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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Caselli setzt sich erneut in Szene, spielt sich als Mittler auf. In einem Brief vom 31. Januar 1909 schreibt er an Giacomo, daß Elvira ein boshaftes Telegramm an Alfredo Vandini geschickt habe, das Schicksal jener armen Dora ( sic! ) betreffend. Sie habe es aber geschrieben, ohne von deren inzwischen erfolgtem Tod etwas gewußt zu haben, es tue ihr leid und sie schwöre mit tausend Eiden, daß das Mädchen von ihr nicht mehr angegriffen worden sei, nachdem er, Giacomo, Torre am 20. Januar verlassen hat. Caselli beklagt sich über Giacomos Schweigen, er unterstellt ihm quasi, alles Wesentliche nicht erzählt zu haben, will Informationen aus ihm herauskitzeln. Auch schlägt er eine Version vor, die sowohl Giacomo wie Elvira reinwasche und bei künftigen gerichtlichen Untersuchungen standhalten könne.
    (…) Auf die vielen Fragen, die auf mich einstürmen, antworte ich so: Daß die arme Dora von Elvira entlassen wurde, stimmt, aber in Deinem Einvernehmen, weil ihr beide überzeugt wart, daß in dem Mädchen Gefühle aufkeimten, die mit dem Hause Puccini unvereinbar waren, daß das Mädchen von Liebe zu Dir entflammt war und sich aus einer spontanen Verzweiflung heraus vergiftet hat. Dora stelle ich dabei wie eine reine Madonna dar und verneine laut, daß sie von dir in irgendeiner Weise kompromittiert worden sein könnte. Ich bitte Dich, mir zu schreiben, oder mir wenigstens über Vandini Mitteilung zu machen, ob Deine Briefe an Dora bei ihr gefunden werden könnten. Ich erwarte mit großer Ungeduld Deine Stellungnahme, schon um zu wissen, ob Du über mich Neuigkeiten von Elvira wissen willst. Sie hat mir eben geschrieben und behauptet felsenfest, das Mädchen nach Deiner Abreise nicht mehr gesehen zu haben, nur deren Verwandte, ihre Mutter und ihren Onkel Emilio, die, ich zitiere:
    »… zu mir kamen und sich entschuldigten, erstens dafür, daß sie mir nicht geglaubt hatten, zweitens, weil sie mir fälschlich vorgeworfen hatten, ich hätte das Mädchen grundlos hinausgeworfen. Beide versicherten mir, daß ich im Recht gewesen sei, das war am 22. Januar um fünf Uhr nachmittags und am Tag darauf bin ich über Viareggio abgereist.«
    GP an Sybil, 31. Januar 1909
    Ich bin noch hier in Rom und bleibe, bis die nötigen Vorbereitungen für die Trennung von Elvira getroffen sind … Ich bin jetzt etwas ruhiger, und auch gesundheitlich geht es mir besser. Außer der Trennung von Elvira kommt noch anderes Unglück auf mich zu. Die Familie der armen Doria will gegen meine Frau gerichtlich vorgehen, als unmittelbar Schuldige am Selbstmord des Mädchens. Das Verfahren kann für meine Frau sehr ernste Folgen haben, und, moralisch, auch für mich. Gebe Gott, daß es den Freunden, die die Sache in die Hand genommen haben, gelingt, die Familie von einem Prozeß abzubringen …
    Giacomo ist ein gebrochener Mann. Verkriecht sich drei Tage lang im Bett. Immerhin denkt er noch daran, einen üppigen Kranz für Dorias Begräbnis zu bestellen. In Mailand bemüht sich Tonio währenddessen, seiner Mutter den Ernst der Lage nahezubringen.
    Er mache sich, sagt er, große Sorgen.
    Ach du! Mach dir nur Sorgen! Aber ich – ich habe unwiderlegbare Beweise.
    Was für welche?
    Wenn es zum Prozeß kommt, werde ich sie vorlegen.
    Mama, es kommt zum Prozeß. Und wenn diese Beweise nichts taugen, wirst du verurteilt werden. Dann mußt du ins Gefängnis, verstehst du? Ein Mensch ist tot.
    Elvira schweigt. Mit steinernem Gesicht.
    Der Anwalt Carlo Nasi an GP , 31. Januar 1909
    (…) Ich will Dir nicht verhehlen, daß mir die umlaufenden Gerüchte (von denen mich ein Brief unterrichtete, den ich dir zeigen werde) große Sorgen machten. Es war die Rede von einer Fehlgeburt etc. Jetzt ist jeder, auch der geringste Zweifel beseitigt und die vollständige Unbescholtenheit des armen Geschöpfes festgestellt worden. Wie man es auch ansieht, es ist von großer Bedeutung – für das Mädchen, für Dich und für Deine Frau. Vor allem um Deine Frau müssen wir uns ernste Sorgen machen (…) Die Lage ist folgende: Das ganze Dorf verflucht mit ungewöhnlicher Leidenschaft Deine Frau und äußert sehr feindselige Gefühle. Geschichten von ihren Streitereien und ihren Anschuldigungen machen die Runde. Sie darf daher unter keinen Umständen mehr hierher kommen, es könnte sonst peinliche Szenen geben. Dich betrifft das nicht, Du bist willkommen. Die Familie Manfredi will nicht nur Anschuldigungen gegen Deine Frau vorbringen, sondern hat bereits zwei Anwälte

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