Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
ihrem Hause die kostbare Wohnung zu beziehen, in der wir gestern empfangen wurden. Fräulein Brigitte wandte dagegen ein, daß sie ihre Gewohnheiten würde ändern müssen, und daß ihre Freunde in einem so entfernten Viertel nicht mehr zu ihnen kommen würden ...«
    »Sicherlich,« unterbrach ihn Frau Phellion, »müßten Einem, wenn man sich alle Sonntage zu der Ausgabe für einen Wagen entschließen soll, andere Genüsse in Aussicht stehen, als die, die uns in ihrem Salon geboten werden ... Wenn man bedenkt, daß, abgesehen von der kleinen Tanzerei anläßlich der Wahl zum Generalrat, man überhaupt nicht auf den Gedanken gekommen ist, das Klavier zu öffnen!«
    »Es wäre uns sicherlich sehr angenehm gewesen,« erwiderte Minard, »wenn von einem so bemerkenswerten Talent wie dem Ihrigen zuweilen Gebrauch gemacht werden würde, aber so etwas kommt der guten Brigitte gar nicht in den Sinn. Sie hätte dazu ja auch zwei Kerzen mehr anzünden müssen. Sie liebt nur die Musik der Hundertsousstücke. Als la Peyrade und Thuillier also drängten, daß sie die Wohnung in der Rue Saint-Dominique d'Enfer verlassen solle, machten ihr die Unkosten des Umzugs die meiste Sorge. Sie war mit Recht der Ansicht, daß unter den vergoldeten Plafonds das alte Gerümpel ihrer bisherigen Wohnung einen merkwürdigen Eindruck machen würde.«
    »So hängt eins mit dem andern zusammen,« rief Phellion aus, »und so dringt der Luxus von den Spitzen der Gesellschaft bis in die unteren Klassen hinein und führt früher oder später den Ruin der Länder herbei.«
    »Sie berühren da, mein lieber Kommandeur,« bemerkte Minard, »eine der schwierigsten Fragen der politischen Ökonomie; viele feine Köpfe sind im Gegenteil der Ansicht, daß der Luxus eine sehr wünschenswerte Sache ist, weil dadurch der Handel, der doch sicherlich der Grundpfeiler des staatlichen Lebens ist, blüht. Jedenfalls scheint dieser Gesichtspunkt, wenn auch nicht der Ihrige, so doch der der Frau von Godollo zu sein, denn sie soll entzückend eingerichtet sein, und um Fräulein Thuillier auf die gleiche Höhe der Eleganz zu bringen, machte sie ihr folgenden Vorschlag: ›Eine Freundin von mir‹, sagte sie, ›eine russische Prinzessin, für die einer der ersten Möbelfabrikanten von Paris eben ein herrliches Mobiliar hergestellt hat, ist plötzlich vom Zaren, einem Herrn, der nicht mit sich spaßen läßt, in ihr Land zurückbefohlen worden. Die arme Frau sieht sich gezwungen, alles, was sie besitzt, zu Geld zu machen, und ich bin sicher, daß sie dieses Mobiliar für kaum den vierten Teil des Preises, den es gekostet hat, jemandem, der es bar bezahlen wollte, ablassen würde; alles ist so gut wie neu, und eine Anzahl von Gegenständen ist überhaupt noch nicht benutzt worden.‹«
    »Also ist all diese Pracht,« rief Frau Phellion, »die gestern abend vor uns zur Schau gestellt wurde, ein Ergebnis der Sparsamkeit und eines Gelegenheitskaufes?«
    »Wie Sie sagen, verehrte Frau,« erwiderte Minard, »und was Fräulein Brigitte bestimmt hat, von diesem großartigen Glückszufall Gebrauch zu machen, das war nicht so sehr der Wunsch, ihr Mobiliar zu erneuern, als der Gedanke, hierbei ein ausgezeichnetes Geschäft machen zu können, denn in dieser alten Jungfer steckt immer etwas von der Madame la Ressource aus dem ›Geizigen‹.«
    »Ich glaube, Sie irren sich, Herr Bürgermeister; Madame la Ressource ist eine Figur aus dem ›Turcaret ‹, dem sehr unmoralischen Stück des seligen Le Sage.«
    »Meinen Sie?« sagte Minard, »das wäre möglich; aber sicher ist jedenfalls, daß, wenn der Advokat sich bei Brigitte dadurch in Gunst gesetzt hat, daß er ihr das Haus verschaffte, die Fremde durch die Vermittelung des Möbelankaufs jetzt bei ihr die Position einnimmt, die uns aufgefallen ist; und haben Sie nun nichts von dem Kampfe bemerkt; der sich zwischen dem Mobilien- und dem Immobilien-Einfluß entsponnen hat?«
    »Aber natürlich,« sagte Frau Phellion mit einem Aufleuchten der Augen, das ihr ungeteiltes Interesse an dieser Unterhaltung bewies, »wie mir schien, hat sich die hohe Dame erlaubt, dem Herrn Advokaten zu widersprechen, und zwar mit einer gewissen Schärfe.«
    »Oh, es war recht deutlich,« bemerkte Minard, »und der Intrigant hat das wohl gemerkt. Diese feindselige Haltung schien ihm auch große Sorgen zu machen! Mit den Thuilliers hat er leichtes Spiel gehabt, die sind, unter uns gesagt, doch keine klugen Leute; aber hier hat er, wie er fühlt, eine scharfe

Weitere Kostenlose Bücher