Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
Diskursivierung ein globales Phänomen, das allerdings viele regionale oder nationale Ursprünge, Ausprägungen und auch Auswirkungen hat. Was in einzelnen Forschungsinstituten und Ländern seinen Anfang nahm, entwickelte sich zu einer globalen Erfolgsgeschichte – was wenig verwundert, da sowohl der Klimawandel als auch die Wissenschaft ihrem Wesen nach globale Phänomene sind.
Der Klimawandel ist in Form von wissenschaftlichen und populären Erzählungen in die Welt gekommen. Er hat genauso wie seine Wahrnehmung und seine Erforschung eine Geschichte, die auf viele unterschiedliche Weisen unterschiedlich erzählt werden kann. Wie wir gezeigt haben, ist es oft schwierig zu trennen, wo die Wissenschaft aufhört und die Erzählungen anfangen. Die Wissenschaft kann dann nicht mehr als Schiedsrichterin auftreten, sondern sie ist ein Mittel, der gesellschaftlichen Logik zu größerer Genauigkeit und Konsistenz zu verhelfen. Doch das ist leichter gesagt als getan, wenn die Karriere so steil nach oben läuft wie die des Klimawandels und seiner Erforschung.
3. Klima goes Hollywood: Die Erfolgsfalle
Kaum war der wissenschaftliche Nachweis geführt, dass die Emission von Treibhausgasen entscheidend zur globalen Erwärmung beiträgt, wurde der Klimawandel schnell zu einem weltbewegenden Thema. Auf beiden Seiten des Atlantiks alarmierten Mitte der 1980er Jahre Wissenschaftler Politik und Öffentlichkeit. Die Politik nahm den Warnruf der Wissenschaft ernst.
Auf globaler Ebene entstand das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), dessen Berichte über den Stand der wissenschaftlichen Klimaforschung aufklären und zugleich als Handlungsgrundlage für die Politik dienen. Regelmäßige Weltklimagipfel, transnationale Abkommen und die Etablierung von nationaler Klimapolitik runden das Bild dieser Erfolgsgeschichte ab. Gleichzeitig wurde der Klimawandel zu einem Thema der globalen Populärkultur, die vor allem von Al Gores unermüdlicher Vortragstätigkeit und seiner Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit“ geprägt wurde. Der Höhepunkt dieser zugleich wissenschaftlichen, politischen und kulturellen Entwicklung war die Verleihung des Friedensnobelpreises 2007 an das IPCC und an Al Gore; „Eine unbequeme Wahrheit“ gewann zusätzlich noch den Oscar für die beste Dokumentation (und mit Melissa Etheridges „I need to wake up“ auch noch den für den besten Titelsong).
Der Klimawandel war in Hollywood angekommen und wurde mit den Mitteln der Filmindustrie als düstere Botschaftvermittelt. Im gleichen Jahr erregte der Report des britischen Wissenschaftlers Isaac Stern zusätzlich Aufsehen mit seiner These, dass eine Versorgung mit alternativen Energien möglich und vor allem auch ökonomisch sinnvoll sei.
Der Klimawandel hat eine spektakuläre Karriere gemacht, mit den beiden Nobelpreisen als Höhepunkt. Die Hoffnungen, die viele daran geknüpft hatten, erfüllten sich bekanntlich bisher nicht – die Klimagipfel scheitern regelmäßig, die Klimapolitik ist in eine Sackgasse und die Klimawissenschaft zwischen die Fronten von politisch motivierten Warnern und Skeptikern geraten. In diesem Kapitel widmen wir uns noch einmal den wesentlichen Etappen dieser Erfolgsgeschichte, die wir beide – ob als Klimawissenschaftler und Leitautor des IPCC oder als Ethnologe und Dozent – mitgestaltet und beobachtet haben. Wir berichten von unserer Spurensuche in Wissenschaft und Populärkultur und stellen den Aufstieg des Klimawandels aus unserer Sicht dar. Das Ziel ist kein objektiver Überblick, sondern eine neue Perspektive auf eine alte Debatte zu werfen. Wir wollen so die Brüche aufzeigen, welche die Klimadebatte später kennzeichnen und auch lähmen sollten.
Die Karriere des Klimawandels: Zwei Friedensnobelpreise
Ein großer Teil der Menschheit dürfte im Jahr 2007 auf die eine oder andere Art vom Klimawandel gehört haben. Die Verleihung der Nobelpreise für Frieden an den UNO-Klimarat IPCC und an den ehemaligen Vizepräsidenten der USA, Al Gore, war ein Ereignis, in dem sich Politik, Wissenschaft und Populärkultur in einer einzigartigen Weise vermischten. Es lässt sich unserer Meinung nach im Nachhinein kaum mehr feststellen, wer einflussreicher war oder wer die Debatte über das Klima am meisten beeinflusste: die Wissenschaft, die Politik oder der öffentliche Diskurs.
Der Weltklimarat IPCC
Für den UNO-Klimarat IPCC nahm sein Direktor Rajendra Pachauri den Friedensnobelpreis in Empfang. Im Zentrum der Tätigkeiten
Weitere Kostenlose Bücher