Die kleine Hexe
hopsten dem Fuchs vor dem Schnabel herum und die Waldmäuse machten Männchen und piepsten den Hirschen zu: „Bildet euch ja nichts ein, ihr seid auch nicht viel größer als wir!" Die Hirsche nahmen es ihnen nicht weiter übel; sie stellten abwechselnd einmal das linke und einmal das rechte Hasenohr auf und im Übrigen dachten sie: Fastnacht ist Fastnacht!
Zuletzt, als der Mond schon am Himmel stand, sagte die kleine Hexe: „Nun wird es allmählich Zeit, dass wir Schluss machen. Aber bevor ihr nach Hause geht, sollt ihr noch etwas zu fressen bekommen!"
Sie hexte den Rehen und Hirschen ein Fuder Heu vor, den Eichhörnchen einen Korb voller Haselnüsse, den Waldmäusen Haferkörner und Bucheckern. Den Kaninchen und Hasen spendierte sie je einen halben Kohlkopf. Zuvor aber hexte sie alle Tiere in ihre gewöhnliche Größe, Gestalt und Farbe zurück - nur den Fuchs nicht.
„Entschuldige", schnatterte der Fuchs mit dem Entenschnabel, „ kann ich nicht auch meine Schnauze zurückbekommen? Und wenn du den Rehen und Hasen zu fressen gibst - warum mir nicht?"
„Gedulde dich", sagte die kleine Hexe, „du sollst nicht zu kurz kommen! Wart nur, bis sich die ande ren Gäste empfohlen haben. Bis dahin - du weißt schon!"
Der Fuchs musste warten, bis auch die letzte Waldmaus in ihrem Loch war. Dann endlich befreite die kleine Hexe auch ihn von dem Entenschnabel. Erleichtert fletschte der Fuchs die Zähne und machte sich heißhungrig über die Knackwürste her, die jetzt plötzlich vor seiner Nase im Schnee lagen.
„Schmecken sie?", fragte die kleine Hexe.
Aber der Fuchs war so sehr mit den Würsten beschäftigt, dass er ihr keine Antwort gab - und das war ja, im Grund genommen, auch eine Antwort.
Der Kegelbruder
Die Sonne hatte dem Winter Beine gemacht, Das Eis war dahingeschmolzen, der Schnee war zerronnen, Schon blühten an allen Ecken und Enden die Frühlingsblumen. Die Weiden hatten sich stattlich mit silbernen Kätzchen herausgeputzt, den Birken und Haselbüschen schwollen die Knospen.
Kein Wunder, dass alle Menschen, denen die kleine Hexe in diesen Tagen begegnete, frohe Gesichter machten. Sie freuten sich über den Frühling und dachteil: Wie gut, dass der Winter endlich vergangen ist! Wir haben uns lang genug mit ihm plagen müssen!
Einmal spazierte die kleine Hexe zwischen den Feldern dahin. Da hockte am Rain eine Frau, die so kümmerlich dreinschaute, dass es der kleinen Hexe zu Herzen ging.
„Was hast du denn?", fragte sie teilnahmsvoll. „ Passt denn ein solches Gesicht zu dem schönen Wetter? Du hast wohl noch gar nicht gemerkt, dass Frühling ist!"
„Frühling?", sagte die Frau mit trauriger Stimme. „Ach ja, du magst recht haben. Aber was nützt mir das? Frühling und Winter, für mich ist es immer das Gleiche. Der gleiche Ärger, die gleichen Sorgen. Am liebsten möchte ich tot sein und unter dem Rasen liegen. "
„Na, na!", rief die kleine Hexe. „Wer wird denn in deinem Alter vom Sterben reden! Erzähl mir lieber, was dich bedrückt, und dann wollen wir sehen, ob ich dir helfen kann."
„Mir kannst du bestimmt nicht helfen", seufzte die Frau. „Aber ich kann dir ja meine Geschichte trotzdem erzählen. Es handelt sich nämlich um meinen Mann. Der ist Schindelmacher, Als Schindelmacher verdient man sich keine Reichtümer. Aber wir hätten an dem, was die Schindelmacherei einbringt, genug.
um nicht hungern zu müssen. Wenn nur mein Mann nicht das ganze Geld auf der Kegelbahn durchbringen würde! Was er am Tag mit der Arbeit verdient, das verjubelt er Abend für Abend bei seinen Kegelbrüdern im Wirtshaus. Für mich und die Kinder bleibt nichts davon übrig. - Ist das kein Grund, dass ich mich unter die Erde wünsche?"
„Ja, hast du denn nie versucht, deinem Mann ins Gewissen zu reden?", fragte die kleine Hexe.
„Und wie ich geredet habe!", sagte die Frau. „Aber eher könnte man einen Stein erweichen. Er hört nicht auf mich, es ist alles umsonst geredet."
„Wenn Worte nicht helfen, dann muss man ihm eben auf andere Weise beikommen!", meinte die kleine Hexe. - „Bring mir morgen früh ein paar Haare von deinem Mann. Es genügt schon ein kleines Büschel. Dann wollen wir weitersehen."
Die Schindelmacherin tat, was die kleine Hexe von ihr verlangt hatte.
Anderntags in der Frühe kam sie heraus an den Feldrain und brachte ein Büschel Haare von ihrem Mann mit. Das gab sie der kleinen Hexe und sagte: „Ich habe ihm heute Nacht, als er schlief, dieses Haarbüschel abgeschnitten,
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