Die Klimafalle - die gefährliche Nähe von Politik und Klimaforschung
akzeptieren wollte, trat er umgehend zurück. Einige andere Herausgeber taten es ihm nach, und Hans von Storch gab eine öffentliche Erklärung ab, 37 wonach die Folgerung, dass die gegenwärtige Erwärmung vergleichbar mit der der mittelalterlichen Warmperiode ist, methodisch nicht haltbar und der die Veröffentlichung begleitende Begutachtungsprozess unzureichend gewesen sei; eine Erklärung, die von Teilen der Medien begeistert aufgenommen wurde, auch vom zuständigen Ausschuss des US Senats, dem „Environment and Public Works Committee“. Allein durch die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift wurde Hans von Storch nolens volens vorübergehend zu einem Helden im Kampf gegen die Skeptiker: Ein im Nachhinein auch heute noch beeindruckendes Beispiel für die völlige Politisierung der Klimawissenschaft.
Es sei noch einmal betont, dass die Kritik von Hans von Storch dem Begutachtungsprozess und nicht dem Artikel, dem zuständigen Herausgeber und nicht den Autoren galt. Das war für die sich als fortschrittlich verstehenden Kräfte jedoch ausreichend, um Hans von Storch als einen der ihren anzuerkennen – als Kämpfer für die Wahrheit der Hockeyschlägerkurve und die politische Zähmung des anthropogenen Klimawandels.
Der Klimaforscher als Held der Skeptiker
Kurz nach der Aufregung über den Climate-Research -Artikel im Jahr 2003 begann die Hockeyschlägerdebatte erneut aufzuleben, vor allem aufgrund der oben beschriebenen Aktivitäten von Steve McIntyre. Er brachte seine Thesen über sein Weblog „climateaudit.org“ effizient unter das Volk (siehe Seite 141 ff.). Der Artikel von Hans von Storch und seinen Mitstreitern aus dem Jahr 2004 mit der methodischen Kritik an der Hockeyschlägerkurve spielte beim Aufbranden des Streits ebenfalls eine Rolle, allerdings eher am Rande. Auch hier ist die Aufregung, mit der diese Debatte auf der anderen Seite des Atlantiks, in den USA, geführt wurde, besonders aufschlussreich für das Verständnis der Politisierung des wissenschaftlichen Diskurses.
Wiederum schaffte es die Kritik an der Hockeyschlägerkurvenmethode in die Säle des US-Repräsentantenhauses. Die Akademie der Wissenschaft mit ihrem National Research Council (NRC) wurde vom US-Repräsentantenhaus beauftragt, der Frage nachzugehen, inwieweit die Hockeyschlägerkurve wissenschaftlich robust sei. Bei Anhörungen in Washington am 2. März 2006 bombardierten Abgeordnete honorige daran beteiligte Wissenschaftler, darunter auch Hans von Storch, mit Fragen. Insbesondere wollte man wissen, ob eine Entkopplung von Temperatur und Baumwachstum, wie seit dreißig Jahren beobachtet, auch in früheren Jahrhunderten schon mal vorgekommen sein könnte. Mehrheitlich standen die Angehörten dazu, dass dies unmöglich sei. Nur einer der Experten – ausgerechnet ein Mitverfasser der Hockeyschlägerstudie, nämlich Malcom Hughes – wollte diese Entkopplung für frühere Zeiten nicht ausschließen. Das Komitee beendete seine Arbeit mit der Feststellung, dass derjüngere Teil der Kurve seit etwa 1600 vermutlich die wirkliche Entwicklung beschrieb, die Statistik vor diesem Zeitpunkt aber noch ungeklärte Probleme aufwies. Man hätte erwarten können, dass die Debatte sich durch dieses salomonische Urteil beruhigt hätte – der jüngste Anstieg der Temperatur war wirklich exorbitant, und ob es nun eine mittelalterliche Warmzeit gab oder nicht, blieb eben noch offen.
Aber die Zeiten waren nicht normal. Nach der Veröffentlichung des NRC-Berichts wollte der Ausschuss des US-Repräsentantenhauses den Bericht diskutieren und beraumte daher ebenfalls eine Sitzung am 19. und 20. Juli 2006 an. Wieder war Hans von Storch als Zeuge aus der Welt der Wissenschaft dabei, diesmal auf Einladung der Republikaner. Die ganze Veranstaltung führte zu keinem Einvernehmen in der Sache, bot aber eine gute Gelegenheit für beide Parteien, ihre jeweilige Wahrheit ein weiteres Mal darzustellen, zu predigen. Dabei blieb es dann: bei einer unkonstruktiven Polarisierung, die noch durch manche Aktion vertieft werden sollte.
Hans von Storch war von beiden Polen der Politik vereinnahmt und danach als ungeeignet für den weiteren Kulturkampf der Weltsichten befunden worden. Michael Mann bezeichnete ihn in einer der E-Mails von Climategate als „odd individual“, als „seltsames Individuum“.
Von der Hockeyschlägerdebatte zum Klimakrieg
Von einem rein wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet war die
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