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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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fünfundfünfzigtausend Franken. Dieser Mann scheint sich darauf zu verstehen; er hatte eben eine Schauspielerin von einem kleinen Theater geheiratet und beabsichtigte, das erste Stockwerk zu beziehen, wo er außer seinen Wohnräumen noch die Bureaus einer Versicherungsgesellschaft für Erbschaften unterbringen wollte, als Herr Picot, der aus England mit seiner Frau, einer sehr reichen Engländerin, zurückgekehrt war, die Wohnung sah und einen sehr guten Preis dafür bot, was Cérizet bewog, sie ihm abzutreten; dessentwegen bin ich durch Vermittlung des Herrn Pascal, des Portiers, mit dem ich in sehr guten Beziehungen geblieben war, bei Herrn Picot in Dienst getreten.«
    »Picot mit einer sehr reichen Engländerin verheiratet,« unterbrach sich la Peyrade nochmals, »das ist ja unfaßlich!«
    »Lesen Sie nur weiter,« sagte Corentin, »Sie werden es nachher schon verstehen.«
    »Das Vermögen meines neuen Herrn,« fuhr la Peyrade fort, »das ist eine ganze Geschichte, und ich erzähle sie dem Herrn Polizeidirektor, weil eine andere Persönlichkeit, für die sich Frau von Godollo von wegen ihrer Heirat interessierte, eng damit verbunden ist. Diese andere Persönlichkeit ist ein gewisser Herr Felix Phellion, der einen Stern erfunden hat und der aus Verzweiflung, weil er das Fräulein nicht heiraten konnte, das man dem edlen la Peyrade bestimmt hatte, den Frau von Godollo so hübsch an der Nase herumgeführt hat ...«
    »Dieser Lump!« bemerkte der Provenzale nebenbei; »wie er von mir spricht! Er scheint noch nicht zu wissen, mit wem er es zu tun hat ...«
    Corentin lachte herzlich, dann hieß er seinen Schüler fortfahren.

» ... Der aus Verzweiflung, weil er das Fräulein nicht heiraten konnte, ... nach England gegangen war, um sich dort zu einer Weltumseglung einzuschiffen, eine echte Liebesidee. Herr Picot, sein alter Lehrer, der sich sehr für ihn interessiert, hörte von seiner Abreise und fuhr sofort hinter ihm her, um diesen Verzweiflungsschritt zu verhindern, was ihm nicht leicht wurde. Die Engländer sind natürlich auf solche Entdeckungen sehr eifersüchtig, und als sie sahen, daß sich Herr Phellion im Gefolge ihrer Gelehrten einschiffen wollte, fragten sie ihn, ob er einen Auftrag dazu von der Admiralität hätte; da er einen solchen nicht vorweisen konnte, lachten sie ihn aus und fuhren ab, ohne daß sie etwas Weiteres hören wollten, weil sie fürchteten, daß er mehr von den Dingen verstünde als sie.«
    »Er springt recht hübsch mit der ›Entente cordiale‹ um, Ihr Herr Henri«, bemerkte la Peyrade lustig.
    »Da sie so am Strande zurückgeblieben waren, schickten sich Telemach und sein Mentor ...«
    »Sie sehen, daß unsere Leute literarisch gebildet sind«, bemerkte Corentin.
    »Schickten sich Telemach und sein Mentor gerade an, nach Frankreich zurückzukehren, als Herr Picot einen Brief erhielt, wie ihn nur eine Engländerin zu schreiben vermag. In dem Briefe stand, daß sie seine ›Theorie des Perpetuum mobile‹ gelesen und von der großartigen Erfindung eines Sterns, die er eben gemacht hätte, gehört habe; daß sie ihn für ein Genie halte, das wenigstens ebenso groß wie Newton sei, und daß sie, wenn ihm ihre Hand nebst einem Vermögen von achtzigtausend Pfund Sterling oder zwei Millionen Franken anstände, sie sie ihm anbiete. Herr Picot schien diesem Angebot nicht abgeneigt und hatte eine Zusammenkunft mit dieser Engländerin, einer Frau von wenigstens vierzig Jahren, mit roter Nase, hervorstehenden Zähnen und einer Brille. Der erste Gedanke des Biedermanns war, sie mit seinem Schüler zu verheiraten; aber da er sich überzeugte, daß das unmöglich war, betonte er, bevor er selbst darauf einging, daß er alt und zu drei Vierteln blind sei, daß er keinen Stern erfunden habe und daß er nicht einen Heller besitze. Die Engländerin erwiderte ihm, daß Milton nicht jünger als er und vollkommen blind war; daß Herr Picot nach ihrer Ansicht nur am grauen Star leide, daß sie sich darauf verstehe, denn sie sei die Tochter eines Chirurgen, und daß sie ihn operieren lassen würde; daß sie absolut keinen Wert darauf lege, ob er einen Stern erfunden habe oder nicht; daß er der Verfasser der ›Theorie des Perpetuum mobile‹ sei, daß sie seit zehn Jahren sich ihn im Traume ersehnt habe und daß sie ihm nochmals ihre Hand anbiete und eine Mitgift von achtzigtausend Pfund Sterling oder zwei Millionen Franken. Herr Picot erwiderte, wenn ihm das Augenlicht wiedergegeben würde, und wenn sie

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