Die Kleinbürger (German Edition)
abwechselnd glänzenden und entbehrungsreichen, festlichen und zurückgezogenen ruhigen Leben ins kleinbürgerliche Dunkel mit einem Einkommen von fünftausendvierhundert Franken als einzigem Vermögen zurückgeworfen.
Celeste war damals vierzehn Jahr alt; sie versprach hübsch zu werden; sie mußte Lehrer haben, das erforderte eine Ausgabe von mindestens zweitausend Franken jährlich. Die Mutter hielt es für nötig, daß sie unter den Augen ihrer Paten lebe. Deshalb hatte sie den, im übrigen sehr verständigen Vorschlag des Fräuleins Thuillier angenommen, die ihr, ohne sich zu binden, ziemlich deutlich zu verstehen gab, daß die Vermögen ihres Bruders, ihrer Schwägerin und auch das ihrige dereinst Celeste zufallen würden. Das kleine Mädchen war bis zu seinem siebenten Jahre in Auteuil geblieben, angebetet von der guten alten Frau Lemprun, die im Jahre 1829 starb und zwanzigtausend Franken nebst dem Hause hinterließ, das für die enorme Summe von achtundzwanzigtausend Franken verkauft wurde. Der kleine Schelm hatte bis zum Jahre 1829, wo er in das elterliche Haus zurückkehrte, seine Mutter wenig, aber Fräulein und Frau Thuillier sehr häufig gesehen. Im Jahre 1833 kam sie unter die Zucht Flavias, die damals sehr bemüht war, ihre Pflichten zu erfüllen, und das wie alle Frauen, die Gewissensbisse haben, übertrieb. Ohne eine schlechte Mutter zu sein, hielt Flavia ihre Tochter sehr strenge; sie dachte an ihre eigene Erziehung und schwor sich heimlich zu, aus Celeste eine anständige und nicht eine leichtfertige Frau zu machen. Sie nahm sie daher zur Messe mit und ließ sie unter der Leitung eines Pariser Pfarrers, der später Bischof wurde, einsegnen. Celeste war um so frömmer, als ihre Patin, Frau Thuillier, eine wahre Heilige war; das Kind betete seine Patin an; es empfand, daß es von der armen, verlassenen Frau heißer geliebt wurde als von seiner eigenen Mutter.
Von 1833 bis 1840 erhielt sie eine nach bürgerlichen Begriffen ausgezeichnete Erziehung. Die besten Musiklehrer machten eine ziemlich gute Musikerin aus ihr; sie konnte sauber in Aquarell malen, tanzte wundervoll und hatte Französisch, Geschichte, Geographie, Englisch und Italienisch gelernt, kurz alles, was zu der vollendeten Erziehung einer jungen Dame gehört. Mittelgroß, etwas dick und kurzsichtig, war sie weder häßlich noch hübsch, hatte weder einen weißen noch einen leuchtenden Teint und war gänzlich ohne vornehme Manieren. Sie war von zurückgehaltener Empfindlichkeit, und ihr Pate, ihre Patin, Fräulein Thuillier und ihr Vater waren darüber einig, daß Celeste warme Anhänglichkeit, eine Tugend, an die sich alle Mütter klammern, besaß. Schön war ihr prachtvolles aschblondes Haar; aber Hände und Füße verrieten ihre kleinbürgerliche Herkunft.
Celeste hatte sehr wertvolle Eigenschaften: sie war gut, einfach, ohne jede böse Regung; sie liebte ihren Vater und ihre Mutter und hätte sich für sie aufgeopfert. In tiefer Verehrung für ihren Paten, für Brigitte, die sich von ihr »Tante Brigitte« nennen ließ, für Frau Thuillier und für ihre Mutter aufgewachsen, die sich wieder mehr und mehr dem alten Beau der Kaiserzeit näherte, hatte Celeste den höchsten Begriff von dem früheren Vizechef. Der Pavillon der Rue Saint-Dominique machte auf sie einen Eindruck, wie das Tuilerienschloß auf einen Hofmann der jungen Dynastie.
Thuillier hatte der aufreibenden Arbeit seiner Verwaltungstätigkeit nicht Stand halten können, die ihn abmagern ließ, je umfangreicher sie wurde. Von dieser langweiligen Tätigkeit ebenso abgebraucht wie von seinen Erfolgen als Liebhaber, hatte der ehemalige Vizechef schon alle seine Vorzüge eingebüßt, als er in die Rue Saint-Dominique kam; aber sein müdes Gesicht mit hochmütigem Ausdruck im Verein mit einer gewissen Selbstzufriedenheit, die an die gesuchte Haltung eines höheren Beamten erinnerte, machte einen lebhaften Eindruck auf Celeste. Sie allein schwärmte für dieses bleiche Gesicht. Sie wußte, daß sie die Freude des Hauses Thuillier war.
Die Collevilles und ihre Kinder bildeten natürlich den Mittelpunkt der Gesellschaft, die Fräulein Thuillier um ihren Bruder zu versammeln den Ehrgeiz hatte. Ein früherer Beamter der Abteilung la Billiardière, der seit mehr als dreißig Jahren im Stadtviertel Saint-Jacques wohnte, Herr Phellion, Bataillons-Kommandeur der Legion, wurde sogleich bei der ersten Begegnung von dem früheren Steuereinnehmer und Vizechef wieder begrüßt. Phellion war
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