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Die kleine Hexe

Die kleine Hexe

Titel: Die kleine Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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ganz einfach den schlechten Böses zufüge. Das gefällt mir!" Abraxas entgegnete: „Muss das sein? Du könntest doch Gutes auch anders tun. Ohne Schabernack, meine ich."
    „Ach, das ist langweilig!", sagte sie.
    „Woher weißt du das?", fragte Abraxas.

Papierblumen
    Einmal bekam die kleine Hexe Lust, in die Stadt zu reiten. Sie wollte sich dort auf dem Wochenmarkt umsehen.
    „Fein!", rief Abraxas begeistert, „da komme ich mit! Bei uns im Wald ist es einsam, da gibt es nur viele
    Bäume und wenig Leute, In der Stadt, auf dem Wochenmarkt, ist das gerade umgekehrt!"
    Sie konnten jedoch nicht gut mit dem Besen bis auf den Marktplatz reiten. Das hätte ein großes Hallo bei den Leuten gegeben und womöglich wäre ihnen dann sogar die Polizei auf den Hals gerückt. Sie versteckten daher den Besen am Stadtrand in einem Kornfeld und gingen zu Fuß weiter.
    Auf dem Wochenmarkt drängten sich schon die Hausfrauen, Dienstmädchen, Bäuerinnen und Köchinnen um die Verkaufsstände. Die Gärtnersfrauen priesen mit schriller Stimme ihr Grünzeug an, die Obsthändler riefen in einem fort: „Kaufen Sie Boskop-Äpfel und Butterbirnen!" Die Fischverkäuferinnen wollten ihre gesalzenen Heringe anbringen, der Würstelmann seine heißen Frankfurter, der Töpfer die irdenen Krüge und Schüsseln, die er auf einer Strohschütte ausgelegt hatte. Hier rief es: „Sauerkraut! Sauerkraut!", dort rief es: „Wassermelonen, Kürbisse, bitte sehr! Wassermelonen, Kürbisse!"
    Am lautesten ließ sich der Billige Jakob vernehmen, Er stand auf der obersten Stufe des Marktbrunnens, klopfte mit einem Hammer an seinen Bauchladen und schrie aus voller Kehle:
    „Kauft, Leute, kauft! Heute ist's billig bei mir! Heute habe ich meinen Spendiertag, da gebe ich

    alles zum halben Preis her! Schnürsenkel, Schnupftabak, Hosenträger! Rasierklingen, Zahnbürsten, Haarspangen! Topflappen, Knoblauchsaft! Immer heran, meine Herrschaften! Kaufen Sie, kaufen Sie! Hiiier ist der Billige Jakob!"
    Die kleine Hexe freute sich über den Trubel, Hierhin und dorthin ließ sie sich von der Menge treiben, Sie kostete da von den Butterbirnen und dort aus dem Krautfass. Für ein paar Münzen erstand sie beim Billigen Jakob ein Feuerzeug und als Dreingabe schenkte er ihr einen gläsernen Fingerring.
    „Danke schön!", sagte die kleine Hexe.
    „Bitte sehr! - Immer heran, meine Herrschaften! Kaufen Sie, kaufen Sie! Hiiier ist der Billige Jakob!"
    Ganz hinten, im allerent-legensten Winkel des Marktes, stand stumm und traurig ein blasses Mädchen mit einem Korb voll Papierblumen. Achtlos eilten die Leute daran vorüber, niemand kaufte dem schüchternen Ding etwas ab.

    „Wie wäre es", meinte der Rabe Abraxas, „wenn du dich seiner ein wenig annehmen würdest? Das arme Kind tut mir leid."
    Die kleine Hexe bahnte sich einen Weg durch die Menge. Sie fragte das Mädchen: „Kannst du die Blumen nicht loswerden?"
    „Ach", seufzte das Mädchen, „wer kauft schon im Sommer Papierblumen! Mutter wird wieder weinen. Wenn ich am Abend kein Geld bringe, kann sie kein Brot für uns kaufen. Ich habe noch sieben Geschwister. Und Vater ist vorigen Winter gestorben. Nun machen wir solche Papierblumen. Aber es mag sie ja niemand."
    Mitleidig hatte die kleine Hexe dem Mädchen zugehört. Einen Augenblick überlegte sie, wie sie ihm helfen könnte, Dann kam ihr ein Gedanke, Sie sagte: „Ich kann nicht verstehen, weshalb dir die Leute die Blumen nicht abkaufen wollen, Sie duften doch!"
    Ungläubig blickte das Mädchen auf.
    „Duften? - Wie sollten Papierblumen duften können? "
    „Doch, doch", versicherte die kleine Hexe ernsthaft. „Sie duften viel schöner als richtige Blumen. Riechst du es nicht?"
    Die Papierblumen dufteten wirklich! Das merkte nicht nur die kleine Verkäuferin.
    Überall auf dem Marktplatz begannen die Leute zu schnuppern. „Was duftet da?", fragten sie untereinander. „Nicht möglich! Papierblumen, sagen Sie? Gibt es die etwa zu kaufen? Da muss ich mir gleich welche mitnehmen! Ob sie wohl teuer sind?"
    Alles, was Nasen und Beine hatte, eilte dem Winkel zu, wo das Mädchen stand. Die Hausfrauen kamen gelaufen, die Dienstmädchen kamen, die Bauersfrauen, die Köchinnen, alle. Die Fischverkäuferinnen ließen ihre gesalzenen Heringe im Stich, der Würstelmann seinen Würstelofen, die Gärtnersfrauen das Grünzeug.
    Alle, alle drängten sich kauflustig um das Papierblumenmädchen. Selbst der Billige Jakob mit seinem Bauchladen rannte herzu. Weil er als

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