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Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition)

Titel: Die kleinen Gärten des Maestro Puccini: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Krausser
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Mal, wenngleich langsam, die schwierige und gefährliche Krise sicher überwinden würden. Der Körper jedoch war in einem schlechteren Zustand als die Moral – und diese war ihrerseits, gleichgültig allem Widerwillen, überspannt durch kindliche und erregte Ausflüchte, dem anderen keine Hilfe! – Und jetzt erkennen Sie die sehr traurigen Folgen. Werden diese vielleicht die nötige Kraft haben, daß Sie in der Zukunft mit genauem Blick, mit Entschlossenheit des Geistes, mit Aufrichtigkeit des Herzens die Dinge betrachten?
    Aber wie ist überhaupt möglich, daß ein Mann wie Puccini, daß ein Künstler, welcher Millionen von Menschen mit der Macht und dem Zauber seiner eigenen Schöpfungen berührte und zum Weinen brachte, ein lächerlicher und feiger Spielball in den dirnenhaften Händen eines vulgären und unwürdigen Weibes geworden ist? Ist diesem Mann kein Funken gesunden Menschenverstands geblieben? … Die Fähigkeit, richtig zu urteilen? … Hat die grausame Wollust größere Macht über ihn als der Stolz des Mannes und Künstlers, als die inständigen, dringlichen, ängstlichen Bitten der Freunde? Und versteht dieser Mann nicht, welche immense Distanz eine Liebe von der häßlichen Obszönität trennt, die die moralische Wahrnehmungsfähigkeit und die körperliche Stärke eines Mannes zerstört? … Und eine niedere Kreatur mit Hureninstinkten verleibt sich das Herz, den Geist, den Körper eines so erhabenen Künstlers ein, und mit obszöner Wollust, die ihn erst dem moralischen, dann dem physischen Tod zuführen würde, macht sie ihn zu einem Spielball, so sehr, daß sie vor seinen Augen als eine wohltätige, liebevolle, inspirierende Fee erscheint! Ich sage und bekräftige es laut, eine niederträchtige und verächtliche Kreatur! Eine verächtliche, niederträchtige Kreatur, die, obwohl sie ihr Ziel der wollüstigen Obszönität erreicht und die Person zu der ihren gemacht hat, keine Gewissensbisse hat, den genialsten italienischen Künstler, der Italien ehrte, so wie er von Italien geehrt wurde, umzubringen! – Und das ist nicht genug! – Vulgäre Schreiben, gesprochene Sätze, aus denen keinerlei Wahrheit verlautet, keinerlei Edelmut durchscheint, erscheinen vor den Augen eines Puccini als Verherrlichung einer unübertrefflichen Liebe!!
    Ach! … Welch schmerzliche Blindheit! … welch Schmerz für uns alle, die wir in Ihnen den teuren Freund, den höflichen Freund, den sympathischen, großartigen Giacomo lieben, den erhabenen Künstler, ein wahrhaftiger Typ jener Italianità, die das Risorgimento ins Leben rief und von der es dann seine Lebenskraft bezog! … Und diese so schöne Persönlichkeit, ein verderbtes Weib kriegt sie in ihre Fänge, und wie ein unflätiger Vampir saugt es ihr den Gedanken, das Blut, das Leben aus! …
    Ach! … bei Jesus Christus! … das ist zuviel! – Gehen wir, Puccini! … Lassen Sie uns gehen, mein, oder besser unser teurer Giacomo – wie groß Ihnen die Wunde auch im Moment erscheinen mag, sprengen Sie die Kette der unzüchtigen Erregtheit, erheben Sie sich zu edleren, höheren Ideen empor!! – Selbst die intimsten, kläglichsten Handlungen können sich in dem Leben eines Mannes am Seelenadel inspirieren, und wie ungreifbare Teilchen schaffen sie trotz allem eine Atmosphäre von Heiterkeit und Genugtuung, die das Leben angenehm macht, sie macht einen stärker, um die menschlichen Missgeschicke zu überwinden, und im hohen Alter läßt sie einen mit glorreicher Genugtuung auf die Gipfel – die hohen und weniger hohen – die man erklommen hat, zurückschauen!
    So und nicht anders muß ein Giacomo Puccini handeln! – und daß Sie mir nicht den Skeptiker geben und sagen, daß Sie die Kunst nehmen und sie auspressen und dann wegen einer nichtigen Ruhe wegwerfen werden. Nein – nein – es ist die Kunst, die Sie nicht läßt! – und es ist Puccini, der die Kunst nicht sein lassen kann! – und mag es auch Enttäuschungen, Kämpfe geben: Der erlangte Sieg wird den Weg, den es zu verfolgen gilt, großartiger machen! – Aber schauen Sie doch, ob Ihre Gedanken nun – wenn sie nicht von schlüpfrigen Erinnerungen, sondern von den Sinnen der Kunst inspiriert sind – mit lebendigem und intensivem Verlangen der Arbeit, die sehr unglücklich unterbrochen wurde, entgegengehen? … Und schauen Sie auch, ob sich solche Gedanken etwa nicht auf ein Nachher beziehen?
    Hier – nur hier, liegt Ihre Rettung, Ihre Gesundheit!! …
    Denken Sie von mir, was Sie wollen,

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