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Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition)

Titel: Die Klaviatur des Todes: Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner klärt auf (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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sie Heike Petry, einer Mitarbeiterin unseres Instituts, die sich in der Küche gerade einen Tee zubereitet.
    »Sag mal, war das vorhin im Wartezimmer Frau Sommer?«, fragt Frau Petry. »Was hat die denn hier gemacht? Und wieso sitzt die plötzlich im Rollstuhl?«
    Dr. Soltau verschlägt es erst einmal die Sprache. »Jetzt mal langsam«, sagt sie dann. »Du kennst Herta Sommer?«
    »Aber ja!«, antwortet Heike Petry. »Sie wohnt bei mir im Nachbarhaus. Wir unterhalten uns manchmal nett über den Zaun hinweg, wenn wir beide im Vorgarten Unkraut jäten.«
    »Das wird ja immer bunter!«, bringt Dr. Soltau hervor. »Die gute Frau kann Gartenarbeit machen?«
    Heike Petry lacht und nickt. »Die ist total fit«, bestätigt sie. »Du würdest staunen, wenn du sehen könntest, was die alles schleppen kann!«
    Dr. Soltau kann es immer noch nicht richtig glauben. Natürlich ist ihr gleich aufgefallen, wie ungeschickt Frau Sommer ihren Rollstuhl bedient hat. Aber so viel Dreistigkeit hätte sie ihr trotzdem nicht zugetraut.
    »Und du hast sie bei euch in der Straße noch nie im Rollstuhl gesehen?«, hakt sie noch einmal nach.
    »Weder im Rollstuhl noch mit einem Rollator«, antwortet Heike Petry. »Wenn du dich mit deinen eigenen Augen überzeugen willst, dann geh doch mal am Sonntag zum Trödelmarkt bei uns auf dem Kirchplatz. Da wirst du schon sehen, wie gebrechlich die alte Frau Sommer ist!«
    Dr. Soltau bedankt sich bei der Mitarbeiterin für diesen Tipp. Am nächsten Sonntag geht sie zu dem Trödelmarkt und stellt fest, dass Herta Sommer dort tatsächlich einen Verkaufsstand unterhält. Von ihrem Rollstuhl ist weit und breit nichts zu sehen, und auch ihre Taubheit in Armen und Beinen scheint wundersam geheilt. Staunend beobachtet meine Kollegin, wie Frau Sommer eine offenbar schwere Kiste voller Trödel aufnimmt und beschwingten Schrittes zu einem Auto trägt. Sie packt die Kiste in den Kofferraum, kehrt zu ihrem Stand zurück und lädt sich die nächste Kiste auf. Dabei lacht und scherzt sie mit den anderen Händlern an den umliegenden Ständen – auch ihre depressive Verstimmung scheint sie glücklich überwunden zu haben!
    Gleich am nächsten Morgen ruft Dr. Soltau bei dem Pflegedienst an, der laut Herta Sommer zweimal täglich eine Pflegekraft zu ihr schickt, um sie zu waschen und ihr den Haushalt zu besorgen.
    »Von uns geht niemand dorthin«, erklärt ihr die Geschäftsführerin des Unternehmens. »Die Bescheinigung, die Ihnen Frau Sommer vorgelegt hat, bedeutet nur, dass sie finanzielle Zuwendungen in entsprechender Höhe benötigt. Die Pflegedienstleistungen selbst werden auf dieser Pflegestufe von Angehörigen erbracht.«
    Dr. Soltau bedankt sich für die Auskunft und legt kopfschüttelnd auf.
    »Aus rechtsmedizinischer Sicht besteht kein Grund, die Haftstrafe von Frau Sommer aufzuschieben«, vermerkt sie abschließend in ihrem Gutachten. »Wir empfehlen, die Immobilität zu überprüfen, die bei Arztbesuchen stets gegeben war, aber offensichtlich in erheblicher Diskrepanz zu den Freizeitaktivitäten von Frau Sommer steht. Auch bei Rollstuhlabhängigkeit ist Frau Sommer in einer entsprechenden rollstuhlgerechten Umgebung als haftfähig anzusehen.«
    Wie weit ihre Füße Frau Sommer noch getragen haben, vermögen weder Frau Dr. Soltau noch ich zu sagen. Nur so viel: Unsere Mitarbeiterin hat Herta Sommer schon etliche Monate nicht mehr in der Nachbarschaft gesehen, weder im Garten noch auf dem Trödelmarkt.

CSI: Kreuzberg
    Um sieben Uhr morgens dringen dumpfe Rufe aus dem Keller eines Mehrfamilienhauses im Berliner Stadtteil Kreuzberg. In der schmucklosen Mietskaserne leben Menschen aus vielerlei Kulturen nebeneinander – Asiaten, Afrikaner, auch einige Südeuropäer und das eine oder andere deutsche Rentnerpaar. In solchen Häusern geht es öfter mal etwas lauter zu. Daher kommt auch so schnell niemand auf die Idee, sich zu beunruhigen oder gar nachzusehen, was es mit dem Geschrei in einem abgelegenen Kellerraum auf sich hat.
    Wilhelm und Gerda Mauser leben seit fast drei Jahrzehnten im ersten Stock des geräumigen Mietshauses. Beide Ehepartner sind im höheren Lebensalter und haben den Keller seit längerem nicht mehr betreten. Doch an diesem Donnerstagmorgen Ende September müssen sie in die muffig riechenden Katakomben hinabsteigen. Sie sind auf der Suche nach einem viele Jahre alten Dokument, das sie in einer Behördenangelegenheit benötigen. Und während sie sich durch ein Labyrinth aus düsteren

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