Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
erwartete Veränderungen in Risiken und Möglichkeiten reagieren kann. Der öffentliche Diskurs, die politische und die wissenschaftliche Debatte aber konzentrieren sich immer noch auf die Ausrottung des Übels bei der Wurzel, also auf Emissionsminderung als Allheilmittel. Die Anpassung an den klimapolitischen Mainstream ist weiterhin wichtiger als die Anpassung an den Klimawandel.
Forschungslücke: Regionale Klimaforschung
Viele Wissenschaftler gerade auch aus Feldern außerhalb der traditionellen Klimaforschung gehen mehr oder minder automatisch von der Annahme aus, dass praktisch alle derzeitigen klimatischen Änderungen auf den menschengemachten Klimawandel zurückzuführen sind. Einen Nachweis dafür zu führen oder zumindest die Plausibilität dieser Annahme zu zeigen, macht sich jedoch kaum jemand die Mühe. Der „Mini-IPCC“-Bericht für den Ostseeraum „BACC“, 18 der im Jahr 2008 publiziert wurde, oder eine ähnlich gelagerte Bewertung des Wissensstandes über den Klimawandel in der Metropolregion Hamburg 19 von 2010 stellen klar, dass bis dahin niemand der Frage nachgegangen war, inwieweit die Veränderungen in diesen Regionen durch den globalen Klimawandel, durch die Reduktion der industriellen Emission von Partikeln (welche die Temperatur absenken) oder durch den „Stadteffekt“ 20 verursacht sind. Die einfache Frage etwa, welche klimatische Wirkung der Zusammenbruch der osteuropäischen Industrie für das regionale Klima hatte, ist bis dato nicht quantifiziert worden. Dies ist ein Armutszeugnis für die bisherige Klimafolgenforschung, das gut belegt, dass es beim derzeitig herrschenden Konsens oft reicht, die regionalen Folgen des globalen Klimawandels nur zu behaupten, statt sie aus einem Wirrwarr von Veränderungen herauszuarbeiten und zu identifizieren.
Dies war der Preis, den die Klimaforschung für ihre Prominenz und Finanzierung zu zahlen hatte: Die grundsätzlichen Fragen nach der Feststellung von Wandel jenseits der natürlichen Dynamik, die Erforschung alternativer Erklärungen wurden heruntergefahren. Viele Anwendungsprojekte gründeten ihre Annahmen über gegenwärtige und zukünftig mögliche Klimaschwankungen eher auf einschlägigen populärwissenschaftlichen Publikationen als auf einem transdisziplinären Dialog mit Klimaforschern. Unmengen an Studien entstanden über die Wirkung des Klimawandels in den vergangenen 50 oder 100 Jahren – in denen alles gleich blieb, nur das Klima nicht. Nicht, dass die Wissenschaft nun mehr Unsinn als üblich hervorbrachte, doch jetzt geschah es in einer gebündelten Weise. Der Klimawandel diente nun oft kritiklos zur Erklärung aller möglichen Phänomene oder Prognosen, von der Verbreitung von Malaria über die Zunahme von kriegerischen Konflikten – den sogenannten Klimakriegen – bis hin zur vermeintlichen Überschwemmung Europas mit Klimaflüchtlingen, um nur einige zu nennen. Alles Phänomene, deren Ursachen zumindest multikausal sind und für die nun der Klimawandel allein verantwortlich gemacht wurde. Die Wissenschaft verrannte sich in eine Sackgasse, mit oft bedenklichen Folgewirkungen wie z. B. auf den wissenschaftsinternen Begutachtungsprozess, wo Aussagen zugunsten negativer Ausprägungen des Klimawandels die Genehmigung eines Forschungsantrags eher begünstigen als eine komplexere Fragestellung. Dazu kommt, dass mancher dem Unsinn des nun für alles verantwortlichen Klimawandels nicht öffentlich zu widersprechen wagt, weil es der „guten Sache“, nämlich der Durchsetzung der Klimaschutzpolitik, schaden und den Skeptikern in die Hände spielen könnte. Nach dem rasanten Aufstieg der Klimaforschung droht diese sich im Kreis zu drehen und womöglich zum Opfer des eigenen Anspruchs oder Erfolgs zu werden.
In diesem Kapitel haben wir am Beispiel des Max-Planck-Instituts in Hamburg und der Klimaforschung in Deutschland Revue passieren lassen, wie der Klimawandel in den 1980er und 1990er Jahren öffentlich gemacht wurde und sich dann in den 2000er Jahren an den Lagerfeuern der Wissenschaft, der Politik, der Medien und der Öffentlichkeit niedergelassen hat. In Deutschland kam der Klimawandel als einevon Wissenschaftlern verkündete „Klimakatastrophe“, mit einer sofortigen Emissionsreduktion als einzig möglicher Reaktion, während Adaption lange Zeit tabuisiert wurde. Wie wir im weiteren Verlauf noch zeigen werden, ist diese Argumentation keinesfalls auf Deutschland beschränkt. Natürlich ist der Klimawandel, seine Erforschung und
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