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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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anderer großer Männer des Altertums einzunehmen!«
    »Also bis morgen, meine Herren,« sagte Thuillier; »ich fühle mich darum nicht weniger durch Ihren Besuch geehrt, und wenn Sie erst die ganze Wahrheit kennen werden, dann werden Sie hoffentlich finden, daß ich mir Ihre Achtung nicht verscherzt habe.«
    »Die ganze Geschichte kommt mir ziemlich unklar vor«, sagte einer der Wähler laut.
    »Jawohl,« sagte ein anderer, »das sieht beinahe so aus, als ob man uns an der Nase herumführt.«
    »Meine Herren, meine Herren!« sagte der Vorsitzende, der Deputation Halt gebietend, »warten Sie bis morgen, da werden wir ja die Erklärungen des Kandidaten lesen.«
    Damit zog sich die Deputation zurück.
    Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Thuillier sie bis hinaus begleitet hätte; jedenfalls aber wurde er daran durch la Peyrade gehindert, der jetzt hereintrat.
    »Ich komme eben von dir, mein Lieber«, sagte der Provenzale; »man sagte mir, daß ich dich hier finden würde.«
    »Sie sind jedenfalls mit der Absicht hergekommen, mir Erklärungen über den merkwürdigen Artikel abzugeben, den Sie sich erlaubt haben, in meinem Namen einrücken zu lassen?«
    »Gerade deshalb,« sagte la Peyrade. »Der Mann, den Sie kennen, und dessen mächtigen Einfluß Sie schon verspürt haben, hat mir gestern die Ansicht der Regierung über Sie vertraulich mitgeteilt, und ich überzeugte mich, daß Sie unvermeidlich unterliegen müssen. Ich wollte Ihnen daher einen würdigen und ehrenvollen Rückzug sichern.«
    »Sehr schön, mein Herr,« erwiderte Thuillier, »aber Sie wissen doch wohl, daß Sie von heute ab nicht mehr Mitglied der Redaktion dieses Blattes sind?«
    »Ich wollte Ihnen das selbst ankündigen.«
    »Und dabei doch gewiß auch die kleine Verrechnung zwischen uns regeln?«
    »Meine Herren,« sagte Minard, »ich sehe, daß Sie geschäftlich miteinander zu tun haben und empfehle mich Ihnen.«
    Sobald Minard sich entfernt hatte, sagte la Peyrade: »Hier sind zehntausend Franken, die ich Sie bitte, Fräulein Brigitte zuzustellen; ferner das Schriftstück, in dem Sie für die von mir der Frau Lambert geschuldeten fünfundzwanzigtausend Franken die Bürgschaft übernahmen, und ihre Quittung, daß sie bezahlt ist.«
    »Es ist gut, mein Herr ...« sagte Thuillier.
    La Peyrade grüßte und entfernte sich.
    »Schlange!« sagte Thuillier, ihm nachblickend.
    »Cérizet hat das richtige Wort für ihn gefunden«, sagte la Peyrade: »ein aufgeblasener Narr!«
    Der Schlag war für die Kandidatur Thuilliers tödlich, aber Minard hatte keinen Vorteil davon. Während sie sich um die Stimmen der Wähler stritten, tauchte ein Hofmann, ein Adjutant des Königs, auf, der mit Tabakbureaus und anderem Wahl-Kleingeld um sich warf und als dritter Spitzbube zwischen den beiden Kandidaten, die sich miteinander herumschlugen, ans Ziel gelangte.
    Brigitte bekam natürlich niemals ihr Landgut in der Beauce: es war nur eine Vorspiegelung gewesen, mit deren Hilfe Thuillier von Paris fortgelockt werden sollte, damit la Peyrade seinen Streich ausführen konnte. Außer dem der Regierung geleisteten Dienst war das gleichzeitig die Rache für alle Demütigungen, die der Provenzale erduldet hatte.
    Thuillier hatte wohl einigen Verdacht, daß Cérizet mit im Spiel gesteckt hätte, aber dieser verstand sich zu rechtfertigen, und indem er den Verkauf des »Echos de la Bièvre« vermittelte, das zu einem Albdruck für seinen unglückseligen Besitzer geworden war, konnte er sich vollkommen reinwaschen.
    Das elende Oppositions-Blättchen wurde auf Veranlassung Corentins angekauft und zu einem Flugblatt gemacht, das Sonntags in den Kneipen verkauft wurde, nachdem es in der »Höhle« der Polizei hergestellt worden war.
     
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    Ungefähr einen Monat nach der Szene, bei der sich la Peyrade überzeugt hatte, daß er sich durch sein früheres Vergehen unwiderruflich für die Zukunft gebunden habe, und nachdem inzwischen die Heirat mit seinem Opfer vollzogen war, das zwar schon ziemlich lange dauernde lichte Intervalle hatte, in den vollen Besitz seiner Geisteskräfte aber erst nach Erfüllung der von den Ärzten vorher gestellten Bedingung gelangen konnte, befand sich der Anwärter auf Corentins Amt eines Morgens mit ihm in seinem Arbeitszimmer.
    Indem er mit ihm zusammenarbeitete, machte er bei dem großen Meister seine Lehrlingszeit in dem schwierigen, Behutsamkeit verlangenden Beruf, in den er eingegliedert war, durch. Aber Corentin fand, daß sein Schüler bei

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