Die kleine Schwester
eine Arbeit machen Sie denn so?«
»Alles, was halbwegs ehrlich ist.«
Er nickte. »>Halbwegs< ist ein dehnbares Wort. ~Ehrlich~ auch.«
Ich produzierte für ihn ein schmieriges Grinsen. »Wie recht Sie haben«, gestand ich.
»An einem stillen Nachmittag setzen wir uns mal zusammen und dehnen sie.« Ich streckte meine Hand aus, schnappte mir die Karte zwischen seinen Fingern und steckte sie in meine Tasche. »Besten Dank für Ihre Mühe«, sagte ich.
Ich ging raus und schloß die Tür, dann hielt ich mein Ohr dran und lauschte. Ich weiß selbst nicht, was für ein Geräusch ich erwartete. jedenfalls hörte ich es nicht. Ich hatte ein Gefühl, daß er genau da stand, wo ich ihn verlassen hatte, und die Stelle ansah, von der ich verschwunden war. Ich ging geräuschvoll den Gang entlang und stoppte oben an der Treppe.
Unten, vor dem Haus, fuhr ein Auto ab. Irgendwo wurde eine Tür geschlossen. Ich ging lautlos zurück zu Zimmer 215 und benutzte den Hauptschlüssel, um reinzukommen.
Leise zog ich die Tür zu, schloß sie ab und wartete einfach.
5
Keine zwei Minuten waren vergangen, als Mr. George W. Hicks sich auf den Weg machte. So leise kam er heraus, daß ich ihn nicht gehört hätte, wenn ich nicht gerade auf diese Art von Bewegung gewartet hätte. Ich hörte das schwache metallische Geräusch, als der Türknopf gedreht wurde. Dann langsame Schritte. Dann wurde die Tür sehr behutsam geschlossen. Die Schritte entfernten sich. Das schwache Knarren entfernter Treppenstufen. Dann nichts. Ich wartete auf das Geräusch der Haustür. Es kam nicht. Ich öffnete die Tür von 215 und schlich noch einmal den Flur entlang bis zur Treppe. Unten war ein Geräusch von einer vorsichtig geöffneten Tür. Ich lugte hinunter und sah Hicks in die Wohnung des Verwalters gehen. Die Tür schloß sich hinter ihm.
Ich wartete auf das Geräusch von Stimmen. Es kamen keine Stimmen.
Ich zuckte die Achseln und ging zurück zu 215.
Es gab Anzeichen, daß das Zimmer bewohnt war. Ein kleines Radio auf dem Nachttisch, ein ungemachtes Bett mit Schuhen drunter und ein alter Bademantel, der vor den löcherigen grünen Jalousien hing, um das blendende Licht abzuhalten.
Ich sah mir das alles an, als ob es irgend etwas bedeutete, dann trat ich wieder auf den Flur und schloß die Tür zu. Eine weitere Wallfahrt unternahm ich nach Zimmer 214. Die Tür war diesmal nicht verschlossen. Ich durchsuchte das Zimmer mit Sorgfalt und Geduld und fand nichts, das irgendwie mit Orrin P. Quest Zusammenhing. Ich erwartete auch nichts. Kein Grund, daß ich was erwarten sollte. Aber man soll immer nachsehen.
Ich stieg die Treppe hinunter, horchte vor der Tür des Verwalters, hörte nichts, ging rein und durch, um die Schlüssel auf das Pult zu legen. Lester B. Clausen lag auf der Couch, das Gesicht zur Wand, taub für die Welt. Ich durchsuchte das Pult, fand ein altes Kontobuch, das anscheinend mit eingenommenen Mieten, bezahlten Auslagen und mit nichts anderem zu tun hatte. Ich sah mir nochmals das Meldebuch an. Es war nicht auf dem laufenden, aber in Anbetracht des Typs auf der Couch war das ganz erklärlich. Orrin P. Quest war weggezogen. jemand hatte sein Zimmer übernommen.
jemand anders hatte das Zimmer, das auf Hicks eingetragen war. Der kleine Mann, der in der Küche das Geld gezählt hatte, paßte gut in die Gegend. Daß er eine Kanone und ein Messer bei sich hatte, war eine Kuriosität, über die man im Polizei-Hauptquartier, Idaho Street, kein Wort verlieren würde.
Ich lüpfte mir das kleine Telefonbuch von Bay City vom Haken neben dem Pult. Ich dachte, daß es wohl keine Affäre sein würde, den Kunden herauszufinden, der zu dem Namen >Doc~ oder >Vince< und zu der Nummer eins-dreifünf-sieben-zwo gehörte.
Aber zuerst blätterte ich noch einmal im Meldebuch zurück. Etwas, das ich besser schon vorher gemacht hätte. Die Seite mit der Eintragung von Orrin P. Quest war rausgerissen. Ein vorsichtiger Mensch, Mr. George W. Hicks. Sehr vorsichtig.
Ich klappte das Meldebuch zu, warf noch einen Blick auf Lester B. Clausen, rümpfte meine Nase über die abgestandene Luft und den ekligen süßen Geruch nach Gin und nach was anderem und machte mich wieder auf den Weg zur Tür. Als ich dort angekommen war, kam mir zum ersten Mal etwas in den Sinn. Ein Betrunkener wie Clausen müßte eigentlich laut schnarchen. Er müßte wie ein Wilder schnarchen, mit allen Arten von Verstopfung, Gurgeln und Schnaufen. Er machte keinerlei Geräusch.
Eine braune
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