Die Kleptomanin
und wieder entflochten. Er fuhr mit noch überzeugenderer Stimme fort: »Sie waren ein bisschen knapp dran, war es so?«
Ohne zu ihm aufzusehen, nickte sie kurz mit dem Kopf.
»Ich habe gesagt, dass ich auspacken würde«, sagte sie, und es lag Bitterkeit in ihrer Stimme. »Mein Problem ist, Monsieur Poirot, ich bin eine Spielerin. Das ist etwas, was einem angeboren ist, und man kann nicht viel dagegen tun. Ich spiele in einem kleinen Club in Mayfair – aber ich werde Ihnen nicht verraten, wo genau das ist. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, wenn die Polizei den Club hochgehen lässt oder so. Sagen wir einfach nur, dass ich dazugehöre. Da gibt es Roulette, Baccarat und all diese Dinge. Und ich hatte eine üble Serie von Verlusten, einen nach dem anderen. Und da hatte ich diesen Ring von Pat. Und zufällig bin ich an einem Laden vorbeigekommen, in dessen Schaufenster ein Zirkonring lag. Da habe ich mir gesagt: ›Wenn man diesen Diamanten gegen einen weißen Zirkon austauscht, wird Pat den Unterschied nie merken.‹ Man schaut einen Ring, den man wirklich gut kennt, nie so genau an. Wenn der Diamant etwas trüber aussieht als sonst, so denkt man einfach nur, der müsste mal geputzt werden oder irgend so etwas. Also schön, ich hatte diesen Einfall. Und ich hab es getan. Ich hab den Diamanten herausgedrückt und verkauft. Ihn durch einen Zirkon ersetzt und am selben Abend dann vorgegeben, den Ring in der Suppe gefunden zu haben. Das war wirklich eine verdammt dumme Idee, das muss ich ja zugeben. – So! Jetzt wissen Sie alles. Aber ehrlich, ich habe nie gewollt, dass Celia die Schuld dafür angehängt wird.«
»Nein, nein, das glaube ich gern.« Poirot nickte. »Es war eine Gelegenheit, und Sie konnten nicht widerstehen. Es schien einfach, und da haben Sie es getan. Aber Sie haben da einen großen Fehler gemacht, Mademoiselle.«
»Das sehe ich ein«, sagte Valerie trocken. Dann brach es unglücklich aus ihr heraus: »Aber, was zum Teufel, macht das jetzt? Ach, verpetzen Sie mich, wenn Sie wollen. Sagen Sie es Pat. Sagen Sie es dem Inspektor. Sagen Sie es der ganzen Welt! Aber was für einen Nutzen hat das? Wie kann das dazu beitragen, den Mörder der armen Celia zu finden?«
Poirot erhob sich.
»Das weiß man nie«, sagte er, »was dabei hilft und was nicht. Man muss zunächst all die Dinge aus dem Weg räumen, die keine Bedeutung haben und die die Angelegenheit verwirren. Für mich war es wichtig herauszufinden, wer die kleine Celia dazu gebracht hat, die Rolle der Kleptomanin zu spielen. Das weiß ich jetzt. Und was den Ring angeht, so schlage ich vor, dass Sie selbst zu Miss Patricia Lane gehen und ihr erzählen, was Sie getan haben, und dabei entschuldigen Sie sich dann gleich bei ihr.«
Valerie verzog das Gesicht. »Ich denke, das ist im Großen und Ganzen ein guter Ratschlag«, sagte sie schließlich. »Na schön, ich werde Pat aufsuchen und klein beigeben. Pat ist sehr anständig. Ich werde ihr sagen, dass ich den Diamanten ersetzen werde, sobald ich es mir leisten kann. – Ist es das, was Sie wollen, Monsieur Poirot?«
»Es ist nicht, was ich will, es ist einfach nur ratsam.«
Die Tür öffnete sich plötzlich und Mrs Hubbard kam herein. Sie atmete schwer, und der Ausdruck in ihrem Gesicht ließ Valerie ausrufen: »Was ist los, Mum? Was ist passiert?«
Mrs Hubbard ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Es ist Mrs Nicoletis.«
»Mrs Nick? Was ist los mit ihr?«
»O, mein Gott. Sie ist tot.«
»Tot?« Valeries Stimme klang heiser. »Wie ist das passiert? Und wann?«
»Anscheinend ist sie letzte Nacht auf der Straße gefunden worden – sie haben sie zur Polizeiwache gebracht. Sie haben geglaubt – dass sie…«
»Dass sie betrunken war? Ich vermute…«
»Ja – sie hatte etwas getrunken. Aber jedenfalls – sie ist tot…«
»Arme alte Mrs Nick«, sagte Valerie mit leichtem Beben in ihrer heiseren Stimme.
Poirot sagte milde:
»Sie haben sie gemocht, Mademoiselle?«
»Es ist irgendwie seltsam – sie konnte ein richtiger alter Teufel sein – aber dennoch – ich war… Als ich zuerst hier eingezogen bin – vor drei Jahren, da war sie noch längst nicht so – so launenhaft wie heute. Sie war nett – amüsant – warmherzig. – Sie hat sich sehr verändert im Laufe des letzten Jahres…« Valerie sah Mrs Hubbard an. »Ich vermute, das liegt alles daran, dass sie heimlich angefangen hat zu trinken. Man hat eine Menge Schnapsflaschen in ihrem Zimmer gefunden, nicht wahr?«
»Ja.«
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