obwohl Sie schon zu Bett gegangen waren?«
Lara Rossbach sieht ihn übertrieben verständnislos an. »Was denn für ein Begleiter? Hank war allein – und dann sind wir gleich zusammen ins Bett!«
Dominic Wittig legt ihr eine Reihe von Fotos vor, die Leon Feldgärtner zu seinen Lebzeiten darstellen. »Denken Sie noch einmal nach«, empfiehlt er der jungen Frau. »Könnte es nicht sein, dass Hank am 5. Juli zusammen mit diesem Mann hier in Ihre Wohnung gekommen ist?«
Die junge Frau schüttelt den Kopf, ohne die Fotos zu beachten. »Hank war allein, wie oft soll ich das noch sagen?«
»Kennen Sie den Mann auf den Fotos?«, fragt Wittig.
Lara Rossbach wirft einen kurzen Blick auf die Bilder und schüttelt erneut den Kopf. »Nie gesehen«, behauptet sie. »Und nur um mich das zu fragen, lassen Sie mich quer durch die Stadt hierherbringen? Dabei habe ich den Polizisten, die mich abgeholt haben, doch gleich gesagt, dass ich keinen Leon Feldgarten kenne – oder was weiß ich, wie der heißen soll!«
Hauptkommissar Wittig lässt sich nicht anmerken, wie wenig ihn die schauspielerischen Bemühungen der jungen Frau überzeugen. »Aber den Schäfersee kennen
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