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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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kümmern ... Also, helfen Sie der Familie Thuillier, daß sie aus der Sache herauskommt ...«
    »Ich gehe sofort zu Desroches«, sagte Godeschal. »Aber nicht, bevor Thuillier Ihnen Vollmacht ausgestellt und fünftausend Franken übergeben hat. Bei solchen Anlässen muß man bares Geld auf den Tisch legen ...«
    Nachdem mit Thuillier alles geordnet war, nahm la Peyrade Godeschal im Wagen mit und setzte ihn in der Rue de Béthisy bei Desroches ab, indem er darauf hinwies, daß sie auf der Rückfahrt nach der Rue Saint-Dominique-d'Enfer dort vorbeikämen, und vor der Tür Desroches' verabredete la Peyrade eine Zusammenkunft für den andern Morgen um sieben Uhr.
    Zukunft und Reichtum hingen für la Peyrade von dem Ausgang dieser Konferenz ab. Deshalb ist es nicht verwunderlich, daß er, im Gegensatz zu den Gewohnheiten der Advokatenschaft, bei Desroches erschien, um Sauvaignou zu beobachten und sich an dem Kampfe zu beteiligen, trotz der Gefahr, die er lief, wenn er das unter den Augen des gefürchtetsten Anwalts von Paris wagte. Gleich bei seinem Erscheinen und der Begrüßung faßte er Sauvaignou ins Auge. Das war, wie sein Name verriet, ein Marseilleser, ein aufgerückter Handwerker, wie aus der Bezeichnung Zwischenmeister hervorging, der bei Bauten zwischen den Arbeitern und dem Tischlermeister stand, um die Ausführung der Arbeiten im Akkord zu vergeben. Der Gewinn des Unternehmers besteht in der Differenz zwischen dem Betrage, zu dem der Zwischenmeister akkordiert, und der Summe, die der Baumeister bewilligt hat, da es sich, nach Abzug der Nebenkosten, nur um den Arbeitslohn handelt. Da der Tischlermeister in Konkurs geraten war, hatte sich Sauvaignou durch handelsgerichtliches Urteil ein Anerkenntnis als Grundstücksgläubiger verschafft und sich als solcher eintragen lassen. Dieser unerhebliche Vorgang hatte den Zusammenbruch herbeigeführt. Sauvaignou, ein kleiner untersetzter Mann in grauleinener Bluse mit einer Mütze auf dem Kopfe, saß auf einem Sessel. Die drei Tausendfrankenscheine, die auf dem Schreibtisch Desroches' vor ihm lagen, sagten la Peyrade ziemlich deutlich genug, daß die Vorschläge der Anwälte abgelehnt worden waren. Das übrige sagten ihm die Augen Godeschals, und der Blick, den Desroches dem Armenadvokaten zuwarf. Aber angestachelt durch seine gefährliche Lage, spielte der Provenzale seine Rolle großartig; er legte die Hand auf die Tausendfrankenscheine und faltete sie zusammen, um sie einzustecken.
    »Thuillier will nicht mehr«, sagte er zu Desroches.
    »Nun, dann ist die Sache ja erledigt«, antwortete der gefürchtete Anwalt.
    »Ja; Ihr Klient muß uns nun fünfzigtausend Franken, die wir für das Grundstück ausgelegt haben, zurückzahlen, entsprechend dem Vertrage, der zwischen Thuillier und Grindot geschlossen ist. Ich hatte Ihnen das gestern nicht mitgeteilt«, sagte er, sich an Godeschal wendend.
    »Haben Sie verstanden? ...« sagte Desroches zu Sauvaignou. »Das gibt einen Prozeß, den ich aber nicht ohne Vorschuß übernehme ...«
    »Aber, meine Herren, ich kann doch hier nicht unterhandeln, ohne daß ich mit dem guten Manne gesprochen habe, der mir fünfhundert Franken auf Abschlag gezahlt hat, dafür daß ich ihm auf einem Wisch Vollmacht gegeben habe.«
    »Du bist aus Marseille?« sagte la Peyrade im Dialekt zu Sauvaignou.
    »Oh, wenn er ihn sich im Heimatsdialekt vornimmt, dann ist er verloren«, sagte Desroches leise zu Godeschal.
    »Ja, lieber Herr.«
    »Na, du armer Teufel,« fuhr Theodosius fort, »man will dich einfach zugrunde richten ... Weißt du, was du tun mußt? Steck die dreitausend Franken ein, und wenn der andre kommt, dann nimm dein Lineal, gib ihm eine Tracht Prügel und sag ihm, daß er ein Lump ist, daß er dich ausnutzen wollte und daß du deine Vollmacht zurücknimmst und ihm sein Geld in der Woche mit drei Donnerstagen wiedergeben wirst. Und dann mach dich mit deinen dreitausendfünfhundert Franken und deinem Ersparten auf den Weg nach Marseille. Und wenn dir irgend etwas passieren sollte, dann geh zu dem Herrn da ... Er weiß, wo ich zu finden bin, und dann werde ich dich aus der Patsche ziehen; denn, siehst du, ich bin nicht bloß ein guter Landsmann, sondern auch einer der ersten Advokaten von Paris und ein Freund der armen Leute ...«
    Als der Arbeiter sah, daß sein Landsmann eine Amtsperson war, die ihn für berechtigt erklärte, den Wucherer zu verraten, kapitulierte er und verlangte dreitausendfünfhundert Franken.
    Nachdem ihm die

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