Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)
obduziert, dem Vater die Tötung seines Kindes durch Schütteln nachzuweisen, erklärte mir der Jurist. Letztlich war der Säugling aber nicht Opfer einer äußeren Gewalteinwirkung geworden, sondern an einem plötzlichen Kindstod gestorben.
Wir müssen nicht nur unvoreingenommen, sondern auch so flexibel sein, zu jedem Zeitpunkt der Untersuchung beziehungsweise der Todesermittlungen neue Denkansätze bezüglich des Verbrechenshergangs zuzulassen. Als Rechtsmediziner bin ich nicht nur Arzt und Naturwissenschaftler, sondern muss auch detektivisches Gespür entwickeln. Manchmal hilft da tatsächlich das vielzitierte »Bauchgefühl«, das keine bloße Emotion oder zufällige Intuition darstellt, sondern die Summe der eigenen Erfahrung, die im Unterbewusstsein abgespeichert ist. Insofern hängt das berufliche Können des Einzelnen (natürlich nicht nur in der Rechtsmedizin) sehr von der Berufserfahrung ab – nicht nur von der Zahl der Berufsjahre, sondern auch von dem individuell und erfolgreich bewältigten Arbeitsaufkommen (»workload«).
Nichts ist so beständig wie der Wandel. Und so frage ich mich gelegentlich, wie die Arbeit der Rechtsmediziner in hundert Jahren aussehen wird. Wie geht es wohl im Sektionssaal der Zukunft zu?
Was kommt nach postmortaler Mehrschichten-Computertomographie? Ein Brillen-Display mit Bewegungssteuerung für eine »echte« virtuelle Obduktion ohne Messer, Schere oder Bandsäge? Chemisch-toxikologische Analysen durch die ungeöffnete Körperoberfläche durch Bestimmung von Dichteunterschieden in Körperflüssigkeiten, um daraus den Wirkstoffgehalt von Drogen, Alkohol oder Medikamenten per Computer zu berechnen?
Kann in naher Zukunft aus einer einzelnen Zelle per DNA-Analyse das Phantombild einer nicht identifizierten Leiche oder eines Tatverdächtigen virtuell rekonstruiert werden? Erste entsprechende Untersuchungsergebnisse scheinen vielversprechend, auch wenn das Verfahren noch in den Kinderschuhen steckt. Oder die bionische Nase – ein derzeit in Entwicklung befindliches Verfahren, mit dem Menschen sich anhand ihres Körpergeruchs identifizieren lassen. Diese »Schweiß-Identität« soll ähnlich individuell wie der menschliche Fingerabdruck sein und in Zukunft zum Einsatz kommen, wenn ein Täter an einem Tatort weder Fingerabdrücke noch DNA- oder Faser-Spuren hinterlassen hat.
Welche Quantensprünge in den Methoden der Verbrechensaufklärung stehen uns noch bevor? Auch ich weiß natürlich nicht, was die Zukunft bringen wird. Aber so viel kann ich Ihnen versprechen:
Ich halte Sie auf dem Laufenden, denn: Es bleibt spannend!
Michael Tsokos
Danksagung
R echtsmedizinische Erkenntnisse, die zur Klärung von Kriminalfällen führen, sind immer das Ergebnis von Teamarbeit.
Ich danke den folgenden Personen, die direkt oder indirekt an der Untersuchung und Aufklärung der in diesem Buch geschilderten Fälle beteiligt waren, für ihre wertvollen Anregungen, ihre tatkräftige Unterstützung und gemeinsame spannende Erlebnisse in dem besten Beruf der Welt:
Staatsanwalt Josef Artinger, Staatsanwaltschaft Berlin
Dr. Claas T. Buschmann, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Andreas Correns, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Herr Klaus Dollinger, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Denise Dümpelmann, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Edwin Ehrlich, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Erster Kriminalhauptkommissar Holger Fenske, Bezirkskriminalinspektion, Itzehoe
Dr. Saskia S. Guddat, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Frau Andrea Handt, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Sven Hartwig, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Sarah Heinze, Altrip
Prof. Dr. Frank Heppner, Institut für Neuropathologie der Charité, Berlin
Dr. Sieglinde Herre, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Frau Jana Hoffmann, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Oberstaatsanwalt Dirk Klöpperpieper, Staatsanwaltschaft Berlin
Frau Christa Korschunow, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Dr. Klaus Krocker, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Frau Cindy Lichtenstein, Institut für Rechtsmedizin der Charité, Berlin
Cornelia Martius, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Dr. Dragana Matejic, Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin, Berlin
Herr Elvis
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