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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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das er, wie ich denke, nicht verachten wird. Das ›Echo de la Bièvre‹, ein Fachblatt, kann auf die Wahl des Bezirks einen entscheidenden Einfluß ausüben.« »Und Sie wären bereit,« fragte der Advokat, »in der Zeitung die Kandidatur Thuilliers zu unterstützen?«
    »Besser als das,« antwortete Etienne Lousteau; »ich schlage Herrn Thuillier vor, dieses Hilfsmittel anzukaufen; wenn es ihm gehört, kann er unumschränkt darüber verfügen.«
    »Aber wie liegt denn die Sache?« fragte la Peyrade. »Als Fachzeitung, wie Sie eben sagten, ist es ein Blatt, dem ich selten begegnet bin; es wäre mir sogar ganz unbekannt geblieben ohne den bemerkenswerten Artikel, den Sie zur Verteidigung Thuilliers anläßlich der Beschlagnahme seiner Broschüre geschrieben haben.«
    Etienne Lousteau verbeugte sich dankend und fuhr dann fort:
    »Die Situation der Zeitung ist ausgezeichnet, und wir können sie unter annehmbaren Bedingungen hergeben, denn wir waren im Begriff, die Herausgabe einzustellen.«
    »Merkwürdig! Bei einer Zeitung, die prosperiert?« »Im Gegenteil, nichts ist natürlicher«, antwortete Lousteau; »die Gründer, die, ohne Kalauer gesagt, alle Repräsentanten der Leder-Großindustrie sind, hatten die Zeitung zu einem bestimmten Zwecke geschaffen. Da dieser Zweck erreicht ist, hat das ›Echo de la Bièvre‹ keine Daseinsberechtigung mehr. In einem solchen Falle wollen die Aktionäre keine Schwierigkeiten und kein langes Hinausziehen der Angelegenheit haben, und da ihnen nichts an kleinen Gewinnen liegt, so ist es das beste, zu liquidieren.«
    »Aber ist denn«, fragte la Peyrade, »die Zeitung auf ihre Kosten gekommen?« »Darum haben wir uns niemals gekümmert«, antwortete Lousteau; »wir legten keinen Wert darauf, Abonnenten zu haben; der Zweck der ganzen Sache war der, einen direkten unmittelbaren Druck auf das Handelsministerium auszuüben, um eine Erhöhung des Einfuhrzolls für ausländisches Leder durchzusetzen: Sie werden begreifen, daß die Zeitung nicht so beschaffen war, um außerhalb des Kreises der Gerberinteressenten viele Leser anziehen zu können.«
    »Ich habe aber dennoch gedacht,« sagte la Peyrade hartnäckig, »daß eine Zeitung, wie begrenzt auch ihr Stoffgebiet sein mag, ein Hebel sei, dessen Wirkung nach der Zahl seiner Abonnenten zu beurteilen ist.«
    »Nicht bei Zeitungen, die einen bestimmten Zweck verfolgen«, erwiderte Lousteau in belehrendem Tone; »in solch einem Falle sind im Gegenteil die Abonnenten eine Last, weil man sich die Mühe machen muß, ihnen zu gefallen und sie zu unterhalten; und inzwischen wird der Zweck, den man ins Auge gefaßt hatte, vernachlässigt. Eine Zeitung, die ein festes Ziel verfolgt, muß wie ein auf einen bestimmten Punkt gerichteter Brennspiegel sein, der zur festgesetzten Stunde das Abfeuern der Kanone im Palais-Royal bewirkt.«
    »Aber«, sagte la Peyrade, »was für einen Wert hat denn dann nach Ihrer Meinung ein Blatt, das keine oder nur wenige Abonnenten besitzt, das nicht auf seine Kosten kommt und das bisher einen Zweck verfolgt hat, der ganz verschieden von dem ist, dem es künftig dienen soll?«
    »Bevor ich Ihnen darauf antworte,« entgegnete Lousteau, »muß ich eine andere Frage an Sie richten: Haben Sie die Absicht, es anzukaufen?«
    »Das kommt darauf an«, sagte der Advokat; »ich muß natürlich erst mit Thuillier reden; aber ich kann Ihnen schon jetzt erklären, daß er mit Zeitungsangelegenheiten nicht Bescheid weiß und daß er bei seinen etwas bourgeoisen Anschauungen den Besitz einer Zeitung für eine ruinöse Sache ansehen wird; wenn Sie nun bei einem für ihn ganz neuen Plan, der ihn zuerst in Schrecken setzen wird, auch noch eine Summe nennen, die gefährlich aussieht, dann ist es überflüssig, der Sache näherzutreten; für mich ist es klar, daß dann nichts daraus werden kann.«
    »Nein,« erwiderte Lousteau, »ich habe Ihnen ja schon gesagt, wir werden vernünftige Forderungen stellen, die Herren lassen mir dabei freie Hand; nur das wollen Sie bedenken, daß wir schon von mehreren Seiten Angebote haben und daß wir, wenn wir Herrn Thuillier den Vorzug geben, von ihm eine angemessene besondere Entschädigung beanspruchen. Wann kann ich auf Ihren Bescheid rechnen?«
    »Ich denke, morgen; wünschen Sie, daß ich zu Ihnen oder in das Bureau der Zeitung komme?«
    »Nein,« sagte Lousteau und erhob sich, »ich werde morgen zur gleichen Stunde hier sein, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Durchaus«, sagte la Peyrade und begleitete

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