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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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ihn an einem törichten Schritte, nämlich dem, die unwürdige Person am Arme eines Mannes, der plötzlich zu ihrem Ritter bestellt worden war, anzureden, an die er noch wenige Augenblicke zuvor mit heißester Zärtlichkeit gedacht hatte.
    ›Sie ist nicht wert, insultiert zu werden!‹ sagte er sich.
    Aber weil die Verliebten Leute sind, die sich schwer von ihrer einmal gefaßten Ansicht abbringen lassen, hielt sich der Provenzale noch nicht für vollkommen überzeugt.
    Nicht weit von dem Platze, den die Ungarin eben verlassen hatte, saß eine andere Dame, ebenfalls allein, aber in reifem Alter, mit Federn aufgeputzt, die unter einem durch langen Gebrauch verblaßten Kaschmirschal die trübseligen Reste einer verflossenen Eleganz und eines schäbigen, unmodern gewordenen Luxus verbarg.
    Im ganzen gewährte sie keinen eindrucksvollen und Respekt einflößenden Anblick; im Gegenteil. La Peyrade nahm nun neben der Matrone Platz, richtete das Wort an sie und fragte:
    »Kennen Sie die Dame, die hier eben am Arm eines Herrn weggegangen ist?«
    »Gewiß, mein Herr. Ich kenne fast alle Damen, die hierher kommen.«
    »Wie heißt sie denn?«
    »Frau Komorn.«
    »Ist sie ebenso uneinnehmbar wie die Festung, deren Namen sie trägt?« fuhr er fort.
    Man erinnert sich, daß zur Zeit der ungarischen Revolution bei den Erzählern und in der Presse bis zum Überdruß von der berühmten Zitadelle von Komorn die Rede war, und la Peyrade wußte wohl, daß ein anscheinend harmloses und unbefangenes Ausfragen am meisten herausbekommt.
    »Hat der Herr den Wunsch, ihre Bekanntschaft zu machen?«
    »Ich weiß nicht,« entgegnete der Provenzale, »jedenfalls ist das eine Frau, die Einem zu denken gibt.«
    »Und die eine sehr gefährliche Person ist, mein Herr!« bemerkte die Matrone, »eine Verschwenderin und eine, die nicht im geringsten die Neigung hat, sich ein wenig dankbar zu erweisen. Ich spreche aus Erfahrung; als sie vor sechs Monaten aus Berlin hierher kam, war sie mir sehr warm empfohlen worden.«
    »So!« ließ la Peyrade hören.
    »Ja, ich hatte damals in der Nähe von Ville-d'Avray eine sehr schöne Besitzung mit Park, Jagd und Gelegenheit zum Fischfang, und da ich mich dort so ganz allein langweilte und nicht begütert genug war, um das Leben einer Schloßherrin zu führen, so machten mir mehrere Herren und Damen einen Vorschlag und sagten: ›Frau Louchard, Sie müßten öfters Picknicks bei sich arrangieren‹ ...«
    »Frau Louchard?« wiederholte la Peyrade, »sind Sie verwandt mit Herrn Louchard, dem Boten beim Handelsgericht?«
    »Seine Frau, meine Herr, aber gerichtlich geschieden von ihm ... Ein Scheusal von Mann, der gerne möchte, daß ich wieder zu ihm ziehe; ich kann alles verzeihen, aber nicht Rücksichtslosigkeiten: wenn ich daran denke, daß er einmal gewagt hat, die Hand gegen mich aufzuheben!«
    »Also«, sagte la Peyrade, indem er seine Nachbarin wieder auf den vorigen Gesprächsgegenstand zurückführte, »die Picknicks kamen zustande, und Frau von Godollo ..., ich wollte sagen Frau Komorn ...?«
    »War eine der ersten, die ich bei mir beherbergte; hier machte sie die Bekanntschaft eines Italieners, eines sehr feinen Mannes, eines politischen Flüchtlings, aber eines im großen Stil. Sie werden verstehen, daß es mir nicht paßte, wenn Intrigen in meinem Hause gesponnen wurden; aber dieser Mann war so verliebt und so unglücklich darüber, daß Frau Komorn ihn nicht erhören wollte, daß ich mich schließlich für diese Herzensangelegenheit interessierte, die aber für diese Frau eine Geldangelegenheit hervorragendster Art war, denn sie hat den Italiener um erhebliche Summen erleichtert. Würden Sie nun glauben, daß sie, die ich, als ich gerade in augenblicklicher Geldverlegenheit war, um ein kleines Darlehen bat, mir das abschlug, mein Haus verließ und ihren Geliebten mit wegschleppte, der sich übrigens schließlich zu dieser Bekanntschaft hat Glück wünschen können!«
    »Was ist ihm denn passiert?« fragte la Peyrade.
    »Es ist ihm passiert, daß diese Schlange alle Sprachen Europas versteht; daß diese Frau zwar geistvoll bis in die Fingerspitzen, aber in noch höherem Grade ränkesüchtig ist: so sehr, daß sie, die anscheinend in Beziehungen zur Polizei steht, der Regierung seine Korrespondenz ausgeliefert hat, die der Italiener herumliegen ließ, und daß er daraufhin ausgewiesen wurde.«
    »Und seit der Abreise des Italieners hat Frau Komorn ...?«
    »Seitdem hat sie noch verschiedene Abenteuer

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